Das Komplott der Senatoren (German Edition)
Mangelware ist«, warf Lee ein, und er verstand die Bemerkung keineswegs als Scherz. Es gab genug Scharlatane, die Bücher über die Folgen des Klimawandels publizierten, ohne sich im Geringsten um die physikalischen Zusammenhänge zu kümmern. Leute, die einfach mit einem populären Stichwort ihr Schä f chen ins Trockene bringen wollten, oder, schlimmer, von gewissenlosen Lobbyisten gesteuert wurden. »Im Grunde genommen kennt ni e mand die wahre Ursache der zunehmenden Troc k enheit, die man in den letzten Jahren auch hier in den Staaten beobachtet. Jeder, der etwas anderes behauptet, weiß entweder nicht, wovon er spricht, oder er will die Leute gezielt m a nipulieren. Damit will ich nicht sagen, dass die Ursachenforschung versagt hat oder unnötig ist. Die Wissenschaft ist einfach noch nicht so weit. Die Klimamodelle sind immer noch viel zu grob. Wir kennen lange nicht alle Parameter und Zusammenhänge, um zu b e greifen, was in den verschiedenen Schichten der Atmosphäre vor sich geht, ganz zu schweigen von den Vorgängen in den Weltmeeren und ihrem Einfluss auf das Klima. Tausende renommierter Wissenschaftler im Weltklimarat sammeln seit Jahrzehnten Erkenntnisse aus der Klimafo r schung, und sie verstehen die Schwächen und Grenzen ihrer Modelle.« Mit einem Seitenblick auf den skeptisch grinsenden Anwalt gegenüber fügte er schnell hinzu: »Und durch die enormen Fortschritte der Co m putertechnik sind wir heute weit besser in der Lage als noch vor wenigen Jahren, die Ungenauigkeiten abzuschätzen. Man sollte daher nicht den Fehler gewi s ser Politiker und Lobbyisten begehen, die gesicherten Erkenntnisse einfach zu ignorieren oder zu leugnen, nur weil wir noch nicht alles begriffen haben. Wir wissen viel, aber immer noch viel zu wenig, leider.«
»Die beste Motivation für euch Forscher, nicht wahr?«, lächelte Lucy.
»So ist es. Wie fast immer in der Wissenschaft muss man sich in kleinen Schritten dem Ziel nähern, Voraussetzungen und Konsequenzen von Modellen und Beobac h tungen ausloten und eben auch unkonventionelle Wege beschreiten.« Anna hatte sich inzwischen an einen anderen Tisch zurückgezogen und Lee bemerkte, dass er zu do z ieren begann, wie sie angedeutet hatte. Leicht errötend entschuldigte er sich: »Tut mir leid, ich rede zuviel.«
»Ganz und gar nicht.« Die Gouverneurin schien eine gute Zuhörerin zu sein. »Wenn ich Sie richtig verstehe, wird es noch lange Zeit dauern, bis konkrete Gegenmaßna h men in Sicht sind?«
»Gegen die zunehmende Trockenheit, meinen Sie?« Sie nickte. »Ja und nein«, fuhr er fort. »Wir sehen zwar noch nicht, wie die Ursachen zu bekämpfen sind, im Gegensatz zum Kampf gegen die Erwärmung, wo man das CO2 als wichtigen Bösewicht en t larvt hat. Wobei man, nebenbei bemerkt, andere Treibhausgase wie Methan üblicherweise vergisst. Nein, die Urs a che der Trockenheit bleibt ein Rätsel, aber wir können und müssen natürlich die Folgen bekämpfen.«
»Und da kommt Ihre Firma ins Spiel, wie ich vermute«, lächelte sie.
»Ja, eines unserer aktuellen Projekte geht gerade jetzt in die entscheidende Phase. Wir haben ein völlig neuartiges Verfahren zur Entsalzung von Meerwasser entwickelt, das nur einen Bruchteil der Energie konventioneller Anlagen benötigt. Schade, dass Ihr Staat keine Küste hat, sonst könnten wir unsere Technologie hier einsetzen und müssten den Pilotversuch nicht in Indien durchführen.«
»Indien?« Er nickte.
»Mit einem großen Projekt im Bundesstaat Kerala wollen wir die Machbarkeit beweisen.«
»Faszinierend. Ich kann mir vorstellen, welcher Segen eine solche Technologie für viele Küstenregionen wäre.« Die Frau war in Ordnung, aber warum hatte sie nur diesen win d schlüpfrigen Advokaten geheiratet? Mehr von ihrer Sorte könnte seine Meinung über die Politiker in diesem Land durchaus positiv beeinflussen. Durch die angeregte Unterhaltung hatte er das Steak auf seinem Teller ganz vergessen. Als er zum Messer griff, entschuldigte sich Lucy unvermittelt: »Nun ist Ihr Steak kalt. Tut mir leid, dass ich Sie vom Essen abgeha l ten habe.« Mit einem Blick auf ihren Teller schmunzelte er:
»Gleichfalls. Lassen Sie sich’s schmecken.« Er aß ein paar Bissen und legte dann Messer und Gabel weg. Am Essen war nichts auszusetzen, aber auf solchen Gesel l schaften fühlte er sich nie richtig wohl, und das dämpfte seinen Appetit. Überdies hätte er sich gerne mit Anna unterhalten, aber sie war
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