Das kleine Haus am Meer (Romantischer Lady-Krimi)(German Edition)
Aufforderung. »Es tut mir leid, wenn ich Sie verärgert haben sollte«, begann er und brach dann ab, weil ihm offensichtlich die Ursache für ihre Verstimmung unklar war. Nachdenklich schaute er die junge Frau an, dann reichte er ihr seine Hand. »Vielleicht könnten wir dennoch gute Nachbarn werden.«
Zögernd schlug Silvia ein. »An mir soll es nicht liegen.«
Sein Händedruck war kräftig und Vertrauen erweckend, sein Blick offen. Silvia ahnte bereits jetzt, dass sie hier die Ruhe, die sie sich erhofft hatte, nicht finden würde. Und daran hatte nicht zuletzt Graf Andreas Schuld.
***
Eine kühle Brise vom Meer her wehte Silvia entgegen, als sie an diesem Morgen die grünen Fensterläden öffnete. Knapp eine Woche lebte die junge Frau nun schon in ihrem neuen Heim, und es gefiel ihr hier mit jedem Tag ein wenig besser.
Sogar in die etwas weiter entfernt gelegene Stadt war sie schon einmal gefahren, um für die ganze Woche einzukaufen.
Es gab viel Arbeit für sie. Immerhin war das Haus seit Monaten nicht mehr bewohnt worden. Der Staub lag als dicke graue Schicht auf den Möbeln, und auch die Vorhänge bedurften dringend einer Wäsche.
Nachdenklich wanderte Silvias Blick über die topfebene Landschaft, die von Klippen und anschließend vom Meer begrenzt wurde. Erst vor zwei Tagen hatte Graf Andreas ihr erzählt, dass es hier in der Nähe auch ein Moor gab, das schon einige Menschenleben gefordert hatte.
Noch immer schauderte Silvia bei der Vorstellung, welch ein Gefühl es sein musste, in dem weichen, schmatzenden Morast zu versinken, ohne etwas dagegen unternehmen zu können. Jede kleine Bewegung zog einen nur noch tiefer in den Abgrund.
Fröstelnd schloss die junge Frau das Fenster. Dann ging sie hinunter in die Küche, um das Geschirr abzuwaschen. Die restliche Zeit dieses Tages wollte sie nach Lust und Laune verbringen. Das hatte sie sich redlich verdient.
Die ganze Woche war ausgefüllt gewesen mit Arbeit. Ein Zimmer nach dem anderen hatte sie geputzt, doch inzwischen sah alles einigermaßen manierlich aus Zumindest brauchte sie sich jetzt nicht mehr zu schämen, wenn unverhofft Besuch kam.
Nur in Tante Klaras persönliche Räume hatte sich Silvia bis jetzt noch nicht getraut. Auch den Dachboden mied sie, als würde er ein schreckliches Geheimnis bergen. Dabei wusste die junge Frau genau, dass ihre Furcht unbegründet war.
Kaum eine halbe Stunde später befand sich Silvia Rosen auf dem Weg zu der kleinen Bucht, die ebenfalls noch zu ihrem Grundstück gehörte. Jetzt merkte sie erst, wie groß ihr Besitz war. Eine unbändige Freude ergriff sie, als sie den schmalen, steinigen Weg zwischen den Klippen hindurch zum Meer hinunterging. Sie musste höllisch aufpassen, dass sie nicht ausglitt, denn in der ganzen Umgebung war sicher kein Mensch zu finden, der ihr bei einem Unfall hätte helfen können. Niemand würde sie vermissen oder gar suchen.
Endlich hatte Silvia es geschafft! Staunend stand sie auf dem schmalen Sandstrand und beobachtete die sanften Wellen des Meeres, die auf sie zurollten um sich dann wieder in die Weite bis zum Horizont zurück zu ziehen. Ihre kleine Bucht war ein paradiesisches Fleckchen Erde.
Feiner weißer Sand wurde von klarem Meerwasser umspült. Die Verlockung war so groß, dass sie schließlich ihre Sandalen auszog und wie ein kleines Mädchen übermütig am Strand entlanglief.
Schade, dass das Wetter heute nicht so schön war wie an den vorhergehenden Tagen. Zu gern hätte Silvia sich in das saubere Wasser geworfen, um ein wenig zu schwimmen. Aber es war ganz einfach zu kalt dazu. Doch sie wollte nicht traurig sein. Es würden noch viele Tage kommen, an denen sie die Herrlichkeit genießen konnte.
Einige vorwitzige Sonnenstrahlen blinzelten zwischen den jagenden Wolken hindurch. Geblendet schloss sie die Augen. Als sie sie wieder öffnete, zuckte sie erschrocken zusammen. Nicht weit von ihr entfernt auf einem Felsen saß eine einsame Gestalt.
Es war ein Mann, doch es war nicht Graf Andreas.
Abrupt blieb Silvia stehen und fragte sich, wer die Unverschämtheit besessen und das große Schild »Privatstrand« unbeachtet gelassen hatte.
Langsam ging sie auf den Fremden zu, ohne den Blick von ihm zu wenden. Schon von weitem fiel ihr auf, dass der Mann blonde Haare hatte.
Jede ihrer Bewegungen schien von dem Fremden genau beobachtet zu werden.
Silvia bemühte sich um ein unbefangenes Lächeln. Erst jetzt fiel ihr ein, dass es leichtsinnig war, was sie tat. Sie
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