Das Königsmädchen
Chance mehr blieb, auszuweichen. Der Nebulos schlug ihm ins Gesicht und der Junge landete eine Baumlänge entfernt von mir im Gras.
Um ihn herum wirbelten Samen und Blüten auf und fielen in Zeitlupe auf ihn herab. Ich war wie versteinert. War er tot? Für einen Moment lag er ruhig am Boden, bis er sich schließlich halb aufrichtete.
Er legte eine Hand auf sein zerschundenes Gesicht und als er sie wegnahm, war sie blutrot. Er drehte sich wieder zu dem Nebulos, der bedrohlich knurrend auf ihn zukam.
Ich sah seine rechte Gesichtshälfte. Aus langen Striemen liefen Blutbäche auf sein helles Hemd herab. Es sah furchtbar aus, doch der Junge rappelte sich auf und schlug bereits auf den Nebulos ein, als hätte er nichts von der Verletzung gemerkt. Mit festen Schlägen haute er immer wieder zu, doch der Nebulos wehrte alle ab und brachte den Jungen schließlich erneut zu Fall. Auf mich achtete das Viech gar nicht mehr, aber ich stellte auch nicht die geringste Gefahr dar.
Gerade als ich dachte, dass es nun vorbei mit uns wäre, sprang etwas Weißes den Nebulos an und biss ihm in die Kehle. Ein Wolf?
Der Nebulos brüllte, dass mir das Blut in den Adern gefror, und sackte zusammen. Schnell kam der Junge gelaufen, grätschte neben mir und landete im Gras. Er legte seine Hand prüfend auf meinen blutenden Nacken, als sich unsere Blicke trafen. Dieser Moment war trotz seiner schlimmen, blutrünstigen und gefährlichen Situation auf eine merkwürdige Weise magisch.
Dieser Junge war bei mir, auf dieser schönen Wiese. Er hatte mich gerettet. Ich lächelte ihn an. Er blickte mir zögernd in die Augen und dann entspannten sich auch seine Gesichtszüge. Er schenkte mir ein wunderschönes Lächeln.
Sein Gesicht sah furchtbar aus, doch er ließ sich nichts anmerken. Seine dunklen Haare lagen ihm verschwitzt am Kopf. Ich strich ihm eine Strähne weg, die in der offenen Wunde klebte.
»Dein Gesicht«, war das Einzige, was ich sagen konnte.
Der Wolf knurrte und der Junge verzog verzweifelt das zerschundene Gesicht. Er eilte wieder zurück, um dem Wolf zu helfen, der Nebulos hatte sich wieder aufgerichtet. Mit Schwung zog er ihm den Stock immer und immer wieder über den Kopf.
Dieser Junge stellte sich einem Nebulos, um mich zu retten. Meine Arme wollten nicht so wie ich, denn sie gaben immer wieder nach und der Schmerz im Bein erhöhte sich bei der kleinsten Bewegung.
Nicht hinschauen! Nicht hinschauen!
Mein ganzes Kleid war blutgetränkt. Ich muss hier weg! Ich unterdrückte den Schmerz und versuchte mich aufrappeln. Es wurde mir schwarz vor Augen und mir war übel. Ich drehte mich um, um nach dem kämpfenden Jungen zu schauen. Genau in diesem Moment trat der Nebulos über ihn.
Ich schrie laut auf, doch das haarige Monster presste weiter seine Pranke auf den Brustkorb des Jungen und hielt ihn fest am Boden. Der Wolf knurrte, dass er mir fast so viel Angst einjagte, wie der Nebulos. Er hatte sich in seinem Genick festgebissen und versuchte Stücke aus dem Nebulos herauszureißen. Doch der Nebulos ließ nicht weiter von dem Jungen ab. Er schlug ihm wieder in die Brust und wollte gerade zubeißen, als ein zweiter Wolf ihm ins Gesicht sprang und sich ebenfalls festbiss. Endlich ließ der Nebulos von dem Jungen ab und schleuderte den Wolf, der an seinem Ohr hing, ein paar Meter weit weg. Nun kämpfte er mit dem anderen Wolf.
Ich humpelte zu dem Jungen, der nun über und über blutete. Sein braunes Hemd war in Rot getränkt und auch seine dunkelbraunen Haare leuchteten vor Blut. Man konnte nicht erkennen, wo er überall verletzt war, aber sein Gesicht sah furchtbar aus.
»Kannst du aufstehen? Wir müssen hier weg!« Er nickte und wir versuchten so schnell es ging, wegzurennen. Arm in Arm stützten wir uns gegenseitig. Er zeigte mit halber Kraft Richtung Kwarr Marrh. »Da lang, dort ist eine Höhle.«
Ich runzelte die Stirn und wollte ihm kaum glauben. Doch als wir uns immer weiter schleppten, konnte ich auf einer Felsformation deutlich die Einbuchtung sehen.
Noch immer hörte ich den Nebulos in der Ferne brüllen. Die Wölfe jaulten immer wieder gequält auf. Wir mussten ein paar Felsbrocken erklettern, was unter normalen Umständen nicht allzu schwer gewesen wäre. Doch mit meiner Verletzung am Bein und seiner blutenden Brust war es beinahe unmöglich. Er zog mich auf einen Felsen und ich war verwundert, wie viel Blut ihm die Arme runterlief. Es troff auf meine Hand, als ein Wolf so herzzerreißend jaulte, dass es mir ins
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