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Das kleine Buch vom Riechen und Schmecken

Das kleine Buch vom Riechen und Schmecken

Titel: Das kleine Buch vom Riechen und Schmecken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Hatt , Regine Dee
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auf Temperatur. Sie können Duftstoffe erkennen und zugleich Wärme und Kälte spüren. Einer von ihnen, der TRPV 1, reagiert zum Beispiel auf Capsaicin, den natürlichen Inhaltsstoff von Peperoni. Isst man also Peperoni, wird dieser Rezeptor erregt und meldet es dem Gehirn. Da aber der TRPV 1 gleichzeitig auf Temperaturen zwischen 40 und 50 Grad reagiert, könnte es auch eine heiße Suppe sein, die diesen Sensor aktiviert hat. Das Gehirn kann nicht genau unterscheiden: Ist es Schärfe oder Hitze, die dafür verantwortlich ist? Und weil es auf die Stimulierung des TRPV 1 immer gleich reagiert, beginnen wir beim Essen von Peperoni zu schwitzen. Obwohl es dazu eigentlich keinen Grund gibt, denn die Temperatur im Mund bleibt ja gleich. Ähnlich funktioniert ein anderer Rezeptor: der Kältemesser TRPM 8. Er reagiert auf Temperaturen zwischen 10 und 20 Grad sowie auf die chemischen Inhaltsstoffe von Pfefferminz oder Eukalyptus, nämlich Menthol und Eukalyptol. Egal ob man sie lutscht, kaut oder einfach nur einatmet – man empfindet in Mund und Nase ein Kältegefühl, obwohl dort weiterhin die normale Körpertemperatur von 37 Grad herrscht. Dieser Effekt kann zur Linderung beitragen, wenn die Nase durch Schnupfen verstopft ist. Wir können Menthol mit seiner kühlenden Wirkung aber auch gegen Schmerzen einsetzen, denn es wirkt bei Verbrennungen ebenso wohltuend wie bei zu scharfem Essen. Deshalb hilft kalter Joghurt mit Pfefferminzblättern, ein altes Hausmittel der arabischen Welt, wenn das Essen zu scharf gewürzt war genauso wie beim Sonnenbrand.
    Als Wellness- oder Kuschelrezeptor könnte TRPV 3 bezeichnet werden, er ist im wohlig-warmen Temperaturbereich von 20 bis 35 Grad aktiv. Chemische Stoffe wie Campher (Kampfer), der aus verschiedenen Gewächsen gewonnen wird, oder Thymol aus dem Thymian können diesen Rezeptor ansprechen und uns sogar im tiefsten Winter angenehm sommerliche Temperaturen vorgaukeln. Für Menschen, die immer kalte Füße haben, gibt es deshalb schon eine Fußcreme mit solchen Inhaltsstoffen, die innerhalb kurzer Zeit diese Rezeptoren stimuliert und im Handumdrehen für warme Füße sorgt.
    Auch wenn sie keine Erklärung dafür hatten, nutzten unsere Vorfahren bereits die umfassende Wirkung vieler Pflanzen. Chilipflanzen wurden in Südamerika schon vor siebentausend Jahren angebaut und gegen Gelenkschmerzen eingesetzt. Außerdem wirken sie gegen Bakterien, Pilze und Viren. Bis heute benutzen wir ABC -Pflaster (Arnika, Belladonna, Capsaicin) gegen Muskel- und Gelenkschmerzen, denn Capsaicin in hoher Konzentration kann mit dem Hitzeempfinden die Durchblutung fördern. Vom Kopf abwärts bis zu den Zehen übernimmt das übrigens ein Verwandter des Nervus trigeminus, der dieselben Empfindungen von Hitze, Kälte und Schmerz am ganzen Körper auslöst.

Alles Übungssache

Guten Geschmack
kann man trainieren

    Dass man selbst kein begnadeter Koch sein muss, um gutes von schlechtem Essen zu unterscheiden, beweist die Geschichte eines der größten Feinschmecker aller Zeiten. Maurice-Edmond Sailland, alias Fürst Curnonsky, seines Zeichens Lebemann, Kolumnist für die Touristikabteilung des Reifenherstellers Michelin und Wegbereiter des berühmten Guide Michelin . Curnonsky, 1872 als Sohn eines Schnapsbrenners geboren, war einst nach Paris gekommen, um Literatur zu studieren. Bald stellte er aber fest, dass sein bewegtes Nachtleben mit Künstlern wie Émile Zola und Claude Debussy ihm dazu überhaupt keine Zeit ließ. Also schrieb er lieber Theaterstücke, Romane und Klatschkolumnen und vergnügte sich im Übrigen mit illustren Freunden wie Oscar Wilde und Henri de Toulouse-Lautrec, der gern mit ihm über die optimale Zubereitung von Meeresgetier diskutierte. Zwar konnte der selbst ernannte Fürst kaum ein Omelett braten, dafür hatte er aber dreitausend Gourmetrezepte im Kopf und eine feine Zunge. Legendär ist seine Kritik an Zuchtforellen, weil sie »wie gekochte Wäsche« schmeckten, und ein Auftritt, bei dem er einen Camembert aus dem Fenster warf, weil der statt aus der Normandie aus dem Jura stammte.
    Eines Tages ging dem Lebemann mit dem feinen Gaumen das Geld aus, so dass er sich gezwungen sah, seine Finanzen mit einem regelmäßigen Job aufzubessern – und das ist der Anfang der Michelin-Kolumnen. Ganz und gar nicht uneigennützig engagierte ihn nämlich der Reifenhersteller im Jahr 1907, um die Franzosen zum Autofahren zu animieren. Curnonsky ließ sich im Bugatti oder im Rolls-Royce durch die

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