Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman
nicht gesprungen sein«, brüllte Cornelius, der einer mannshohen Vase auswich, die mit der Wucht eines Rammbocks angeschwommen kam. »Ich
habe es so konstruiert, dass mehrere Schichten übereinanderlagen, und die hätten das fünffache Gewicht des Wassers über uns aushalten müssen.«
»Offensichtlich hattest du dich irgendwo verrechnet«, rief Septimoth zurück. Eines der Oberlichter in einem Nebenraum zerbarst ebenfalls, und eine zweite Welle brach mit Flutgewalt über sie herein, so dass sie beide zu den rückwärtigen Räumen gespült wurden. Hinter ihnen strömte der Gambleflowers an noch einer weiteren Stelle ins Museum. Septimoth geriet in einen Strudel und wurde gegen eine Wand geschleudert, wobei der Wasserdruck ein paar der dort angebrachten Schwerter losriss und große Entermesser mit zahnradbetriebenen Rotationszähnen auf ihn niederprasselten. Daran, wie sich seine Flügel schlapp entfalteten, erkannte Cornelius, dass sein Freund ohnmächtig geworden war; Septimoth trieb wie ein lederner Stachelrochen auf dem hereinströmenden Wasser. Cornelius schob das Atemrohr aus Kautschuk aus seinem künstlichen Arm, packte das Mundstück mit den Zähnen und schwamm dann auf den Laschliten zu, wobei er mit jeder Sekunde höher stieg und der Decke des großen Saals näher kam. Würde der Aufzug überhaupt noch funktionieren, wenn so viel Wasser in den Mechanismus eingedrungen war, selbst wenn er ihn noch erreichen konnte? Er glaubte nicht daran.
Cornelius packte seinen Freund und zog ihn an sich heran. Septimoth trieb erstaunlich leicht auf dem Wasser. Natürlich! Die Nasenlöcher des Laschliten hatten
sich geschlossen, und die beiden Lufthöcker an seinem Rücken waren gefüllt und versiegelt. Durch die Bewusstlosigkeit hatte der Körper den Hochflugreflex ausgelöst, eine nützliche Gabe der Natur, wenn Laschliten bei der Skrayperjagd in die höheren Schichten der Atmosphäre gerieten, in denen es keinen Sauerstoff mehr gab – in jene Höhen, die selbst die Aerostaten der KAM nicht mehr erreichten. Wenn es Cornelius gelang, mit Septimoth zur Oberfläche zu schwimmen, würden sie nicht ertrinken. Es war nun nur noch ein Fußbreit Luft in der gefluteten Halle, und Cornelius zog sie beide unter Wasser. Es war verdammt schwer, denn sein Laschlitenfreund hatte einen Auftrieb wie ein Kugelfisch, und Cornelius musste sich an der Wand entlanghangeln, um sie zum geborstenen Oberlicht zu bugsieren. Zunächst trat er die Überreste des Kristalls aus dem Rahmen, damit sie sich bei ihrer Flucht aus dem Museumssaal nicht aufschlitzten, dann schob er sie beide nach draußen und nutzte Septimoth als Auftriebshilfe, um zur Oberfläche zu gelangen. So tief unter dem Gambleflowers gab es gerade genug Licht, um die Überreste des versunkenen Viertels von Middlesteel erkennen zu können, schleimig-schwarze Gebäude, die einst Läden oder Häuser gewesen waren. Fische schwammen aus den leeren Fensterhöhlen und Flusskrebse krochen über die Schwellen offener Türfüllungen. Cornelius versuchte, Septimoth auf ihrem Weg nach oben ein wenig zu bremsen. Er wusste nicht allzu viel über den Körperbau der Laschliten, aber er hatte in den Tavernen der Tauchbootmatrosen
am Fluss entlang Geschichten gehört, um lieber nicht allzu hastig aufzutauchen.
Irgendetwas stimmte nicht, das spürte er. Und dann kamen sie. Zwei Gestalten schwammen hinter dem Türmchen einer zirklistischen Kapelle hervor, und die Speerwaffen in ihren Händen waren von derselben goldenen Farbe wie ihre Helme, die wie ein Delfinschädel geformt waren. Nun, da Cornelius sie entdeckt hatte, musste er sich nicht einmal umdrehen, um zu wissen, dass hinter ihm nun auch andere aus ihren Verstecken auf dem Dach des überspülten Museums kamen. Der Speer, der zur Warnung nah an einer Brust vorüberflog, war im Grunde unnötig. Er und sein geflügelter Freund waren umzingelt, und selbst, wenn es ihm allein vielleicht hätte gelingen können zu fliehen, ohne wie ein Nadelkissen von Speeren durchbohrt zu werden, hätte er Septimoth nicht im Stich gelassen. Eine der Gestalten, die diesen Hinterhalt unter Wasser gelegt hatten, deutete auf sie beide und dann auf den dunklen Rumpf eines kleinen Flusstauchboots, das hinter einem Kirchturm auf Tiefe ging.
Cornelius hatte nicht genug Luft übrig, um zu seufzen. Er ließ sich zum Tauchboot führen. Als Gefangener.
Die meisten Daggischten, die Amelia gefangengenommen hatten, sahen wie wandelnde Kakteen aus. Einmal davon abgesehen,
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