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Das kleine Gespenst

Das kleine Gespenst

Titel: Das kleine Gespenst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Otfried Preußler
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Stadtpolizei -, „dann haben Sie Ihren Beruf verfehlt!"
    Der Leiter der Stadtpolizei bekam einen roten Kopf.
    „Sie können sich darauf verlassen, Herr Bürgermeister, dass seitens der Stadtpolizei alles geschieht, um den Täter zu fassen. Ich bin überzeugt, dass es nur eine Frage der Zeit ist. Bisher haben wir schließlich alle derartigen Fälle aufgeklärt - bis auf einige ganz verschwindend geringe Ausnahmen."
    Der Bürgermeister qualmte an seiner Zigarre.
    „Ihre Ausnahmen kenne ich!", brummte er, „Wenn ich bloß daran denke, dass auch dieser schwarze Unbekannte noch immer sein Unwesen in der Stadt treibt - und dies ausgerechnet jetzt, eine knappe Woche vor der 325-Jahr-Feier! Begreifen Sie nicht, dass auf diese Weise ganz Eulenberg in Verruf kommt? Wozu haben wir eigentlich eine Polizei?!"
    Der Leiter der Stadtpolizei biss sich auf die Lippen. Was sollte er dem Bürgermeister antworten? Aber der Bürgermeister wandte sich schon dem Herrn Kriminaloberwachtmeister Holzinger zu.
    „Und Sie, lieber Holzinger? Wissen auch Sie nichts Besseres, als um den Brei herumzureden?"
    Herr Holzinger nahm seine schwarze Hornbrille von der Nase und putzte daran herum.
    „Ich fürchte, die Sache ist sehr viel schwieriger, als wir alle annehmen", sagte er. „Es würde mich gar nicht wundern, wenn es zwischen dem schwarzen Unbekannten und dieser Geschichte hier" - er deutete auf die verschmierten Plakate, die sich auf dem Schreibtisch des Bürgermeisters häuften -, „ es würde mich gar nicht wundern, wenn es da einen Zusammenhang gäbe."
    Der Bürgermeister legte verblüfft die Zigarre weg,
    „Wie kommen Sie denn auf die Idee?"
    „Das ist schwer zu erklären. Ich habe es einfach so im Gefühl."
    Der Bürgermeister kratzte sich hinter dem Ohr.
    „Und um wen handelt es sich bei dem schwarzen Unbekannten? Äußert sich Ihr Gefühl etwa auch zu diesem Punkt?"
    Herr Holzinger hielt seine Brille prüfend gegen das Licht. Nachdem er sie wieder aufgesetzt hatte, meinte er achselzuckend: „Mein Gefühl sagt mir, dass es bei diesen Zwischenfällen unmöglich mit rechten Dingen zugeht. "

    „Ach nein!", rief der Bürgermeister belustigt aus. „Sie brauchen mir nur noch zu sagen, dass da Gespenster am Werk sind!"
    „Und wenn es so wäre?", fragte Herr Holzinger,
    Aber der Bürgermeister schüttelte bloß den Kopf.
    „Lächerlich, Holzinger! Vollkommen lächerlich! Solche Geschichten können Sie kleinen Kindern erzählen, aber nicht mir!! Ich glaube nicht an Gespenster!!!"
    Bis hierher hatte das kleine Gespenst dem Gespräch in der Amtsstube ruhig zugehört. Aber jetzt war es um seine Beherrschung geschehen. Der Bürgermeister von Eulenberg glaubte nicht an Gespenster?! Na, warte!
    „Hu-huuuuuuh!", rief das kleine Gespenst in der leeren Ratstruhe, dass es nur so dröhnte,
    Der Bürgermeister, der Leiter der Stadtpolizei und der Herr Kriminaloberwachtmeister Holzinger fuhren erschrocken zusammen.
    „Hu-huuuuuuh!", rief das kleine Gespenst noch einmal.
    Dann hob sich der Truhendeckel - und langsam, ganz langsam begann es sich unter Ächzen und Stöhnen und Schlüsselrasseln in der Ratstruhe aufzurichten.
    Dabei blickte es dem Herrn Bürgermeister mit seinen weißen Augen starr ins Gesicht.
    „Hu-huuuuuuh!", rief es abermals, laut und klagend. „Hu-hu-hu-huuuuuuuuuh!"
    Da packte den Bürgermeister das kalte Grausen. Er ließ die Zigarre fallen und japste nach Luft.
    Auch dem Leiter der Stadtpolizei und dem Herrn Kriminaloberwachtmeister Holzinger standen die
    Haare zu Berge. Unfähig sich zu rühren, mussten sie zusehen, wie das kleine Gespenst aus der Truhe herausstieg und schlüsselrasselnd das Zimmer verließ.

Herr Holzinger war der Erste, dem es gelang, einen klaren Gedanken zu fassen. Wenige Augenblicke nachdem das kleine Gespenst aus dem Zimmer des Bürgermeisters verschwunden war, riss er die Tür auf und stürzte ihm nach, auf den Gang hinaus. Dort sah er die schwarze Gestalt mit dem Schlüsselbund gerade noch um die nächste Ecke biegen.
    „ Halt!", rief er. „ Stehen bleiben! Sie sind verhaftet!"
    Aber das kleine Gespenst hatte nicht die geringste Lust, sich verhaften zu lassen. Es huschte davon und kicherte. Da begann der Herr Holzinger so laut zu schreien, dass es durch alle Gänge und Flure hallte: „Aufpassen! Alles aufpassen! Der schwarze Unbekannte ist im Rathaus! Wir dürfen ihn nicht entkommen lassen! Festhalten, festhalten! Haltet den schwarzen Unbekannten! Haltet ihn! Haltet ihn!"
    Während der

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