Das Kommando
hoch gepokert und sah sich jetzt unter Druck gesetzt: Die ganze Welt verlangte von ihm eine Erklärung für die Hintergründe des Massakers. Gleich morgen wollte David nach Amerika fliegen, um den nächsten Teil ihres Plans auszuführen. Auch wenn alles nach Wunsch zu verlaufen schien, durfte er nicht allzu zuversichtlich sein.
Zu jener Stunde waren weder die Amerikaner noch die Franzosen oder die Israelis über das auf dem Laufenden, was geschah, wohl aber die Briten. Alan Churchs Segelboot ankerte nicht weit von der riesigen Yacht, der er seit Wochen folgte. Da sein jüngster Bericht beim britischen Geheimdienst in London ein gewisses Interesse geweckt hatte, war er angewiesen worden, die Überwachung fortzusetzen. Außerdem sollte er versuchen, den Mann zu identifizieren, der mit dem Prinzen zusammengetroffen war. Entweder waren die von ihm in Monaco gemachten Fotos nicht gut genug gewesen, um ihn einwandfrei erkennen zu können, oder man wusste in London nicht, wer der Mann war.
Church hatte den Prinzen und seine Gäste schon seit einer Weile von der Bar aus im Auge behalten, als eben jener gut aussehende Araber hereinkam, für den man sich in der Zentrale zu interessieren schien. Er sprach mit dem Prinzen auf eine Weise, die annehmen ließ, dass er mehr war als eine der kriecherischen Kreaturen, die diesen umgaben. Nachdem die beiden einige Worte miteinander gewechselt hatten, suchten sie den Speisesaal auf und bekamen einen Platz an einem abgelegenen Tisch angewiesen.
Church, der die königliche Familie Saudi-Arabiens schon seit langem aus der Ferne observierte, war mit den Wirren, die dicht unter der friedlich erscheinenden Oberfläche des sich nach außen hin zurückhaltend gebenden Stammes brodelten, recht gut vertraut. Im Grunde saß das aus knapp über fünftausend Mitgliedern bestehende Verwandten-Konsortium auf einem Pulverfass, denn die dreiundzwanzig Millionen Untertanen waren nicht mehr bereit, die Zügellosigkeit hinzunehmen, mit der sich manche der maßlos verzogenen Prinzen über die Gebote des Korans hinwegsetzten.
Schon seit Jahren hatte sich das Haus Saud bemüht, religiöse Fanatiker durch die Errichtung aufwändiger Moscheen und Koranschulen zu besänftigen. Die ultrafundamentalistische Sekte der Wahhabiten, die im Laufe der Zeit mehr Anhänger gewonnen hatte als jede andere Gruppierung, besaß inzwischen einen großen Einfluss auf die immer unruhiger werdende Volksmasse, bei der sie sehr beliebt war.
Church war fest davon überzeugt, dass die Tage der saudischen Herrschaft gezählt waren, auch wenn er ihr Ende möglicherweise nicht mehr selbst erleben würde. Letztlich hatten die Angehörigen des Herrscherhauses selbst zu ihrem Untergang beigetragen, indem sie religiöse Fanatiker finanziell unterstützten, die ihr weltliches Treiben und ihren ausschweifenden Lebensstil auf die Dauer nie und nimmer dulden würden. Einer jener maßlos verzogenen Prinzen war Omar. Er schwelgte im westlichen Luxus und versuchte, sein schlechtes Gewissen damit zu beschwichtigen, dass er gleichsam als Buße Zahlungen an die ultrakonservativen Vertreter einer Religion leistete, in die er zwar hineingeboren worden war, die er aber nie ernsthaft ausgeübt und an die er auch nie geglaubt hatte.
Church bat den Oberkellner, ihm einen Platz im Speisesaal anzuweisen. In Cannes feierten die Menschen gern bis spät in die Nacht, und so waren noch viele Tische frei. Er wurde zu einem Tisch geleitet, der dem des Prinzen näher stand, als es Church eigentlich lieb war. Als Prinz Omars Gast argwöhnisch zu ihm hersah, wies er auf einen Tisch, der näher an der Bar stand. Er kannte die Leistungsfähigkeit seines Abhörgeräts, und es wäre nicht gut, unnötig Verdacht zu erregen. Der Oberkellner erfüllte seinen Wunsch, und so konnten Prinz Omar und sein Besucher weiter miteinander reden, ohne befürchten zu müssen, dass jemand zuhörte.
Mit dem Rücken zur Wand sitzend, hatte der britische Agent ungehinderte Sicht auf die beiden Männer und auf die Bar. Eigentlich fand er die vier jungen Frauen interessanter, die der Prinz dort zurückgelassen hatte, aber Dienst war Dienst, und so wandte er seine Aufmerksamkeit erneut dem Objekt seiner Beobachtung zu.
Er nahm ein Etui aus der Brusttasche seines Jacketts und setzte seine Lesebrille auf. Nachdem er sich eine Weile an dem Etui zu schaffen gemacht hatte, legte er es aufgeklappt so auf den Tisch, dass der offene Deckel zu den beiden Männern hin zeigte, die sich am anderen
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