Das Königsmädchen
lachen, viel zu lange war es her, dass ich auf seinem Gesicht etwas anderes, als diese Mischung aus Trauer und Enttäuschung gesehen hatte.
In einer schnellen Bewegung drehte er sich um Urwais herum und trat ihm die Beine weg. Mit einem Stöhnen landete dieser auf dem weichen Boden, doch anstatt sich zu beklagen, packte er Briars Bein und zog ihn ebenfalls neben sich auf den Boden.
Kichernd stand ich auf dem Balkon und schaute hinunter zu den beiden lachenden Kriegern, die mich erst in diesem Moment erspähten.
Sofort verstummte Briars Lachen, er stand auf und zog Urwais in die Höhe. Seine blauen Augen verfingen sich in meinem Blick, mein Herz schlug schneller.
Doch dann huschte ein kleiner Ausdruck von Wut über sein Angesicht.
»Ich denke, das war genug Kampf für heute,« sagte er leise.
Ich stützte mich auf die Brüstung. »Wartet, ich wollte euch nicht unterbrechen,« sagte ich schnell. Urwais wollte etwas sagen, doch da packte ihn Briar schon am Arm und zog ihn aus der Kaserne.
Ein bitteres Gefühl breitete sich wieder in mir aus. Briar fehlte mir, das wurde mir schmerzlich klar. Niemals würde es aufhören, niemals würde ich diesen Ausdruck auf seinem Gesicht sehen können, ohne tiefes Mitleid zu empfinden. Niemals könnte ich Kinthos so lieben, wie Briar.
Und doch würde ich mich für Kinthos entscheiden und gegen den Mann, der mein Herz in so schneller Zeit erobert hatte.
Auf dem Weg zum Essen schlugen mir bereits festliche Musik und der Geruch von frischem Rotkraut entgegen. Ich öffnete die schwere Tür zum Saal und im gleichen Moment stürzte Hanna von drinnen auf mich zu.
Sie sah so fröhlich aus, wie schon lange nicht mehr. An den Schultern drückte sie mich zurück in den Gang, doch ich konnte einen kurzen Blick in den Saal werfen. Ich sah Kinthos mit vier Kriegern in Rüstungen um sich herum, und auch er trug seine Rüstung mit Goldbesatz.
»Lilia. Du glaubst es nicht, wir haben Besuch! Es sind hohe Priester des Wüstenvolkes gekommen.«
Besuch aus Sith Beag! »Sie sehen toll aus. Sie rasten hier nur, weil sie auf dem Weg zum Wasservolk sind.«
Sie wollten zu den Amaren! Warum wollten sie nach Amaris? Sofort musste ich wieder an die Vision denken.
Ohne, dass ich nur einen Ton sagen konnte, riss mich Hanna wieder am Arm und zog mich in den Festsaal. Da sah ich Akash das erste Mal. Er war gekleidet, wie man sich ein Oberhaupt des Wüstenvolkes vorstellte. Er hatte eine schwere Rüstung an, lange weiße Haare und einen finsteren Blick. Er schaute kurz zu mir und dann zu Hanna. Sein Blick blieb an ihr hängen, als hätte er Gefallen an ihr gefunden.
Hanna durfte an diesem Abend links neben Kinthos sitzen und war trotz ihres Wunsches, nach Hause zurückzukehren, hellerfreut darüber. Ihr gegenüber saß Akash, der sich mir freundlich vorstellte. Als ich ihm meinen Namen sagte, lächelte er süffisant.
»Lilia! Welch‘ ein wunderschöner Name!«
Ich nahm rechts neben Kinthos Platz und hatte einen Koloss des Wüstenvolkes mir gegenüber, dessen Name Helaku war. »Kinthos, meine Priester und ich bedanken uns für die freundliche und zuvorkommende Gastfreundschaft und hoffen, euch auch einmal bei uns begrüßen zu dürfen.«
Kinthos lächelte und nickte.
»Gerne werde ich auf das Angebot zurückkommen.«
Ich schob das Essen auf meinem Teller von einer zur anderen Seite. Obwohl ich mich auf das Rotkraut gefreut hatte, war mir der Appetit vergangen. Irgendetwas an Akash bereitete mir Unbehagen und jedes Mal, wenn ich ihn ansah, ertappte ich ihn, wie sein Blick auf mir ruhte.
Hanna plauderte munter mit Akash und dem Priester neben ihm. Sie war neugierig, wie es in Sith Beag aussah und ob auch sie die Schneedecke auf dem Berg von Kwarr Marrh sehen konnten. So aufgeweckt hatte ich sie in Kinthos‘ Nähe noch nie gesehen.
Er dagegen wirkte in sich gekehrt, gedankenverloren und schob genau wie ich sein Essen von einer auf die andere Tellerseite. Wo war er nur mit seinen Gedanken?
Hanna musste etwas Komisches gesagt haben, denn Akash, Helaku und noch ein paar weitere am Tisch begannen plötzlich zu lachen. Da sah ich, wie sich auch Kinthos‘ Mundwinkel zu einem Lächeln verzogen. Er hörte ihr also zu.
Ich versuchte dem Gespräch zu folgen. Es ging um das Bad im Tempel und sie erzählte gerade, dass die Bewohner im Dorf nur im Winter zu Hause warmes Wasser in den Zuber ließen, um zu baden, ansonsten wuschen sie sich am Fluss – ohne Rosenblätter und duftende Öle. Akash erklärte, dass
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