Das Komplott der Senatoren (German Edition)
in den Schoss ihrer Familie geflüchtet. Sie saß am Tisch des Senators aus Illinois, zwischen Neill und ihrer Mu t ter Myra. Eine Bilderbuchfamilie, dachte er spöttisch und gleichzeitig ein wenig wehmütig. In seiner Familie hatte es eine solche Idylle nie gegeben. Irgendwie lebte jeder sein eigenes Leben in seiner eigenen Welt. Manchmal hatte er das Gefühl, die Eltern und er hätten sich nur zufällig getroffen und eine Weile im gleichen Haus g e wohnt. Es war Zeit, sich zu seiner neuen Familie zu gesellen. Er entschuldigte sich bei der Gouverneurin und wollte sich erheben, als sie ihn zurückhielt. Sie zeigte auf einen kultivierten Herrn mit feinen Zügen und angegrauten Schläfen, der neben ihr stand und sagte:
»Nur einen Augenblick noch, Mr. O’Sullivan. Ich möchte Sie kurz Mr. Leblanc hier vorste l len. Er ist CEO von Mamot SA.« Mehr brauchte sie nicht zu sagen. Jedes Kind kannte den Nahrungsmittelkonzern Mamot, einen der größten der Welt. Das war er also, Maurice Leblanc, Franzose oder Schweizer, einer der mächtigsten Wirtschaft s bosse. Sein Konzern kontrollierte unter anderem fast jedes Wasserloch, füllte das kostbare Trinkwasser in Flaschen ab und vertrieb es rund um die Welt. Allein mit dem Wassergeschäft erzielte Mamot Milliardenumsätze. Lee kannte sich aus auf di e sem Gebiet, denn in gewisser Weise war seine Firma mit den Entsalzungsanlagen eine, wenn auch unbedeutende, Konkurrentin. Ich werde dir das Wasser abgraben, dachte er böse, wechselte ein paar nette Worte mit Leblanc und schlenderte zum Tisch des Senators.
»... disruptive, was soll das? Eine Abbruchfirma? DT, ich bitte dich! Klingt eher nach Inse k tenvertilger als nach Hightech«, hörte er Neill zu seiner Tochter lästern, als er sich näherte.
»Abbruchfirma ist eine gute Bezeichnung, Neill«, lächelte er, zog einen verwaisten Stuhl heran und setzte sich neben Anna an den illustren Tisch. »Wir räumen nämlich auf mit vera l teten Technologien und ersetzen sie durch Sinnvolleres.«
»Er hat es nicht so gemeint, Lee«, versuchte seine zukünftige Schwiegermutter zu schlichten.
»Schon O. K., Myra, ich bin es gewohnt, dass man meine Arbeit nicht versteht«, und zu Neill gewandt fuhr er fort: »vielleicht solltest du unser Projekt in Kerala besuchen, das wäre gutes Anschauungsmaterial.«
Der Senator rümpfte die Nase. »Indien?«, sagte er schaudernd. »Ich glaube, ich ve r stehe ganz gut, was ihr treibt, aber das sind doch alles ganz kleine Fische. Das große Geld liegt hier, zum Beispiel dort drüben am Tisch der ›Big Coal‹. Der Glatzkopf, der sich gerade den Mund fu s selig redet ist Ken Holden, Chef von Clearwater Power. Der könnte kostensparende, neue Technologie gebrauchen. Ihr könntet etwas für die U m welt tun und erst noch unanständig reich werden dabei.« Es war nicht das erste Mal, dass er solche Vorschläge hörte. Auch sein Vater hatte nicht mit ähnlichen Komme n taren gespart, aber auf diesem Ohr war er taub. Die Kohlekraftwerke hatten keinen Platz in seiner Welt. Diese Dreckschleudern musste man ohne wenn und aber einfach schließen. Mit oder ohne Hightech: es existierte keine saubere Kohle. Er hatte keine Lust, die Diskussion zu vertiefen, gab Anna einen Wink, und sie zogen sich auf die Terrasse zurück, um sich eine Weile ungestört zu unterhalten.
»Auch wenn du es nicht glauben wirst, Lee, aber du bist genau der gleiche Dic k schädel wie dein Vater«, sagte Anna halb lachend, halb tadelnd.
»Also habe ich doch noch eine positive Eigenschaft geerbt.«
Sie schaute ihn eine Weile nachdenklich an, dann murmelte sie: »Es ist schon traurig, weißt du.«
»Was meinst du?«
»Es braucht einen tragischen Todesfall, damit wir uns wieder einmal länger als zwei Stunden sehen.« Er nickte schweigend. Sie sprach nur aus, was ihn schon den ganzen Tag beschäftigte. »Und bald wirst du längere Zeit ganz weg sein.«
»Einen Monat«, sagte er leise, wie zu sich selbst. Er hoffte, sie würde die gefürchtete Frage nicht stellen, vergeblich.
»Wie soll es nur mit uns weitergehen?« Er nahm sie in die Arme und küsste sie zärtlich auf die Stirn. Antwort wusste er keine.
Library of Congress, Washington DC
»A faier sol im trefn!«, schimpfte Jerry außer sich und knallte das Buch auf den Tisch. Je r emy Glickman musste sich schon sehr echauffieren, bis er das einem Buch antat, aber erstens war dieser hanebüchene Bericht über den
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