Das Komplott (German Edition)
Bücherregale aus Zedernholz, die mit dicken Jurabüchern vollgestopft waren. In der Mitte der Regale gab es eine Geheimtür: Eines der Regale ließ sich aufklappen, und dahinter war der Safe versteckt. Am Tatort war er knapp einen Meter aus der Wand herausgezogen und dann leer geräumt worden.
Der Safe aus Metall und Blei war auf vier zwölf Zentimeter große Räder montiert. Er war von der Vulcan Safe Company in Kenosha, Wisconsin, hergestellt und über einen Onlineshop an Richter Fawcett verkauft worden. Der Beschreibung zufolge war er hundertfünfzehn Zentimeter hoch, neunzig Zentimeter breit, einen Meter tief, hatte ein Fassungsvermögen von zweihundertfünfzig Litern, wog zweihundertdreißig Kilo, wurde für zweitausendeinhundert Dollar verkauft und war – wenn er ordnungsgemäß verschlossen war – hitzebeständig, wasserdicht und einbruchsicher. Zum Öffnen des Safes musste auf einer Tastatur an der Tür ein sechsstelliger Code eingegeben werden.
Warum ein Bundesrichter, der hundertvierundsiebzigtausend Dollar im Jahr verdiente, einen derart gesicherten und versteckten Geldschrank zur Aufbewahrung seiner Wertsachen brauchte, war dem FBI ein Rätsel. Zum Zeitpunkt seines Todes hatte Richter Fawcett fünfzehntausend Dollar auf einem Girokonto, sechzigtausend Dollar auf einem Sparkonto, das weniger als ein Prozent Zinsen im Jahr brachte, einunddreißigtausend Dollar in einem Anleihefonds und siebenundvierzigtausend Dollar in einem Anlagefonds, der seit fast einem Jahrzehnt schlechter als der Markt abgeschnitten hatte. Außerdem besaß er einen Rentenplan und die zahlreichen Arbeitgeberleistungen für Spitzenbeamte auf Bundesebene. Schulden waren praktisch keine vorhanden, sodass er unterm Strich ein recht ordentliches Polster besaß. Die beste Altersversorgung war jedoch sein Job. Da die Verfassung vorsah, dass Bundesrichter bis zu ihrem Tod im Amt bleiben konnten, würde sein Gehalt bis dahin weiterlaufen.
Mrs. Fawcetts Familie besaß eine ganze Zugladung voll Bankaktien, doch der Richter hatte es nie geschafft, auch nur in ihre Nähe zu kommen. Und da er sich von seiner Frau getrennt hatte, waren sie unerreichbar für ihn. Er hatte sein Auskommen, war aber alles andere als reich und nicht der Typ, der einen verborgenen Safe brauchte, um seinen Sparstrumpf zu verstecken.
Was war in dem Safe? Oder direkt gefragt: Weshalb ist der Richter umgebracht worden? Bei der Vernehmung von Familie und Freunden sollte sich herausstellen, dass er keine teuren Hobbys hatte, er sammelte weder Goldmünzen noch seltene Diamanten noch sonst etwas, das derartige Sicherheitsmaßnahmen erforderte. Bis auf eine beeindruckende Baseballkarten-Sammlung aus seiner Jugendzeit gab es keinerlei Hinweise darauf, dass der Richter ein Sammler war.
Die Blockhütte lag so versteckt in den Bergen, dass sie fast nicht zu finden war, und war auf allen Seiten von einer überdachten Veranda umgeben, von der aus man weder andere Menschen noch Fahrzeuge, Hütten, Häuser, Schuppen oder Boote sehen konnte. Völlige Abgeschiedenheit. Im Keller fand das FBI ein Kajak und ein Kanu. Der Richter war bekannt dafür, dass er viele Stunden auf dem See verbrachte, in denen er angelte, seinen Gedanken nachhing und Zigarren rauchte. Er war ein ruhiger Typ, nicht einsam oder schüchtern, aber ein Kopfmensch und ernst.
Für das FBI war es nur zu offensichtlich, dass es keine Zeugen gab, weil im Umkreis von mehreren Kilometern keine anderen Menschen lebten. Die Blockhütte war der ideale Ort, um jemanden zu töten und sich anschließend so weit wie möglich vom Tatort zu entfernen, bevor das Verbrechen entdeckt wurde. Schon bei ihrer Ankunft wussten die Ermittlungsbeamten, dass sie bei diesem Fall weit hinterherhinkten. Und es wurde noch schlimmer. Es gab keine Finger- oder Fußabdrücke, Faserspuren, Haarfollikel oder Reifenspuren, die ihnen weitere Hinweise liefern konnten. Die Blockhütte war nicht mit einer Alarmanlage gesichert und auch nicht mit Überwachungskameras ausgestattet. Warum auch? Der nächste Polizist war eine halbe Stunde Fahrt entfernt, und selbst wenn es dem Richter gelungen wäre, das Revier zu finden, was hätte er dort tun sollen? Bis dahin wäre selbst ein gehirnamputierter Einbrecher längst verschwunden gewesen.
Drei Tage lang sahen sich die Ermittler jeden Zentimeter der Hütte und der sechzehntausend Quadratmeter in der Nähe an. Sie fanden nichts. Die Tatsache, dass der Mord so umsichtig und methodisch ausgeführt worden war,
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