Das Kommando
Kennedy gefasst hatte.
»Ich sehe nicht, welchen Vorteil sie davon haben könnten… zumindest nicht hier auf amerikanischem Boden. Andererseits sind mir auch noch nicht alle Fakten bekannt. Wie ich die Dinge sehe, könnte das auf Israels Entschlossenheit hindeuten, das Westjordanland ein für alle Mal zu säubern.«
»Welchen Sinn hätte es in dem Zusammenhang, den Botschafter umzubringen?«, fragte Berg. »Damit hätten sie doch lediglich die gesamte UNO gegen sich aufgebracht.«
Bisher hatte Kennedy es sich aus verschiedenen Gründen versagt, mehr zu sagen, in erster Linie, weil sie nicht bereit war, zu glauben, dass Israel zu einem so rücksichtslosen Vorgehen fähig war. Andererseits hatte ihre angespannte Beziehung zu Freidman und die Erkenntnis, dass die Selbstmordattentäter die Moral der israelischen Bevölkerung allmählich zermürbt hatten, in ihr den Gedanken geweckt, dass sie dazu möglicherweise doch imstande waren.
»Manche denken«, formulierte sie vorsichtig, »dass den Israelis inzwischen ziemlich gleichgültig ist, was man in der UNO über sie denkt.«
Der Präsident, der davon bisher nichts gehört hatte, fragte: »Wie kommen Sie darauf?«
»Es gibt dort Elemente, die der Überzeugung sind, dass Sicherheit und ein dauerhafter Frieden ausschließlich durch einen Angriffskrieg zu erreichen sind, und die Zahl derer nimmt zu, welche die Ansicht vertreten, dass Israel jedes Mal, wenn es seine Sicherheit einer anderen Macht oder einer Organisation anvertraut, dafür büßen muss.«
Die Außenministerin pflichtete ihr bei. »So wie die das sehen, steht ihnen die UNO bestenfalls verständnislos gegenüber, schlimmstenfalls aber offen feindselig.«
Kennedy bestätigte diese Einschätzung. »Mithin hätten sie der Organisation durch die Ermordung ihres palästinensischen Botschafters in New York zu verstehen gegeben, was sie von ihr halten, und zugleich den Palästinensern unmissverständlich klar gemacht, dass sie bereit sind, deren Brutalität mit gleicher Münze heimzuzahlen.«
Culbertson begriff allmählich. »Ach so – weil die Resolutionen der UNO nie durchgesetzt werden, braucht man sich auch nicht die Mühe zu machen, mit ihr gut auszukommen?«
»Genau«, sagte Berg.
61
Die gepanzerte Mercedes-Limousine in der Langversion hielt vor dem Nordtor zum Westflügel an. Zwei Marineinfanteristen standen zu beiden Seiten des Tors wie Schildwachen vor einem Palast aus früheren Zeiten. Prinz Abdul Bin Asis stieg aus und knöpfte sein Jackett zu, ohne auf die Journalisten zu achten, die ihm vom Rasen auf der anderen Seite der Auffahrt Fragen zuriefen. Der Vetter des saudischen Kronprinzen hatte seine Kefije in der Botschaft gelassen. Eigentlich trug er die traditionelle Tracht seines Volkes nur noch in der Heimat oder zu feierlichen Anlässen.
In den vergangenen vierundfünfzig Jahren hatte sich der Botschafter länger in Amerika als in seiner Heimat aufgehalten, was durchaus angebracht schien, war er doch in der Mayo-Klinik in Rochester im Staat Minnesota zur Welt gekommen. Anfangs hatten ihn Privatlehrer unterrichtet, bis er mit vierzehn Jahren auf die Philips Exeter Academy geschickt worden war, eine exklusive Privatschule in New Hampshire, die ihre Zöglinge auf das College vorbereitet. Anschließend war er nach Harvard gegangen und hatte dort sowohl das Grund als auch das Aufbaustudium absolviert.
Er fühlte sich Amerika eng verbunden. Mehr als alles andere bewunderte er an seinem Gastland die klare Trennung von Kirche und Staat in allem, was mit Fragen der Regierung zu tun hatte. In Saudi-Arabien hatte er gesehen, welchen Schaden Männer mit religiösem Sendungsbewusstsein anrichten konnten. Das machte ihm Angst, und so war es kein Wunder, dass er drei Häuser in Amerika besaß und auch seine Kinder nur selten in die Heimat reisten. Er war fest davon überzeugt, dass er den Sturz des Hauses Saud noch miterleben würde, den eben jene religiösen Fanatiker herbeiführen würden, die über viele Jahre hinweg von seinen Verwandten unterstützt worden waren.
Gleich einem wuchernden Unkraut hatte sich die islamische Sekte der Wahhabiten über das ganze Land und noch darüber hinaus verbreitet. Nicht nur erstickte sie alles fortschrittliche und rationale Denken, sie brachte auch jede abweichende Meinung innerhalb und außerhalb des Glaubens zum Verstummen und verdammte Millionen von Menschen zu einem Glauben, der eher in die Steinzeit als in das 21. Jahrhundert passte.
Und in dieser kritischen
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