Das Königsmädchen
fröhliche Musik erklang, öffnete ich die Fächer und machte wieder Drehungen. Ich tanzte wie eine Feder im Wind, ließ meine Hände ganz schnell von vorne nach hinten kippen und wieder zurück.
Die zarte Spitze flatterte wunderschön im Wind und so hielt ich sie erst hoch über meinem Kopf, öffnete meine Arme weit zur Seite, schloss sie wieder und wiederholte das Ganze.
Zum Schluss ließ ich die geöffneten Fächer in der Mitte vor meinem Gesicht sinken, die Musik kam zum Höhepunkt. Ich nahm wieder Anlauf und rannte auf die Menge zu, dabei riss ich die Spitze von den Fächern, die Klingen kamen zum Vorschein und damit durchschnitt ich in einer Drehung die Bänder, die mich durch den Wind verfolgt hatten.
Ich schaute in die Menge, die Leute hatten überrascht die Augen aufgerissen. Als ich Briar entdeckte, konnte ich sehen, wie ihm der Mund offen stand. Für ihn hatte ich getanzt und das wusste er.
Ich kniete vor der Menge nieder, ging wieder in die Hocke und schlang die Arme um mich. Noch während die Musik verstummte, fielen die Bänder über mir zu Boden und die Fackeln wurden gelöscht.
Es herrschte tiefste Dunkelheit und nach einer kurzen Pause brandete der lauteste Applaus auf, den ich je gehört hatte.
Die Fackeln wurden wieder entzündet und ich konnte in der Menge nach den Menschen suchen, die mir etwas bedeuteten. Als erster war da natürlich Briar, er klatschte so laut es ging und war sichtlich begeistert, was mich sehr freute. Immerhin war es unsere gemeinsame Erfahrung gewesen, die ich vorgeführt hatte.
Neben ihm stand Karthane, die sichtlich mit den Tränen rang. Ich hörte meine Mutter aus der Menge brüllen und verbeugte mich in ihre Richtung. Sie war schier begeistert, hatte die Hände vors Gesicht geschlagen und schüttelte ungläubig den Kopf. Dann warf sie mir einen Kuss zu und klatschte begeistert in die Hände.
Jemand zu ihrer Seite applaudierte nicht und als ich genauer hinsah, entdeckte ich Jole. Ihr hatte ich es zu verdanken, dass ich hier tanzen durfte, weil sie dachte, dass ich mich von Grund auf blamieren würde. Doch dem war nicht so. Die Leute waren begeistert und auch Kinthos, der nun auf mich zukam, konnte sich sein Lächeln nicht verkneifen.
»Du warst großartig«, sagte er und küsste mich auf die Stirn. »Das hätte ich nicht gedacht, aber du warst atemberaubend.«
Ich riskierte einen kurzen Blick zu Briar, der schmerzverzerrt zu Boden schaute. Es tut mir leid, Briar. Hanna stürmte zu mir und umarmte mich wild.
»Wahnsinn Lilia! Du hast wahrlich Talent, deine Gefühle in einen Tanz zu legen. Dein Ausdruck war so … echt!«
Sie blickte hinter mich und errötete, dann ließ sie von mir ab und verneigte sich. Ich drehte mich um und dort erschien Atira.
»Du warst viel besser, als ich es für möglich gehalten hatte«, sagte sie. Sie strahlte und umarmte mich nun. »Doch nun ist es Zeit für den Abschluss und diesen wird nun Hanna machen.«
Hanna nickte und wurde ernst. Atira verschwand und Hanna umarmte mich noch mal.
»Lilia, ich weiß nicht, ob ich das Richtige tue, doch ich kann nicht anders.« Ich schaute sie fragend an. »Geh zu Kinthos, ich hoffe er wird nicht enttäuscht sein von meinem Lied.«
Ich wusste nicht, was sie meinte, und verließ den Platz. Ich ging zu Kinthos, der am Baum des Lebens stand. Er freute sich auf das Lied von Hanna, das konnte ich sehen. Ich stellte mich an seine Seite und wartete auf das Lied.
Hanna sah wunderschön aus in dem Kleid der Jungfern und der Wind ließ ihre Haare und das Kleid wehen. Ihre zarte Stimme begann zu leuchten und wir waren alle wie gebannt. Sie drehte sich zu Kinthos, denn für ihn würde sie singen.
Eines Morgens da, wurde es mir klar,
dass ich eine Auserwählte bin.
Erst war es nur ein Spaß, doch dann erkannte ich den Sinn.
Ich schminkte mich, machte mir das Haar,
rannte zum Baum des Lebens hin.
Dort verlor ich mein Herz, doch dann erkannte ich den Sinn.
Aus dem Tempel trat er zu mir ins Licht,
verschwommen schien er mir, verborgen war die Sicht.
Nur ein Lächeln von ihm und es war um mich geschehen,
ich konnte niemand anderen mehr sehen.
Seine Liebe wollt‘ ich, mit aller Macht,
in meinem Herzen war ein Kampf entfacht.
Doch wieso sah er mich nicht so wie die anderen an?
Sah er denn nicht genauer hin?
Vielleicht bin ich ihm nicht schön genug, doch dann erkannte ich den Sinn.
Ich war lieb und nett, erlernte es zu sein,
doch das war alles nur zum Schein.
Liebte er mich nicht? Fühlte er
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