Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Koenigreich des Sommers

Das Koenigreich des Sommers

Titel: Das Koenigreich des Sommers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Bradshaw
Vom Netzwerk:
aus ihm werden? Große Angst überkam mich. Und wenn er sie nicht tötete, dann kam sie, um ihn für sich zu gewinnen. Ganz deutlich zerrte sie all das hervor, was sie an dunklen Erinnerungen aus seinen frühesten Jahren noch in seinem Herzen zurückgelassen hatte. Was immer er auch für sie empfand, er konnte ihr nicht einfach mit seinem Willen widerstehen. Er wurde von ihr in einen unheiligen Mord hineingerissen, oder in eine noch schlimmere Liebe, und ich konnte alles deutlich sehen, als ich sie anschaute.
    Morgas trat noch einen Schritt näher, und ich wandte den Blick ab. Gawains Schwert hob sich ein wenig, und ich wußte, daß er zuschlagen würde.
    »Mutter«, sagte Medraut. Sie schaute ihn nicht an, nur Gawain. Das Schwert schwang um eine Haaresbreite zurück, und ich packte das Handgelenk meines Herrn mit beiden Händen.
    Er machte eine wilde Bewegung, mit der er fast seine Hand losriß, aber ich hielt fest. Morgas bewegte sich nicht. Gawain wirbelte herum und schaute mir ins Gesicht. Seine Augen waren weit aufgerissen und wütend und dunkel.
    »Gawain«, sagte ich. »Herr, laß uns gehen. Hier gibt es nichts mehr zu tun.« Er wirbelte zurück und schaute Morgas an.
    »Komm«, drängte ich. »Es gibt noch anderes zu erledigen, und wir dürfen keine Zeit verlieren.« Ich tastete hinter mir nach dem Türriegel. Morgas runzelte die Stirn.
    »Was muß erledigt werden?« fragte Gawain wie ein Mann in einem Traum.
    Ich riskierte es. »Ich habe Elidan gefunden - und darüber hinaus ist noch die Arbeit da, die dein Herr dir gestellt hat.«
    Seine Finger wurden weiß am Schwertgriff. »Elidan?« Er starrte mich an. »Hör auf!« sagte Morgas.
    »Herrin«, meinte Gawain, während er sich wieder fing. »Rhys hat recht. Hier gibt es nichts mehr zu tun, und anderswo wäre sehr viel zu tun.«
    Morgas ging mit finsterem Gesicht zu Medraut zurück, aber sie drehte sich nicht um. Sie hob eine schmale, bleiche Hand und hielt sie mit der Handfläche nach oben, während die Finger auf Gawain zeigten.
    »Du wirst nicht gehen«, sagte sie. »Medraut, hilf mir.«
    Gawain warf einen langen, traurigen Blick auf Medraut. Dann schaute er wieder Morgas an. Medraut ließ sich auf ein Knie nieder und hielt das Heft seines Schwertes mit beiden Händen. Die Spitze zeigte vor seiner Mutter und ihm selbst schräg nach oben. Er schaute Morgas nicht an, sondern er biß sich in wilder Erregung auf die Unterlippe, so daß sie blutete.
    »Wollt ihr es so haben?« fragte Gawain sehr ruhig. Fast hätte er noch mehr gesagt, aber er beherrschte sich. Er richtete sich auf, hob sein Schwert und hielt es mit der Spitze nach unten. Seine rechte Hand lag auf dem Heft, und seine linke Hand umklammerte die nackte Klinge. Er hob es, bis das Griffkreuz auf gleicher Höhe mit seinen Augen war. Ein Licht rührte sich im Stahl, und der Rubin im Knauf begann mit tiefem Strahlen zu glühen.
    Medraut warf einen Blick auf Morgas, dann auf Gawain. Er schien sich zu sammeln. Das Gesicht der Königin war angespannt, bleich, ihre Augen waren unergründlich und viel zu groß. Langsam hob sie die andere Hand und legte sie mit der Handfläche nach unten auf die Hand, die sie schon ausgestreckt hatte.
    Ich packte den Türriegel, bereit, die Tür aufzureißen. Aber Gawain bewegte sich nicht, deshalb blieb ich nur auf meinem Platz und wartete. Das Schweigen wurde dichter.
    Morgas breitete die Finger aus und bewegte die Hand ein ganz klein wenig. Ihr Gesicht war wie ein Blitz, lebendig und unmenschlich vor Anspannung. Wie mit großer Anstrengung zog sie ihre Hände ein wenig auseinander. Ich hörte meine eigene Stimme keuchen. Dunkelheit kochte zwischen ihren Händen, tropfte heraus und schwärzte die Dämmerung des Raumes. Ich schloß die Augen, öffnete sie wieder. Die Finsternis quoll noch immer aus den schmalen Händen der Königin. Sie tropfte nach unten, an der Klinge von Medrauts Schwert entlang, und floß auf den Fußboden, häufte sich in einer dunklen Masse um Medrauts Knie.
    Das Schwert in Gawains Händen begann heller zu brennen, ein tiefer roter Glanz lief vom Heft zur Klinge zu einem fast weißen Glühen.
    »Glaubst du wirklich, daß das reicht?« flüsterte Morgas. Ihre Stimme klang in der Stille wie der erste Hauch des Windes, der die Luft vor einem Gewitter durchfährt. Er brachte alles zum Zittern. Morgas’ Finger krümmten sich um die Finsternis, rollten sich mit großer Anstrengung ein, bis sie wie Krallen aussahen. »Schau! Ich bin Königin und

Weitere Kostenlose Bücher