Das Königsmädchen
es denn nicht auch?
Das viele Kribbeln im Bauch?
Nur ein Blick von ihm, nur ein nettes Wort,
doch meinem weicht er aus, schaut ständig fort.
Er bat mich um kaum ein Treffen, mit anderen ritt er aus.
Im Tempel fühlt' ich mich wie eine Königin.
Doch im Herzen bin ich einsam, und dann erkannte ich den Sinn.
Nun sitze ich hier und weine,
wünschte ich wäre die Deine.
Doch du bist still, immer wieder stumm,
und darum wünsch' ich mir, meine Zeit hier wäre um.
Es zerbricht mein Herz, ich kann es nicht ertragen,
du äußerst keine Wünsche, stellst keine Fragen.
Und darum lass mich fort, an einen anderen Ort.
Wo ich zwar einsam bin, doch besser, als dich zu sehen,
denn ich erkannte den Sinn.
Mir ist egal, dass er der Oberste ist,
Kinthos, ich liebe dich, so wie du bist.
Ich brauche nicht diesen Reichtum, die schönen Kleider,
ich wäre glücklich, wärst du nicht der Oberste,
doch leider hat man dich dazu gemacht,
und so muss ich gewinn‘, doch ich kann nicht länger warten, denn ich erkenne nun den Sinn.
Und darum bitte ich dich nur ein einzig Mal,
lass mich ziehen, bei deiner nächsten Wahl.
Vergiss mich nicht und verzeihe mir,
auf ewig gehört mein Herz nur dir!
Hanna ließ den Kopf hängen und atmete tief ein. Das Licht der Fackeln ließ die Tränen auf ihrer Wange glitzern. Nicht nur ich, sondern auch alle anderen waren überrascht und eine Totenstille legte sich auf diesen Platz. Kein Applaus, keine Jubelschreie wie bei mir. Nein, alle waren überrascht von den ehrlichen Worten, die Hanna auf so wundervolle Weise gesungen hatte.
Ihre Stimme war wie immer gefühlvoll und die Melodie war voller Liebe. Doch die Worte, die sie gewählt hatte, kamen aus ihrem tiefsten Inneren und keiner wusste, warum sie so ehrlich gewesen war.
Ich war ihre Freundin, ich musste ihr helfen, denn sie stand vor uns und ließ den Kopf und die Schultern hängen wie ein Häuflein Elend.
»Selbst schuld«, hörte ich Alana neben mir sagen. Ich begann zu klatschen. Erst war ich die einzige, doch dann löste sich auch Kinthos aus seiner Starre und klatschte ebenso und dann folgte das ganze Volk. Ich ging zu ihr und nahm sie in den Arm. Sie zitterte am ganzen Körper.
»Was habe ich nur getan, Lilia?«
»Du hast das getan, was dein Herz dir gesagt hat, du warst wundervoll Hanna.«
Hinter mir erschien Kinthos und es wurde ruhiger um uns alle. Zwar klatschten noch viele und es wurde getuschelt, doch nun achteten alle darauf, wie Kinthos reagieren würde.
Ich trat einen Schritt zur Seite und wünschte mir, dass man die beiden in Ruhe lassen würde. Kinthos trat zu ihr und nahm ihre Hand, sie zitterte noch immer. Dann küsste er sie ebenfalls auf die Stirn, so wie er es bei mir gemacht hatte, und umarmte sie.
Sie erwiderte seine Umarmung nicht, denn sie war starr vor Schreck. Er flüsterte ihr etwas ins Ohr und ihr Gesicht wurde noch trauriger.
Für einen Moment erwiderte er ihren traurigen Blick, sie schauten sich tief in die Augen wie ein verliebtes Pärchen. Doch das waren sie nicht.
Später im Bett weinte Hanna bitterlich. Ich streichelte ihr den Rücken und den Kopf. Dann holte ich Tücher und tunkte sie in kaltes Wasser, um sie ihr auf die Augen zu legen.
»Kinthos war so wütend auf mich!«
Ich hielt in meiner Bewegung inne und wusste nicht, was ich sagen sollte, doch sie redete bereits weiter. »Weißt du, was er mir gesagt hat?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Das er meinem Wunsch jetzt nicht nachkommen kann, aber dass ich die Nächste sein werde, die geht, wenn ich das will.« Wieder schluchzte sie bitterlich und erst nach einiger Zeit schliefen wir Arm in Arm ein.
Die nächsten Tage waren sehr ruhig im Tempel. Ich musste Kinthos schnell überzeugen einen Krieg zu beginnen, denn wir hatten nicht mehr viel Zeit. Doch leider bekam ich ihn kaum zu Gesicht.
Briar ging mir weiterhin aus dem Weg und so weh es auch tat, war es sicher besser so. Da ich nun keinen Tanz mehr üben musste, war die Langeweile noch größer als sonst. Ich besuchte meine Mutter.
Zu Hause hatte sich nichts verändert. Noch immer schwärmte sie von meinem Auftritt und alle, mit denen sie gesprochen hatte, waren ebenfalls sehr begeistert gewesen.
»Heute sind ganz schön viele Wachen unterwegs«, bemerkte sie misstrauisch. »Ist etwas passiert?«
»Nein, nicht, dass ich wüsste«, antwortete ich.
Mein Vater kam herein und begrüßte meine Mutter mit einem langen Kuss.
»Das riecht aber gut hier!«
»Ja, ich habe uns
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