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Das Koenigreich des Sommers

Das Koenigreich des Sommers

Titel: Das Koenigreich des Sommers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Bradshaw
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Ronans Schlachtroß beim Zügel, saß auf und ritt hinter Gawain her. Die ersten Sterne gingen schon im Osten auf. »Herr«, sagte ich nach ein paar Minuten, »wir nehmen den gleichen Pfad, den die Krieger der Königin genommen haben. Wie weit willst du sie verfolgen?«
    Er schüttelte den Kopf. Er sah erschöpft aus, hager vor Müdigkeit und Anstrengung - kein Wunder nach dem, was in der Hütte geschehen war. »Wir verfolgen sie gar nicht. Sie haben Freunde in Degganwy. Laß sie schnell die Festung erreichen. Wir müssen einen Platz finden, auf dem wir heute nacht lagern können.«
    Ich nickte. Dann fragte ich: »Wie hast du mich gefunden? Was ist in Degganwy passiert?«
    Er hob die linke Hand in einer Geste des Protests, und dann runzelte er die Stirn, weil Blut daran war. »Bitte«, sagte er, während er die Hand senkte und sie anstarrte. »Es ist schon spät. Es gibt nicht viel zu fragen und zu antworten, und wir sollten es beide jetzt nicht tun. Der Morgen kommt noch früh genug.«
    Wir ritten nicht sehr weit in dieser Nacht. Wir bogen nach Norden auf die Straße nach Degganwy ab, und dann ritten wir zur
    Hauptstraße, denn wir vertrauten nicht darauf, daß man uns in der Festung willkommen heißen würde. Aber kurz vor der römischen Straße bogen wir wieder auf einen Seitenweg ab und fanden im Wald einen guten, geschützten Platz zum Lagern. Dort machten wir ein Feuer und ließen die Pferde grasen.
    Die Luft war von einer scharfen Kälte, und es schien feucht im Wald zu sein. Ich erwartete nicht, daß ich gut schlief. Aber ich konnte auch nicht daran denken, in der Nähe auf einem Bauernhof Schutz zu suchen. Etwas von Gawains Vorsicht hatte sich auch mir mitgeteilt, und ich konnte der ganzen Welt nicht mehr trauen. Ich dachte an meine Familie, und plötzlich fühlte ich mich furchtbar einsam. Morgas war besiegt, Gawain lebte noch, und es war alles zuviel für mich gewesen. Diese gewaltigen Konflikte waren zu absolut, zu weit entfernt von dem Stoff, aus dem mein Leben bestand. Ich wollte nach Hause, ich sehnte mich nach den Kuhställen und den Feldern, die von der neuen Saat grün waren, ich sehnte mich nach der Wärme des Herdfeuers und den Stimmen und Gesichtern meiner Familie. Ich war krank vor Heimweh nach ihnen. Als wir dort in dem Wald in Gwynedd saßen, zwischen den riesigen Bergen, die um uns her brüteten, da dachte ich an all das Wohlbekannte und sehnte mich von ganzem Herzen danach, nach Hause zu gehen.
    Gawain kam mit den Satteltaschen zum Feuer herüber, und das Heft seines Schwertes fing für einen Augenblick das Licht ein, als ob es wieder von selbst zu brennen anfangen wollte. Was, so fragte ich mich, hatte ich damit zu tun? Da war er, von königlichem Geblüt, Morgas’ Sohn, perfekt benutzt sowohl in gefährlichen Schlachten als auch im Kampf der Geister. Er gehörte da hinein. Ich paßte nicht hierher, und ich wollte nach Hause. Einfach gesagt, ich war müde.
    Gawain stellte das Gepäck hin und ließ sich neben dem Feuer zu Boden sinken. »Ich habe ein bißchen Käse und Brot da«, bot er mir leise an. »Auch etwas Ale. Ich weiß, du magst es gern.« Er öffnete seinen Packen und reichte mir das Ale.
    Einen Augenblick schaute ich die Flasche an, und ich hatte den Drang, entweder zu lachen oder zu schluchzen. »Danke, mein Herr«, sagte ich endlich. Er lächelte und begann, das Brot und den Käse auszupacken.
    Es war kein großartiges Mahl. Ich hätte gutes rotes Fleisch essen können, und der Käse war ein trauriges Zeug. Aber ich stellte mir vor, wie Gawain es mit süßen Worten Saidi ap Sugyon in der Küche von Degganwy abgeluchst hatte, und ich war verblüfft darüber, daß er das Ale überhaupt hatte. Saidi mußte ihn dazu gebracht haben, es zu bezahlen. Wenn ich dabeigewesen wäre - nun, Gawain war Gawain, und ich konnte deswegen nicht böse mit ihm sein. Ich genoß das Mahl. Jedes Essen hätte im Augenblick köstlich geschmeckt.
    Trotz meiner bösen Ahnungen schlief ich fest, obwohl ich, als ich aufwachte, feststellte, daß mein Nacken steif war und daß meine Glieder von der Feuchtigkeit schmerzten. Meinen Kopf durchzog hin und wieder ein leiser Schmerz. Nun, dagegen gab es eine besondere Kur: Man mußte sich bewegen. Ich stand auf, und ich fand, daß Gawain gerade die Pferde sattelte. Er schenkte mir ein Lächeln und begrüßte mich, und ich schaffte es, ihm zu antworten, ohne grob zu werden. Die Sonne war eben aufgegangen und zog die kalten, feuchten Nebel aus den Bergen. Ich war

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