Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Königsmädchen

Das Königsmädchen

Titel: Das Königsmädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Fussel
Vom Netzwerk:
sehen. Das Flehen half nichts, der Nebulos erschien in meinem Blickfeld und sein Speichel troff auf mich herab. Warum konnte ich nicht ohnmächtig werden? Mir liefen vor Angst die Tränen übers Gesicht und ich jammerte kläglich, weil der Hals so schmerzte. Er ließ nicht von mir ab, seine Tatzen bohrten sich in mein Fleisch. Er drückte seinen Vorderlauf auf meinen Oberschenkel, damit ich nicht entkommen konnte. Ich hätte ohnehin keine Kraft mehr gehabt, wegzurennen. Ein erbitterter Laut stahl sich aus meiner Kehle.
    Bitte mach, dass es schnell vorbei ist.
    Der Nebulos brüllte, dass ihm der Seiber aus dem Maul lief. Ich sah seine messerscharfen Zähne. Das Messer!
    Fest umschlossen, zog ich es quer durch sein Gesicht und sofort legte er seine Pranke auf die verletzte Stelle. Ich sah, wie ihm das Blut über die Schnauze tropfte. Ein kleiner Kratzer, mehr nicht.
    Nur kurz ließ er von mir ab und ging ein paar Schritte zurück, fauchte mich an und schüttelte den Kopf. Seine borstigen Haare standen in alle Richtungen. Krampfhaft überlegte ich, was sie uns immer zum Nebulos gesagt hatten. Man sollte sich ruhig verhalten. Dafür war es zu spät. Er leckte sich das Maul und fletschte erneut seine Zähne. Mehr als wegkriechen würde ich nicht schaffen – und das würde nichts bringen, er würde mich sowieso einholen. Die Wunde an meinem Hals pochte und ich sah aus dem Augenwinkel, wie sich der Ärmel meines Kleides rot färbte.
    Ich gebe auf.
    Hier auf dieser Wiese würde ich sterben, ich hatte keine Kraft mehr für einen Kampf, wollte nicht länger gequält werden.
    Oh Stein der Erde, bitte lass mich sterben. Bitte nimm mich in dein Reich, aber tu mir diese Qualen nicht an!
    Wieder kam er bedrohlich auf mich zu. Ich hatte Todesangst.
    Schenk mir die Kraft, Wald. Schenk mir die Kraft der Erde.
    Ich konnte nicht mehr, die Wunde an meinem Hals war zu tief und so ließ ich mich auf den Rücken fallen.
    Der Nebulos kletterte über mich und fletschte wieder die Zähne. Er schlug mit seiner Pranke auf mein Bein und ich schrie vor Schmerzen. Er ließ tatsächlich von mir ab. Plötzlich war mir, als hörte ich eine Stimme. Ein kleiner Funken Hoffnung breitete sich in meinem Innern aus. Doch ich musste mich geirrt haben, wer sollte mich hier draußen schon finden? Ich war viel zu weit vom Dorf entfernt.
    Da – ich hörte jemanden aus weiter Ferne brüllen. Der Kopf der Bestie drehte sich in Richtung der Stimme. Ich träumte von den Kriegern des Tempels, die mir zur Rettung eilten. Durch diesen Gedanken erhielt ich plötzlich ungeahnte Kräfte und wollte mich umdrehen, als ich einen fliegenden Stein sah, der dem Nebulos geradewegs auf den Kopf sauste.
    Jemand bewarf die Bestie tatsächlich mit Steinen. Einer landete genau in der haarigen Fratze und das Viech schaute überrascht in die Richtung, aus der der Kiesel geflogen kam. Es brüllte.
    Da sah auch ich ihn.
    Er war jung, ungefähr in meinem Alter, seine dunklen Haare flogen ihm wirr um den Kopf.
    Obwohl er weder eine Rüstung, noch Waffen trug, war ich mir sicher, dass in diesem Jungen ein Krieger steckte. Sein Hemd reichte nur über die Oberarme und ließ eine breite Brust erahnen.
    Breite Schultern deuteten ebenfalls darauf hin, dass er ein Kämpfer war, aber warum hatte er keine Waffen …?
    Es war überaus mutig, wie er jetzt genau auf mich zulief. Als schickte mir jemand einen Schutzengel. Wie aus dem Nichts war er aufgetaucht, um mich zu retten.
    Mit langen Schritten rannte er über die Wiese. Eine hoffnungsvolle Wärme breitete sich in mir aus und mischte sich mit Verzweiflung. Was, wenn der Nebulos auch ihn verletzte? Der Junge schrie irgendwas, aber ich konnte es nicht verstehen. Der Nebulos bleckte seine Zähne.
    Als der Junge näher kam, erkannte ich, dass er einen Stock in der Hand hatte, er hielt ihn jedoch hinter seinem Rücken versteckt. Er war nicht mehr weit entfernt, als er mir das erste Mal in die Augen sah. Ich sah, wie sich Entsetzen, Angst und Trauer in seinem Gesicht spiegelten.
    Was hatte er nur vor?
    Er wollte doch nicht etwa den Nebulos angreifen? Entsetzt schaute ich mir die Szene an, als der Junge in hohem Bogen auf die Bestie zuraste und den Stock hervorzog. Zwei oder drei Mal schlug er auf das haarige Tier. Doch dem Nebulos machte das überhaupt nichts aus. Er drehte sich zu dem Angreifer und schlug nach ihm.
    Der Junge gab nicht auf, er schlug immer wieder auf das Ungetüm ein. Eine Pranke flog durch die Luft und ich wusste, dass ihm keine

Weitere Kostenlose Bücher