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Das Krähenweib

Das Krähenweib

Titel: Das Krähenweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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kann nicht. Sobald die Stadttore geöffnet werden, gehe ich.«
    »Und wo wollt Ihr hin?«
    »Ins Sachsenland vielleicht. Dort kennt mich niemand.«
    Seraphim schnaufte unwillig. Es war Wahnsinn, was sie vorhatte. Doch zurückhalten konnte er sie nicht.
    »Also gut. Wenn es sein muss, dann tut mir wenigstens einen Gefallen und geht nach Berlin. Es ist eine große Stadt und sie ist nicht weit von hier entfernt. Solange ihr dort niemandem erzählt, dass Euer Gatte ein Henkersknecht ist, und niemand Eure Wunden sieht, wird man euch nicht verurteilen oder vertreiben.« Seraphim legte ihr erneut die Hand auf die Schulter. »Es tut mir wirklich leid. Lasst mich Euch bei Tagesanbruch nach Berlin bringen. Mit Pferd und Wagen geht es schneller, als zu Fuß. Ihr könnt Euch ausruhen und wir können auch ein bisschen Proviant mitnehmen.«
    »Das kann ich nicht von Euch verlangen!«
    »Aber ich kann das für Euch tun!« Seraphim atmete tief durch, dann setzte er hinzu: »Ich ertrage es nicht, wenn Menschen Leid zugefügt wird. Das ist vielleicht eine meiner Schwächen, aber dazu stehe ich. Lasst mich Euch ein letztes Mal helfen.«
    Gerührt von den Worten des Händlers brachte Annalena nun wieder ein Lächeln zustande.
    Seraphim nahm es als Einverständnis. »Geht nach oben und schlaft. Wir brechen morgen in der Früh auf.«
    Damit kehrte er ins Haus zurück.

5. Kapitel
    B ei Sonnenaufgang rollte das Fuhrwerk vom Hof des Kontors. Annalena saß in eine Decke gehüllt neben Seraphim auf dem Kutschbock. Maria schlief noch und wusste nichts von diesem Unternehmen, aber wahrscheinlich würde sie froh sein, wenn der unliebsame Gast fort war.
    Nachdem sie das Stadttor passiert hatten, folgten sie der staubigen Straße in Richtung Süden. Als die Sonne ihren mittäglichen Zenit überschritt, brachte Seraphim seinen Wagen kurz zum Stehen und deutete nach vorn. »Dort seht Ihr die Städte Cölln und Berlin, die Schwestern an der Spree. In Cölln residiert König Friedrich. Berlin ist aber nicht weniger bedeutend.«
    Annalena konnte einige Kirchtürme ausmachen, die hoch in den Himmel ragten, und man konnte sogar schon ihren morgendlichen Glockenschlag vernehmen. Sie bog den Rücken durch und reckte sich. Ihre Glieder fühlten sich vom Sitzen steif an, doch sie war froh, dass sie das Angebot des Händlers nicht ausgeschlagen hatte. Auf der Ladefläche des Wagens lag ein Tuch mit dem versprochenen Proviant, der mehrere Tage reichen würde, und anstatt ihre Zeit auf dem Weg zu verschwenden, konnte sie nun gleich mit der Suche nach einer Anstellung beginnen.
    »Das Oranienburger Schloss, das Ihr vorhin gesehen habt, war früher mal das Hauptschloss seiner Majestät, aber mittlerweile residiert er häufiger in Cölln«, fuhr Seraphim fort. »Er ist ein großer Bauherr und ein Freund der Künste, ich habe ihm schon etliche Male Porzellan und Möbel verkauft. Er hat große Kabinette in seinen Schlössern eingerichtet, in denen er all diese Dinge aufbewahrt.«
    Bei dem Versuch, sich das Innere des Schlosses vorzustellen, schwirrte Annalena der Kopf. »Was ist Porzellan?«, fragte sie schließlich, denn das Wort klang nach etwas sehr Kostbarem.
    »Es ist ein Stoff, aus dem man Teller, Tassen und Figuren formen kann«, antwortete der Händler. »Es ist unerhört wertvoll, denn allein die Chinesen wissen, wie man es herstellt. Ihr Kaiser hat seinen Untertanen unter Androhung der Todesstrafe verboten, das Geheimnis an Kaufleute außerhalb des Landes weiterzugeben. Spione, die es herausfinden wollten, wurden grausam hingerichtet.«
    »Kann man dieses Porzellan denn nicht nachbilden?«
    »Bisher ist es keinem gelungen. Der Mann, der es vollbringt, wird von dem König, dem er dieses Wissen verkauft, sicher zum ersten Minister, ja wenn nicht sogar zum Thronfolger erhoben.«
    »Oder er wird ins Verderben gerissen«, setzte Annalena nach einem Moment nachdenklich hinzu.
    »Wie kommt Ihr denn darauf?«, fragte der Händler verwundert.
    »Nun, wenn schon der Kaiser der Chinesen nicht erlaubt, dass das Geheimnis aus dem Land gebracht wird, dann wird wohl auch ein hiesiger König versuchen, einen Porzellanmacher einzusperren.«
    Der Händler blickte sie erstaunt an. »Ihr habt Verstand, das muss ich Euch lassen. Natürlich wird er das tun. Wenn ich es recht bedenke, war mein Gedanke närrisch. Auch unser König würde danach trachten, einen Porzellanmacher bei sich zu behalten. Entweder mit Fesseln aus Seide oder aus Eisen.«
    Schließlich rumpelte der Wagen

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