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Das Königshaus der Monster

Titel: Das Königshaus der Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Barnes
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Sir.«
    »Meine Mutter?«
    »Eine völlig unbegründete Spekulation über ihren Gesundheitszustand.«
    »Und was steht da, Silverman?«
    Ein Augenblick des Zauderns, dann: »Sir, die Überschrift lautet: ›An der Schwelle des Todes?‹«
    »Woher wollen diese Leute das wissen? Seit Monaten hat niemand sie zu Gesicht bekommen!«
    »Es ist nur eine Zeitung, Sir. Dort lebt man von Vermutungen und Übertreibungen.«
    »Aber ich frage mich schon, wann sie sich wieder zeigen wird. Sie wissen ja bestimmt, dass sie mich nie besonders mochte.«
    »Ich bin sicher, da irren Sie sich, Sir!«
    »Ebenso wenig wie sie Laetitia mochte, fällt mir gerade auf. Deshalb will Mutter mich nicht mehr sehen. Sie hält mich für schwach. Sie hält mich für zimperlich. Und ich vermute, die Öffentlichkeit neigt dazu, ihr darin zuzustimmen. Es ist wirklich sehr unfair.«
    Silverman räusperte sich wieder. »Darf ich sonst noch etwas für Sie tun, Sir?«
    Arthur nahm einen Schluck Tee und betrachtete sein Frühstück. »Danke, Silverman, Sie können gehen.«
    Der Diener zog sich Richtung Tür zurück.
    »Nur eins noch.«
    »Ja, Sir?«
    »Was halten Sie von diesem Streater? Scheint mir ein komischer Vogel zu sein.«
    »Er wirkt auf mich nicht wie ein Mann, in dessen Hände ich vertrauensvoll mein Schicksal legen würde.«
    »Ach nein? Aber eins muss man ihm lassen: Er macht außerordentlich guten Tee.«
    »Tatsächlich, Sir?«
    »Ich werde ihn später wieder treffen. Er ist mitten in einer höchst merkwürdigen Erzählung. Irgendeine Geschichte über meine Urururgroßmutter. Etwas über einen Pakt.«
    »Herr im Himmel, Sir!«
    »Herr im Himmel, in der Tat, Silverman! Aber es ist selbstverständlich alles nur Unfug, dummes Zeug.«
    »Das würde ich auch meinen, Sir.«
    »Ich nehme nicht an, dass Ihnen je etwas in dieser Hinsicht zu Ohren gekommen ist, oder? Irgendwelche Gerüchte dieser Art?«
    »Gerüchte gibt es immer, Sir.« Silverman verbeugte sich. »Falls das alles ist, Sir …«
    Arthur Windsor entließ ihn mit einer Handbewegung und blieb ein Weilchen reglos im Bett sitzen, allein mit seinem weichen Ei, seinem Verdacht, seinen schwarz umwölkten Gedanken.
     
    Etwa eine Stunde später verließ er sein Schlafzimmer. Er wies alle Angebote seines Hauspersonals, ihm irgendwie zu Diensten zu sein, ungeduldig von sich und schritt flott zum alten Ballsaal; kein einziges Mal kam ihm der Gedanke, seine Eile infrage zu stellen oder zu überlegen, weshalb er mit einer solchen Hast dem Treffen mit einem Mann entgegenstrebte, dessen Gesellschaft er gewöhnlich als extrem widerwärtig empfunden hätte.
    Arthur traf zur vereinbarten Zeit ein und entdeckte, dass er bereits erwartet wurde.
    Streater trank Tee, grinste und machte sich nicht die Mühe aufzustehen, als der Prinz in den Raum trat; er grunzte nur kurz und rülpste in seine Tasse.
    »Mister Streater?«
    Ein weiteres schmatzendes Geräusch, und dann erst sah der blonde Mann mit den scharf geschnittenen Gesichtszügen auf. »Eine Minute, Chef. Ich trinke eben aus.«
    »Ich wollte Ihnen nur sagen, dass ich auch durstig bin.«
    »Durstig?«
    Arthur Windsor wurde untypisch unterwürfig. Er schien zu schrumpfen, schien sich in sich selbst zurückzuziehen – eine königliche Schnecke, die sich in ihr majestätisches Haus flüchtet. »Ich hätte wirklich gern etwas Tee.«
    Streater trank seine Tasse aus und stellte sie neben sich auf das Tischchen. »Was höre ich da, Kumpel?«
    »Ich sagte, ich hätte wirklich gern etwas Tee.«
    »Kein Glück, Chef.« Streater klang nicht im Mindesten reumütig. »Habe mir gerade selbst das letzte Schlückchen genehmigt.« Er rülpste ausgiebig.
    Der Prinz wirkte niedergeschlagen.
    »Tja, bedaure.«
    »Sind Sie ganz sicher?«, sagte Arthur. Seine Stimme schwankte unter dem Gewicht der Enttäuschung. »Könnte nicht noch ein kleiner Rest in der Kanne sein?«
    Streater zuckte die Schultern. »Glaub ich nicht. Aber ich kann ja mal nachsehen.« Er hob den Deckel von der Teekanne, warf einen Blick hinein, rümpfte die Nase und sagte: »Glück gehabt, Chef. Sind doch noch ein paar Tropfen da.«
    »Ein paar Tropfen reichen schon.« Erleichterung klang aus Arthurs Stimme.
    Die Tasse wurde etwa halb voll, und Streater reichte sie dem Prinzen. »Zufrieden?«
    Arthur trank sie in einem Zug aus. »Jetzt ist mir viel besser, Mister Streater. Ich danke Ihnen.«
    Der blonde Mann setzte sein Haifischlächeln auf. »Aber nun sollten wir besser loslegen mit Ihrer Weiterbildung;

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