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Das Komplott der Senatoren (German Edition)

Das Komplott der Senatoren (German Edition)

Titel: Das Komplott der Senatoren (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansjörg Anderegg
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Selbsterfahrungstrip des Hinterbänklers Lindsay in den Appalachen kein richtiges Buch und zweitens war das neue Katalogsystem soeben zum dritten Mal ausgestiegen an diesem Freitag.
     
    »Immer mit der Ruhe, Jerry, die Ferien stehen vor der Tür«, rief ein junger Kollege, der schnelle Paul, hinter seinem Pendenzenberg.
     
    »Eben, das ist es ja. Heute muss unbedingt zeitig Feierabend sein, ich kann Sarah nicht en t täuschen. Mit dem neuen System kommt man nicht vom Fleck. A schand ist das. Rückgaben dauern viermal so lange wie früher. Habe ich recht oder habe ich recht?« Bald würde er ein trauriges Jubiläum feiern können: das zehnte neue Katalo g system. Diese Katastrophe war schon das neunte in seiner langen Karriere an der ehrwürdigen Library of Congress. Wie zu jedem Ferienbeginn hatte er seine Tochter zu einem festlichen Schmaus in seine Dachwo h nung eingeladen. Wie jedes Mal würde Sarah ihre kleine Buchhandlung in Adams-Morgan ausgerechnet am Freit a gabend, wenn die meisten Kunden kamen, frühzeitig schließen, um ihrem alten Vater Gesellschaft zu leisten. Nein, heute durfte er sich unmöglich verspäten, schon gar nicht wegen eines mangelhaften Computerprogramms.
     
    »Kaffee?«, fragte Paul, der schon an der Tür wartete.
     
    »A Schnaps könnte ich jetzt vertragen.« Mit einem bekümmerten Blick auf den Stapel Bücher, der noch bearbeitet werden musste, erhob er sich und schlurfte hinter Paul her zu den Aufzügen. Wenigstens war er bisher von den meisten Reorganis a tionen verschont geblieben, hatte nicht andauernd umziehen müssen, sondern thronte nun schon fünfzehn Jahre in seinem Penthouse-Büro im fünften Stock des John A d ams Building.
     
    Schweigend fuhren sie zur Cafeteria hinunter. Nicht weniger als ein halbes Dutzend weitere Angestellte der Bibliothek machten mehr oder weniger gelangweilt Zwan g spause an den Tischen. Jerry sah auf die Uhr und brummte:
     
    »Um fünf bin ich draußen, das schwöre ich.«
     
    »Guter Vorsatz«, lachte Paul. »Die Bücher warten schon, bis du wieder zurück bist. Zwei Wochen, mein lieber Schwan, was machst du nur so lange ohne uns?« Ein fast schon ver k lärtes Lächeln umspielte seinen Mund, als er an die bevorstehende Reise dachte.
     
    »Ich werde mich bestimmt nicht langweilen«, antwortete er.
     
    »Wohin geht’s denn?«
     
    »In den Süden, Santa Fe und Kalifornien.«
     
    »Route 66?« Paul war ehrlich überrascht.
     
    »Nicht so, wie du denkst. Mit dem Zug.«
     
    »Gute Nacht!«
     
    »Ganz recht, mein Junge. Nach St. Louis und dann im feudalen Schlafwagen des Southwest Chief nach Westen. In Lamy unterbreche ich die Fahrt und sehe mir die Kunst in Santa Fe an.«
     
    »Cool. Ein Glück, dass das Klima wieder besser geworden ist da unten.«
     
    »Klima? Was meinst du damit?«
     
    »Liest du keine Zeitungen?«, wunderte sich Paul, dann schlug er sich an die Stirn. »Ach so, dumm von mir, ich vergesse es immer wieder. Ihr Humanisten lest ja nur das Feuilleton.«
     
    »Was ist mit dem Klima?«, fragte Jerry ungerührt, während er wieder auf die Uhr schaute.
     
    »Die Durchschnittstemperatur ist in den letzten Jahren kontinuierlich zurückgega n gen. Sogar in Arizona gibt es neuerdings längere Perioden unter hundert im So m mer.«
     
    »Hört sich gut an«, sagte er abwesend und stand auf. Er musste zurück an die Arbeit. Wenn die Techniker nicht geschlafen hatten, sollte das System inzwischen wieder hochgefahren sein.
     
    Ohne aufzublicken widmete er sich den letzten Büchern des Stapels, freute sich über jede Eingabe bei der keine Fehlermeldung auf dem Bildschirm erschien. Noch zehn Minuten und noch ein Buch. Das war zu schaffen. Er klappte den Deckel des Wälzers auf und stutzte. Die Abhandlung über den Klimawandel war fünf Jahre überfällig. Ein Spezialfall, auch das noch. »A schand ist es, a schand«, grantelte er verärgert, doch als er die Adresse des Kunden sah, hellte sich seine Miene auf. Ein Senator, der durfte sich so etwas natürlich ohne Konseque n zen erlauben. Rasch tippte er die notwendigen Angaben in die Tastatur und meldete sich beim widerspenstigen System ab. Zum let z ten Mal für zwei Wochen. Er atmete auf. Bevor er das Buch zur Ablage weitergab, hob er es auf und ließ die Seiten mit geübtem Griff über seinen Daumen gleiten, um sicher zu gehen, dass nichts im Buch steckte, was nicht hinein gehörte. Laien machten sich keine Vorstellung davon, was die Leute alles zwischen Buchseiten steckten. Fotos,

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