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Das Königshaus der Monster

Titel: Das Königshaus der Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Barnes
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Mitgefühl.
    Drinnen warteten die Dominomänner in ihren Liegestühlen und ließen die behaarten Beine baumeln. Alles schien haargenau so wie beim letzten Mal, auch der Raum war nach wie vor unbarmherzig kahl – wenn man von einer einzigen seltsamen Bereicherung absah: In der Mitte des Kreises, in dem die Dominomänner saßen, stand ein veralteter Fernseher.
    Die Lautstärke war viel zu hoch eingestellt, und ich wurde vom dröhnenden Applaus eines nicht vorhandenen Publikums überfallen, unterbrochen von der weinerlichen Stimme eines unserer meistbeschäftigten Komiker und dem piepsenden Quäken eines schlechten Sprücheklopfers – doch erst, als ich den ängstlichen Sopran meines neun Jahre alten Selbst erkannte, wurde mir schlagartig klar, was es war, das sich diese beiden komischen Typen da ansahen.
    Auf dem Bildschirm tauchte mein jüngeres Ego auf und betrat eine Kulisse, die immer schwankte und wo ich mein Stichwort zu wahren – hinterher in die Szene kopierten – Begeisterungsstürmen niemals vorhanden gewesener Zuschauer ablieferte.
    Hawker und Boon starrten so träge auf das Fernsehbild, als handelte es sich um einen Lehrfilm über Fotosynthese, den sie in der Physikstunde notgedrungen über sich ergehen lassen mussten.
    Der Kleinere der beiden ächzte: »Mannomannomann.«
    Hawker schüttelte sorgenvoll den Kopf. »Ich muss einfach ehrlich zu Ihnen sein, altes Haus.«
    »Grundehrlich, Sir.«
    »Hab schon mehr gelacht in meinem Leben.«
    »Wollen mit der Wahrheit nicht hinter dem Berg halten, Mister Lamb. Das da ist ungefähr so lustig wie die Cholera.«
    »So lustig wie …«, Hawker überlegte einen Augenblick lang und wieherte dann: »… wie eine Nonne mit Lepra!«
    Ein schmutziges Grinsen verzerrte Boons Gesichtszüge zu etwas Gummiartigem, Groteskem. »Und wir sollten es recht gut wissen.«
    Ich trat an den Kreis heran, bedacht, seinem Rand nicht zu nahe zu kommen.
    »Warum seht ihr euch das an?«, fragte ich, während das wohlbekannte Geleier der Titelmelodie an mein Ohr drang.
    »Ist ein echt schrilles Gedudel, nicht wahr, Sir?«
    Hawker schaltete den Fernseher ab und zog die Mundwinkel angeekelt nach unten. »Was für ein Unsinn, Sir! Was für ein letztklassiger Mist!«
    Boon wedelte mit der Hand vor seiner Nase herum, wie um imaginären Gestank zu verscheuchen. »Pfui!«
    »O Mann!«
    Ich wartete ab, bis sie sich fürs Erste beruhigt hatten. »Ich möchte, dass ihr mir sagt, wo Estella ist«, warf ich dann so rasch und ruhig wie möglich ein.
    Hawker sah mich verständnislos an und legte dann eine Hand ans Ohr. »Wer?«
    »Estella«, antwortete ich unverblümt; mir war klar, dass er mich schon zuvor ganz genau verstanden hatte.
    »Ah ja, richtig! Das hätten Sie gleich sagen sollen, Sir! Wir wollten es Ihnen schon unlängst verraten, aber Sie sind ja davongerannt, bevor wir darauf zu sprechen kamen. Irgendwie ungehobelt, fand ich. Ein bisschen rüde.«
    »Und verflixt undankbar«, stellte Boon fest. »Besonders, wo wir uns doch fast ein Bein ausgerissen hatten, um Ihnen einen herzlichen Empfang zu bereiten!«
    »Wo ist Estella?«, wiederholte ich und gab mir Mühe, möglichst tonlos zu klingen.
    Boon stand auf und ließ den Blick über die Grenzen seiner Zelle gleiten. »Vermissen Sie sie nicht, Sir? Die alte Fernsehshow?«
    »Den alten Trott, das ewig gleiche Geschwätz?«
    »Die Schminke?«
    »Den Geruch des Publikums?«
    Obwohl die Präfekten in johlendes Gelächter ausbrachen, achtete ich darauf, keine Miene zu verziehen. »Wo ist Estella?«
    »Jammerschade, dass Sie so ein miserabler Schauspieler sind, wie, Mister Lamb?«
    »Hätten Sie Ihre Sache nur halbwegs gut gemacht, wäre sogar eine Karriere drin gewesen. Aber jetzt sind Sie gar nichts, oder, Sir? Richtig, Boon?«
    »Richtig, alte Pflaume. Er ist ein echter Niemand.«
    »Wo«, fragte ich und merkte, wie schließlich doch Ungeduld in meine Stimme kroch, »ist Estella?«
    »Was für ein Miesepeter!«
    »Da hat jemand furchtbar schlechte Laune.«
    »Unser Mister Lamb ist heute Morgen mit dem falschen Fuß aufgestanden.«
    Ich schleuderte wütende Blicke auf sie ab. »Ich muss erfahren, wo sie ist!«
    »Ta-ta-ta-taaa!«
    »Sie haben ein unbeherrschtes Naturell, Mister Lamb!«
    Ich bemühte mich nach Kräften, nicht zuzuhören. »Ich muss wissen, wo Estella ist!«
    »Und Sie denken, das wär’s dann gewesen, wie, Sir? Sie denken, sobald Sie die Dame haben, wird man Sie in Ihr altes Leben zurückhüpfen lassen? Pech gehabt, Kamerad. Aus

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