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Das Koenigreich des Sommers

Das Koenigreich des Sommers

Titel: Das Koenigreich des Sommers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Bradshaw
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glänzten im Licht des Schwertes, sein Gesicht war verschmiert von Schweiß und Tränen. Ich hockte hinter ihm. Ich hatte Angst, aufzustehen, mich zu bewegen, zu atmen. Ich betrachtete Gawains Hände, die am Schwert zitterten, und sah, wie das Blut von seiner linken Hand über die Klinge tropfte. Das Licht flackerte.
    Morgas schrie wieder. Ich sah, daß Medrauts Kopf wie von Erschöpfung gebeugt war, aber er hielt noch immer das Schwert hoch. Seine Arme zitterten, als ob sie ein schreckliches Gewicht hielten. Während Morgas sprach, flutete die Nacht über uns wie eine Welle, die sich aufbäumt und bricht. Einen Augenblick lang, der mir wie eine Ewigkeit schien, konnte ich nichts mehr sehen. Nichts außer einem ganz schwachen Glanz, wo das Schwert gewesen war, und der Glanz verebbte, als ob er sich in die Finsternis zurückzog.
    Aber er verschwand nicht. Er wurde heller, wurde wieder schwächer, flammte auf, begann wieder zu strahlen. Ich spürte, wie Gawain erstarrte, seine Kraft sammelte, sich erhob. Die Finsternis ebbte zurück, rieselte davon, und mit Schrecken wurde mir klar, daß ich den gestampften Lehmfußboden der Hütte sehen konnte. Ich hätte diesen Augenblick nicht für den herrlichsten Rosengarten auf der grünen Erde hergegeben.
    Die Königin streckte die Hände aus, die Handflächen auf Gawain gerichtet. Ihr Mund bildete Worte, die ohne Klang herauskamen. Aber das Licht rührte sich wieder in der Klinge, wurde hell und klar, das Dunkelrot strahlte rosa, glühte fast weiß. Die Königin schaffte es, noch ein letztes Mal aufzuschreien, aber die Dunkelheit schwand. Medraut stieß einen Schluchzer aus und brach auf dem Boden zu Füßen seiner Mutter zusammen. Sein Schwert fiel vor ihm auf die Erde, und die Dunkelheit verschwand. Der Raum füllte sich mit pulsierendem Licht aus dem Schwert, mit Licht, das wie Sonnenstrahlen durch unruhige Wasser dringt.
    Gawain zog seine linke Hand weg. Seine Handfläche war blutig von der Klinge des Schwertes. Dann senkte er den rechten Arm, und das Schwert stand wieder gerade. Das Licht verebbte in einer flachen Welle auf dem Stahl.
    Morgas senkte die Arme und starrte uns über Medrauts bewegungslosen Körper an. Ihr rotes Gewand war zerknittert, und die Winkel ihrer Lippen und Augen wirkten welk. Zum erstenmal sah ich Falten in ihrem Gesicht und Weiß in ihrem Haar, und ich wußte, daß sie wie jede andere Frau alt wurde. Ich wandte mich ab und öffnete die Tür. Der Wind aus den Bergen fuhr über die Heide, und die letzten Strahlen des Sonnenuntergangs zeichneten die Berge nach.
    Gawains Hand legte sich für einen Augenblick auf meinen Arm. »Laß uns gehen«, sagte er ruhig, und dann, zu Morgas gewandt: »Mutter, ich wünsche dir Gesundheit.«
    »Nein!« schrie Morgas. Sie stolperte vorwärts, fiel fast über Medraut. »Nein!« schrie sie noch einmal verzweifelt. Ich wandte ihr den Rücken zu und trat aus der Tür, und Gawain folgte mir
    schweigend.
    »Nein, nein!« schrie sie wieder, und dann begann sie zu schluchzen. »Verlaß mich nicht, ich bitte dich! Noch immer bin ich mächtig, ich kann mich erholen - gib mir Zeit, nur ein paar Tage.« Und ich dachte plötzlich, daß sie nicht mehr mit uns sprach, sondern mit einem Dämon, dem sie lange gedient hatte. Aber ich schaute mich nicht um. Hinter mir schloß Gawain sanft die Tür.

12
    Wegzureiten war nicht so einfach, wie ich angenommen hatte. Neben Morgas hatten Medrauts sechs berittene Krieger wie eine unbedeutende Einzelheit gewirkt, aber als wir draußen waren und die Straße anschauten, die nach Hause führte, wurde mir klar, daß sechs bewaffnete Männer nie unbedeutend sind. Wir waren erst ein kleines Stückchen den Hügel hinabgegangen, als Ronan uns sah und uns Befehle auf irisch gab. Wir sollten wohl anhalten und zurückgehen. Gawain stieß einen hohen, klaren Pfiff aus, und Ceincaled galoppierte über den Hügel zu ihm hinüber, während Gawain mit dem anderen zu reden begann. Ich hätte erwarten sollen, daß der Hengst in der Nähe war. Medrauts Männer sprangen auf die Pferde, und Gawain kämpfte gegen sie, ehe auch nur einer von uns Zeit hatte nachzudenken. Der Kampf wurde allerdings nicht wild durchgestanden. Medrauts Männer waren von Anfang an nervös, und als Gawain Ronan mit einem Speer traf und dann sein Schwert zog und einen anderen niederhieb, wendeten die übrigen ihre Pferde und flohen. Für mich war schon zuviel geschehen, als daß ich noch viel denken oder fühlen konnte. Ich packte einfach

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