Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das kommt davon, wenn man verreist

Das kommt davon, wenn man verreist

Titel: Das kommt davon, wenn man verreist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Noack
Vom Netzwerk:
88?« wollte Pepe wissen.
    Bob grinste. »Viele Küsse und Liebe.«
    »Halten Sie mal Ihr Profil still«, forderte
Rieke und zog einen unter ihrem Sitz verstauten Zeichenblock auf ihre Knie.
    »Warum?«
    »AUF DIESER ETAPPE IST ES AUFGABE DES
BEIFAHRERS, EIN PROFILBILD VOM FAHRER ZU ERSTELLEN!«
    »Na denn...«
     
    Diese Aufgabe gab Friederike Gelegenheit, Bob
Taschner ungeniert und — Zug für Zug zu studieren. Sie fing bei seinem starken,
mahagoniroten Haar an. Die gerade Stirn geriet ihr so verbeult wie eine
Musikerstirn, das lag an den Unebenheiten der Straße. Auch bei seiner leicht
gebogenen, kurzen Nase rutschte der Stift ins Willkürliche.
    Nun hatte er einen Himmelfahrtszinken. »Das
Schwerste ist für mich immer der Abstand zwischen Nase und Mund«, sagte Rieke.
»Sie haben übrigens einen interessanten Mund.«
    »Das hat mir Vera auch gesagt.«
    »Aber schwierig.«
    »Das hat sie nicht gesagt.«
    »Vera hat Sie auch nicht malen müssen. So. Jetzt
kommt das Kinn. Das Kinn, sag ich! Wie soll ich seine Form erkennen, wenn Sie
immer nach rechts schauen!?«
    »Weil das, was von rechts kommt, Vorfahrt hat«,
schimpfte Bob.
    Schließlich war er nicht nur das unfreiwillige
Modell einer Samstagsmalerin, sondern auch noch Fahrer dieses Autos. Er hatte
Verantwortungen.
    »Nimm deine Sonnenbrille ab«, sagte Pepe, der
mit den Ellbogen über den Vordersitzen hing und zusah. »Lassen Sie sie drauf!
Je mehr Brille, je weniger Auge muß ich malen. Jetzt noch die Sommersprossen —
Sommersprossen kann ich gut«, lobte sich Rieke.
    »Da vorn ist was passiert«, sagte Bob und zeigte
auf Norbert Hagedorns Auto, das mit offenen Wagentüren an einem Chausseebaum
lehnte.
    Norbert selbst lag seitlich auf dem Boden, Dagy
Scholz kniete über ihm.
    Beim Näherkommen sahen sie, daß Norberts Kopf
nicht auf dem Boden, sondern auf einem Bogen Packpapier ruhte, auf dem Dagy mit
einem dicken Konturenstift sein Profil nachzog. Dies geschah unter
gegenseitigem Angiften und Fluchen.
    Norbertl wurde sich seiner lächerlichen Position
erst so recht bewußt, als sich Rieke, Bob, Pepe interessiert über ihn beugten
und Plumpsack in sein Ohr hineinschnupperte.
    »Hau ab —«, damit meinte er nicht nur den Hund.
»Momenterl noch!« beschwor ihn Dagy und fuhr mit dem Stift an seiner Gurgel
entlang. Anschließend richtete sie sich zufrieden auf. »Itza!« Das Werk war
vollendet.
    Er schoß in die Höhe wie ein Roß, das man an
sensibler Örtlichkeit mit Pfeffer gezündet hat, und klopfte sich den
Straßenstaub von den Hosen.
    Die anderen studierten inzwischen sein
überlebensgroßes, plumpes Profilbild.
    Bob sagte: »Kennt ihr die TV-Serie von
>Herbie, dem Monstrum?< Ja? Kennt ihr die?«
    Mit dieser Bemerkung hatte er sich Norbert
Hagedorn zum Feind gemacht. Aber Norbert sollte nicht mehr dazu kommen, sich
gebührend an Bob zu rächen...
     
    Kaiser-Wilhelm- und Bismarcktürme, von
vaterländischen Vereinen um die Jahrhundertwende erstellt, haben etwas
gemeinsam: einen trüben Baustil und eine wunderschöne Aussicht.
    Auf der Galerie des Bismarckturms oberhalb des
Starnberger Sees fand das Wiedersehen zwischen den beiden Leidenschaftern
statt. Bob machte mit Vera 88, Vera fütterte ihn mit Knubberkirschen, und Pepe
bewegte sich in taktvollem Abstand um das Liebesglück herum. Es interessierte
ihn sehr, wie das Mädchen aussah, für das sich sein Bruder zum Trottel machte.
Vorhin bei der Vorstellung hatte er kaum auf sie geachtet gehabt.
    Indessen lieferte Rieke beim Streckenposten Paul
ihren ausgefüllten zweiten Etappenzettel ab, die Amöbenbrühe und das
eindrucksvolle Profilbild von Bob Taschner. Neben Paul saß Sixten auf der
Steinbank und legte einen neuen Film ein.
    »Na? Wie geht’s mit den beiden?« fragte er
Rieke. »Viel besser, als ich befürchtet habe.«
    »Aber erst mußt du immer meckern und mich
beschimpfen«, sagte Sixten. »Wie ist denn der komische Bruder?«
    »Ein Glücksfall. Er denkt für uns!«
    Teams fuhren weiter, immer neue trafen ein,
durstig, verschwitzt und sichtbar verwildernd, aber mit einem Riesenmundwerk,
das die Ausflügler aus den Baumschatten der umliegenden Wiesen auf die
Turmgalerie lockte. Mancher Dichter wäre selig, wenn zu seinem Vortragsabend so
viel Publikum erschiene wie hier auf dem Bismarckturm zum Aufsagen
selbstgemachter Verse.
    Riekes kräftiges Organ war vor Verlegenheit fast
unhörbar. Alle brüllten: »Lauter.« Sixten knipste, Pepe und Bussi Laube machten
Faxen in ihre Richtung, Bob Taschner,

Weitere Kostenlose Bücher