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Das Koenigreich der Luefte

Das Koenigreich der Luefte

Titel: Das Koenigreich der Luefte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Hunt
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man sich in Gesellschaft befindet, beispielsweise auf dem Schießplatz oder auf der Jagd, dann lässt man die Waffe gleich aufgeklappt, damit jeder sieht, dass sie nicht gefährlich ist.«
    Mutter Glück hielt die nun fast fertig zusammengesetzte Pistole gegen das Licht. »Es wird eine Weile dauern, bis du die Zeichen der Glasbläser richtig zu lesen verstehen wirst, mein Kleiner. Billiges Kristall kann man schnell erkennen, indem man überprüft, ob der Pflanzensaft der Ladung in der einen Hälfte anders gefärbt ist als in der anderen. Natürlicher Sprengkapselsaft ist so hell wie klares Wasser, sowohl in der Unken wie auch in der rechten Kammer. Ein guter Büchsenmacher wird einer Seite ein Färbemittel zusetzen. Ich nehme rote Farbe für die rechte Kammer. Billighersteller, die an Narren verkaufen, geben kein zusätzliches Geld für Farbe aus.«
    Harry reichte Oliver eine Kristallpatrone. In der Glashülse, vor den beiden mit explosivem Saft gefüllten Kammern, befand sich ein Hohlraum, der mit Dutzenden kleiner Bleikugeln gefüllt war. »Deine Donnerbüchse verwendet dieselben, man nennt sie Schrotmunition. Auf große Entfernung taugen sie nichts, aber ich habe auch nicht die Zeit, aus dir einen Scharfschützen zu machen. Wenn du dieses alte Mädchen losgehen lässt, dann wird der Sprengsatz die Kugeln vor dir breit streuen. Sie sind nicht dafür gedacht, irgendwelche feinen Unterschiede zu machen, verstehst du?«
    Oliver sah die Waffe mit dem glockenförmigen Lauf an. Jetzt verstand er, was Onkel Titus gemeint hatte. Die Waffe verbreitete falschen Mut wie ein brennender Kamin Wärme. Wenn das nächste Mal ein Ham-Yard-Presser versuchen wollte, ihm einen Strick um den Hals zu legen, dann sollte er besser mehr mitbringen als nur einen Schlafenden Heinrich und einen Polizeisäbel. »Ich verstehe, Harry. Es sollten keine Freunde vor mir stehen, wenn ich abdrücke.«
    »Junger Sir«, sagte Mutter Glücks Lehrling. »Sie begreifen wirklich schnell. Was haben Sie da jetzt nur für ein schönes Stück. Wie ein junger Duellant, Sir.«
    Mutter Glück gab Harry nun die Pistole, die sie für ihn neu zusammengesetzt hatte. Er untersuchte sie, blickte in den Lauf und prüfte das Gewicht mit jeder Hand. Die Alte sah Oliver an. »Wenn du je ins Ausland reisen solltest, mein Kleiner, wird dir dort vielleicht etwas begegnen, was man Selbstmordwaffen nennt.«
    »Selbstmordwaffen?«
    »Gewehre und Pistolen mit zwei Läufen, mit dreien, mit vieren, oder sogar ein Orgelgeschütz. Halte dich von ihnen fern. Wenn man mehr als eine Patrone in einer Pistole hat, dann wird beim ersten Schuss das Kristall der anderen Hülsen geschwächt. Jeder neue Schuss erhöht die Möglichkeit, dass die Pistole in deinen Händen explodiert. Mein erster Mann starb auf diese Weise in Concorzia, als er eine Dreiläufige bediente. Und er hat noch nicht mal was getaugt, wenn’s ums Schießen ging.«
    Harry legte Mutter Glück eine Hand auf die Schulter. »Mutter, du bist eine Künstlerin.«
    »Ich gebe mir Mühe, es meinen Kunden recht zu machen, Harry Stave. Und jetzt, mein Kleiner, habe ich noch etwas Interessantes für den Sohn von Phileas Brooks.« Mutter Glück erhob sich und schloss eine Schublade auf Bodenhöhe auf. Dort zog sie ein Päckchen hervor, das mit einem Lappen umwickelt und mit einem Bindfaden zusammengebunden war, und packte ein stumpf wirkendes Messer mit mattem schwarzen Griff aus. Es war in jeder Hinsicht wenig auffällig, sah man von dem Bild eines Eberkopfs ab, das ins Ende des Griffs geschnitzt worden war. »Das hat mir dein Vater als Bezahlung gegeben, eine Weile, bevor sein Aerostat abstürzte. Ich habe es nie übers Herz gebracht, es zu verkaufen.«
    Oliver nahm den Griff des Messers, und es fühlte sich unnatürlich leicht an, als hielte man Luft in Händen. »Danke, Damson Loade. Wieso aber hätte mein Vater dieses Ding benutzen sollen?«
    »Ich weiß, was du denkst.« Die alte Dame kicherte. »Dass man damit nicht einmal die Schnur durchschneiden könnte, die seine Verpackung gehalten hat. Gib es mir mal zurück.«
    Oliver gab der Waffenschmiedin das Messer. Sie holte einen schweren Klumpen Blei hervor, den sie zum Gießen von Kugeln verwendete, drehte an der Spitze des Knaufs und stieß die Klinge durch den Bleiklumpen, als wäre es Weichkäse aus Fromerset. Dann drehte sie den Eberkopf wieder auf seine ursprüngliche Position und legte das Messer auf die Werkbank. »Phileas hat es irgendwo auf einem der Kontinente im Osten

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