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Das Knistern in den Sternen: Roman (German Edition)

Das Knistern in den Sternen: Roman (German Edition)

Titel: Das Knistern in den Sternen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jón Kalman Stefánsson
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nichts anderem, während wir anderen doch festgekettet sind an, na ja, unsere Gewohnheiten, nehme ich an. Wir sind geprägt von unserer Zeit, er aber ist zeitlos, ungebunden … Ach, ich weiß, das sind alles nur haltlose Spekulationen«, sagt Gisli und lacht, »aber über die eigenen Phantasien und Visionen hat man nicht halb so viel Kontrolle wie über seine Geschäftsbücher.«
    Wie kommt es nur, denkt Urgroßmutter, dass ein Mann mit Zigarre immer so unangreifbar wirkt, vollkommen sicher, nichts tastet ihn an. Und eine Frau mit Zigarre? Wonach sieht die aus?
    »Du lächelst«, sagt Gisli. »Rede ich so viel dummes Zeug?« »Nein, überhaupt nicht, ganz im Gegenteil. Mir ist nur gerade etwas durch den Kopf gegangen, was mit Zigarren zu tun hat. Ansonsten bin ich mir nicht sicher, ob er wirklich so frei ist, wie du glaubst oder gerne glauben möchtest. Ist nicht nur der wirklich frei, der ein reines Gewissen hat?« Sie verließ Gisli mit zwei Fotografien und einem Bündel Geldscheine. Urgroßvater hatte den Hof verkauft. Er war zu Gisli gekommen, hatte das Harmonium abbezahlt und darauf bestanden, noch weitere alte Schulden zu begleichen. Er achtete nicht auf Gislis Einsprüche und Ermahnungen, knallte nur das Geld auf den Tisch und stürmte davon. »Aber ich will dieses Geld nicht«, hatte Gisli zu Urgroßmutter gesagt. »Nimm du es! Betrachte es als … ach, zum Teufel, als wenn es darauf ankäme! Nimm es einfach, ich bitte dich.«
    Urgroßmutter hatte den Stapel Geldscheine betrachtet und dann Gisli angesehen oder vielmehr zu ihm aufgesehen, denn sie standen auf einmal ganz dicht voreinander.
    »Das reicht wohl eher für einen ganzen Konzertsaal als nur für ein Harmonium«, hatte sie schließlich gesagt und den Blick nicht von ihm gewandt. Da war Gisli ein ganz klein wenig rot geworden, es war kaum zu sehen gewesen, und er hatte den Blick niedergeschlagen, nach dem Glas gegriffen und schließlich wieder von Urgroßvater zu reden begonnen. »Äh, ja, hm, also ich glaube, er hält sich derzeit in Hafnarfjörcfur auf, mag sein bei einer Frau. Es tut mir furchtbar Leid. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass es etwas Ernstes ist.«
    Auf den Fotos ist Urgroßvater wie ein Bauer gekleidet. Auf dem einen schaut er ernst und verschlossen in die Kamera, hat die Hemdsärmel bis über die Ellbogen aufgekrempelt und hält eine Sense in der Hand. Auf dem anderen streckt er die Hände vor, die Handflächen nach vorn, und verdeckt damit sein Gesicht. »Er wollte unbedingt ein Foto von den Schwielen an seinen Händen«, sagt Urgroßmutter zu Gudrün. Die betrachtet den Mann auf den Fotos und dann fängt sie an, ihn mit einer Tirade übelster Flüche zu verwünschen. Urgroßmutter grinst: »Er hat jeden einzelnen von ihnen verdient.«
    »Jetzt nutzt du die Gelegenheit und trennst dich von ihm!«, bestimmt Gudrún. »Niemand wird dir deswegen einen Vorwurf machen. Ganz im Gegenteil. Dieser Kerl hat nichts Gutes verdient, am allerwenigsten, dass du ihm treu bleibst.«
    »Treue«, sagt Urgroßmutter. »Ein schönes Wort.«
    »Ohne ihn kommst du viel besser zurecht«, fährt Gudrún voller Eifer fort, »du hast das Geld von Gisli. Dieser Mann ist ein wahrer Engel, nichts Geringeres! Du bist tüchtig, gewissenhaft und überaus begabt. Die Leute wissen das, und du wirst eine gute Stellung bekommen. Die Kinder können tagsüber bei mir bleiben, dann sparst du das Essen, und für mich ist es eine Freude. Ist schon viel zu lange her, seit hier im Haus Kinderstimmen zu hören waren. Du hast ein anderes und ein besseres Leben verdient als an der Seite von diesem … Strolch!«
    Urgroßmutter schließt die Augen, und im Westen auf Snæfellsnes zuckt ein Mann zusammen.

Jetzt hat mich das Schicksal angerührt
    Zunächst mietet sie eine Kellerwohnung, der Hausrat und die Möbel kommen aus dem Westen. Ein Brief ist beigelegt, ein sehr langer Brief. Sie liest ihn, wie man sich von der Sonne wärmen lässt, sie liest ihn, wie man die Sterne betrachtet, sie liest ihn, wie man träumt. Für den Anfang nimmt sie Näharbeiten an. Und sie schickt einen Brief nach Hafnarfjördur, nein, eigentlich keinen Brief. Das Schreiben enthält nur ein Wort und ihre neue Anschrift.
    Das eine Wort lautet: Komm!
    »Manchmal ruft er im Schlaf meinen Namen«, hat sie Gudrún anvertraut. »Nicht liebevoll, sondern verzweifelt, wie ein Ertrinkender.«
    »Teufel, genau so machen sie es! Auf die Weise kriegen sie uns gepackt und eingewickelt. Jetzt hör mir mal zu!

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