Das Kloster (German Edition)
Opfer dem Herrn genehmer war.«
»Ich will ringen mit dem Dämon, der sich meiner bemächtigt hat,« sprach der Jüngling mit Festigkeit. »Aber ich muß zuerst vor den Auftritten fliehen, die hier stattfinden werden. Ich kann den Anblick nicht ertragen, wenn Marys Augen vor Freude leuchten werden über die Nachricht von dem Wiederfund ihres Geliebten, denn das könnte mich zu einem andern Kain machen!«
»Rasender!« rief der Mönch. »Zu welchem Verbrechen droht Deine Wut Dich zu treiben?«
»Mein Los ist entschieden,« sprach Edward. »Ich werde in den geistlichen Stand treten, den Ihr mir einst so dringend empfahlet. Es ist mein Vorsatz, mich mit Euch ins Kloster zu begeben, Vater.«
»Nicht in diesem Zustande von Zerrüttung, mein Sohn,« antwortete der Mönch. »Ich sage es nicht, um Dich von Deinem Pfade abzubringen, und Du sollst ja mit mir gehen. Aber als Novize mußt Du eine Prüfungszeit bestehen, und für diese ist es Vorschrift des Ordens, daß Du sie antrittst mit kaltem Blute und nach reiflichem Bedacht.«
»Es gibt Handlungen, Vater,« erwiderte Edward, »die keinen Verzug gestatten. ... Wann werden wir uns in das Kloster begeben?«
»Wenn Du willst, auf der Stelle,« erklärte der Prior, seinem Ungestüm nachgebend. »So gehe und triff die hierzu nötigen Anstalten! Doch warte! Du mußt mir zuvor volle Beichte ablegen, mein Sohn; ich frage Dich drum, hast Du auch nichts mir verschwiegen, was Dich so plötzlich bestimmt hat zu solchem Entschlusse?«
»Meine Sünde habe ich vollständig gebeichtet,« sprach Edward, indem er sich wieder auf die Kniee fallen ließ, »aber einer seltsamen Erscheinung habe ich nicht erwähnt, die durch ihre Wirkung auf mein Gemüt wohl dazu beigetragen haben mag, daß ich diesen Entschluß so schnell faßte!«
»Laß mich denn alles wissen, mein Sohn!«
»Ich erzähle es nicht gern,« sagte Edward.
»Erzähle es mir immerhin!« sagte der Mönch, »und fürchte keinen Tadel von mir! denn ich kann Gründe haben, als wahr anzunehmen, was Dir anders bedünken mag.«
»So wisset denn, Vater, daß ich, zwischen Hoffnung und Verzweiflung schwebend, den verstümmelten, eilig verscharrten Leichnam zu finden, nach dem Tale eilte. Ihr wißt, in welchem Rufe der Platz in der ganzen Gegend steht. Meine Begleiter gerieten in Angst, und eilten, wie auf einem Verbrechen ertappt, das Tal hinunter. Meine Seele war zu erregt, um Lebendige oder Tote zu fürchten. Ich ging langsamer als meine Begleiter. Schon waren sie mir aus dem Gesicht geschwunden, als ich, mich umschauend, an der Quelle eine weibliche Gestalt erblickte ...«
»Hüte Dich, mein Sohn,« fiel ihm der Mönch streng in die Rede, »in einer Stimmung, wie Deiner jetzigen, zu scherzen!«
»Ich scherze nicht, Vater,« antwortete der Jüngling, »wer weiß, ob ich je wieder scherze! Ich sage Euch, ehrwürdiger Vater, ich sah eine weibliche Gestalt, in weitem Gewande, schneeweiß, ganz so, wie man den Geist schildert, der um das Haus Avenel wandert. Glaubt mir, Vater, bei Himmel und Erde! ich spreche kein Wort, als was ich mit diesen Augen gesehen habe!«
»Ich glaube Dir, mein Sohn,« sagte der Mönch. »Erzähle weiter!«
»Die Erscheinung,« sagte Edward Glendinning, »begann zu singen, und zwar wie folgt: – und so seltsam es Euch erscheinen mag, daß ich die Worte noch jetzt so genau weiß, so vermag ich doch keine Erklärung dafür zu geben, außer daß sie mir so unvergeßlich in die Seele geprägt sind, wie wenn sie mir seit meiner Kindheit bekannt wären: –
Der Du zu meinem Quell gekommen,
Von argen Hoffnungen entglommen,
Des Herz von sünd'ger Freude glüht,
Wenn scheinbar Gram Dein Aug umzieht,
Zurück! hier findest Du fürwahr
Nicht Leiche, Sarg, nicht Grab noch Bahr,
Der Tot-Lebendige ist nicht hie.
Zu den Lebendig-Toten flieh!
Zu ihnen, deren Ernst verhehlt
Oft jenen Wunsch, der Dich beseelt;
Die oftmals, Leidenschaft zernagt,
Der sie mit einem Schwur entsagt;
Die ernsten Blicke oft wild Verlangen
Und eitle Hoffnung hält befangen;
Du eile in des Klosters Schoß,
Gebet und Wachen sei Dein Los!
Weg mit dem Grün, nimm graues Kleid,
Hinweg! dem Kloster Du geweiht!
»Das ist ja ein seltsamer Singsang,« sagte der Mönch, »und wie mir scheinen will, nicht eben zu Deinem Besten gesungen. Aber wir haben die Gewalt, des Satans Blendwerk zu schanden zu machen. Du sollst mit mir gehen, mein Sohn! Aber willst Du nicht Deine Mutter noch einmal sehen?«
»Keinen Menschen mag ich mehr sehen,« rief Edward.
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