Das Kommando
»Scott, du hast den Oberbefehl. Ich möchte Ihnen nicht zu nahe treten, Lieutenant, aber er hat bei diesen Sachen mehr Erfahrung als Sie.«
»Ist schon in Ordnung«, sagte Jackson aufrichtig. Er war nicht so töricht anzunehmen, dass er dem ehemaligen Kommandeur des SEAL-Teams 6 Befehle erteilen könnte, auch wenn dieser nicht mehr im aktiven Dienst war.
Nachdem Wicker die Lage eingehend geschildert hatte und Coleman den beiden anderen mitgeteilt hatte, dass sie demnächst mit Besuch rechnen dürften, machten sie sich zu viert auf den Weg durch den triefnassen Dschungel, um das Lager der Abu Sayyaf in Augenschein zu nehmen. Es dauerte nicht lange, bis die vom Regen völlig durchnässten Gestalten aus der Dunkelheit unmittelbar vor Hacketts und Strobles vorgeschobener Stellung auftauchten. Einzelheiten des Lagers ließen sich selbst von dort aus mittlerweile nur noch mit Hilfe von Nachtsichtgeräten erkennen.
Rapp drückte seine nasse Braue an die Gummimuschel vor dem Okular seines Zielfernrohrs. Was er in Grün-, Grau und Schwarztönen vor sich sah, entsprach ziemlich genau dem Bild vom Lager, das ihm Coleman geschildert hatte: vier baufällige Hütten und zwei große Zelte. Durch Spalten zwischen Wänden und Zeltboden fiel schwacher Lichtschein. Da in den Hütten Laternen brannten, konnte er durch die Fenster in der einen acht und in der anderen neun Terroristen zählen.
Er nahm das Auge vom Zielfernrohr und fragte: »Wo befinden sich die Geiseln?«
Coleman trug eine Nachtsichtbrille. Die weit vorstehende einzelne Linse ließ den Träger wie ein sonderbares Insekt aussehen. »Im rechten Zelt.«
»Ist jemand bei ihnen?«
»Vorhin waren da welche.« Ohne den Blick vom Lager zu nehmen, fragte Coleman den neben ihm liegenden Hackett: »Kevin, wie viele Tangos sind im Zelt bei der Familie?«
Flüsternd gab dieser zur Antwort: »Beim letzten Mal hab ich acht gezählt.«
Coleman gab die Information an Rapp weiter, der sich anhand der Größe des Zelts ein Bild davon zu machen versuchte, wie die Menschen darin verteilt sein konnten. »Beträgt die Gesamtzahl der Gegner nach wie vor sechzig?«
»Vielleicht zwei mehr oder weniger«, gab Coleman zur Antwort.
Rapp sah auf die beiden Zelte und die vier Hütten. Wenn die Zahlen stimmten, die man ihm genannt hatte, wussten sie von fünfundzwanzig der sechzig Terroristen, wo sie sich aufhielten. Damit blieben noch rund fünfunddreißig für das andere Zelt und die beiden übrigen Hütten. Zum Glück sah es so aus, als könne man diese drei Unterkünfte stürmen, ohne dass die Geiseln in die Schusslinie gerieten.
»Was meinst du, Scott?«
Coleman dachte eine Weile nach, bevor er antwortete. Er hatte sich schon den ganzen Tag über einen Plan für ihr Vorgehen zurechtgelegt. »Wir schicken zwei Vierergruppen an jedes Ende des Lagers. Während sich eine das eine Zelt vornimmt und die andere sich um die Hütten kümmert, haut eine Fünfergruppe die Geiseln heraus.«
Rapp rechnete rasch nach. »Dann bleiben aber nur fünf Männer, die uns Feuerschutz geben können.«
»Wenn du Handgranaten in die anderen Unterkünfte werfen willst, könnten wir mehr Leute für den Feuerschutz abstellen. Aber ich vermute, dass dir das nicht recht wäre.«
Rapp runzelte die Stirn. »Das könnte unerwünschte Aufmerksamkeit auf uns lenken.« Bei Einsätzen vermied er grundsätzlich alles, was zu viel Lärm machte.
»Wer soll das bei dem Wetter hören?«, fragte der junge Leutnant, der auf der anderen Seite neben ihm saß. »Wir müssen sowieso ein paar Bäume in die Luft jagen, damit die Hubschrauber landen können.«
Dieser Teil des Plans hatte Rapp von Anfang an missfallen. Etwa vierhundert Meter von ihrem Standort entfernt lag eine Lichtung, von der sie abgeholt werden sollten. Da sie für die Landung von CH-53-Sea - Stallion-Hubschraubern zu klein war, wollte man ein halbes Dutzend Bäume mit Sprengladungen dicht über dem Erdboden zu Fall bringen. Die Explosionen würden auf jeden Fall Aufsehen erregen, ganz gleich, ob ein Unwetter tobte oder nicht.
»Ich würde gern ohne die Granaten auskommen.« Coleman schob seine Nachtsichtbrille hoch und sah Rapp an. »Dann bleibt es also bei fünf Mann für den Feuerschutz.« Der Plan schien Rapp nach wie vor nicht zu behagen. »Du kannst mir vertrauen. Wir stellen zwei Mann als Feuerschutz auf, und die beiden anderen gehen mit einem MG gegen das große Zelt vor. Außerdem bin ich noch mit Kevin und Slick Wicker hier oben. Die beiden haben
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