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Das Krähenweib

Das Krähenweib

Titel: Das Krähenweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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hochmütige Miene auf, doch innerlich zitterte er wie Espenlaub.
    »Himmel, der Bursche ist ja noch ein halbes Kind!«, rief einer der Herren aus. Johann erkannte ihn als den Geheimrat von Haugwitz, der mit Zorn bekannt war und des Öfteren einen Boten in die Offizin schickte. Außerdem erkannte Johann den Münzmeister der Stadt, den Pfarrer Johann Josef Winkler und Zorns Schwiegersohn Porst, der ebenfalls ein Geistlicher war. Vielleicht glaubte Zorn wirklich, dass sich der Teufel während der Transmutation in seine Apotheke einschleichen wollte. Schließlich kam auch Ursula Zorn hinzu. Die Apothekersgattin mochte sich weitestgehend aus den Geschäften ihres Gatten heraushalten, aber sie war weithin für ihr gutes Urteilsvermögen bekannt. Wie immer trug sie ihr braunes Haar züchtig zusammengenommen unter einer Haube, ihr Kleid wirkte ebenfalls, als wollte sie sich zum Kirchgang begeben. Unter ihrem Arm konnte Johann eine Bibel sehen. Anscheinend waren sich die Eheleute einig in ihrer Überzeugung, dass in dieser Nacht der Leibhaftige zum Tanz bat.
    »Da jetzt alle versammelt sind, können wir wohl beginnen«, sagte Zorn und nickte Johann zu.
    Der Goldmacher ging voran ins Laboratorium, wo von Schrader bereits das Feuer geschürt wurde. Die Flammen warfen zuckende Schatten an die Wände und verliehen dem Ort etwas Unheimliches, das die Hereinkommenden sofort enger zusammenrücken ließ.
    Die Kameraden blickten sich an und nickten sich rasch zu. Schrader war allerdings ahnungslos, was Johanns Vorkehrungen betraf. Da wollte er ihn nicht mit hineinziehen.
    Während die Besucher und das Apothekerpaar um die Esse Aufstellung nahmen, trat Johann zu Schrader. Der Schatten der beiden Männer verschmolz dabei zu einem schimärenhaften Wesen, was den Pfarrer zu dem Ausruf veranlasste: »Er wirkt wie der leibhaftige Teufel!«
    Zorns Schwiegersohn pflichtete ihm bei, und als Johann einen Blick zur Seite warf, konnte er beobachten, wie sich Ursula Zorns Hände fester um die Bibel krampften. Dass der Teufel die Hände ganz sicher nicht im Spiel haben würde, wagte er ihnen nicht zu sagen. Vielleicht war es sogar gut, dass sie sich fürchteten. Umso leichter würde er es bei der Ausführung seines Plans haben.
    Während die Augen der Anwesenden gespannt und gleichzeitig furchtsam auf ihm lagen, holte er seine Phiole mit den funkelnden roten Kristallen hervor und hielt sie in die Höhe. »Das ist der Stein der Weisen«, verkündete er. »Mit seiner Hilfe werde ich Euch vorführen, wie man unedles Metall in edles verwandeln kann.«
    »Nun denn, fang an!«, sagte Zorn, worauf Johann den Schmelztiegel in den Ofen stellte.
    »Wenn es Euch recht ist, Meister, würdet Ihr mir ein wenig Blei reichen?«
    Zorn nickte, trat dann vor und holte aus einem großen Glas einige Streifen eines Metalls.
    »Woher sollen wir wissen, dass der Bursche das Blei nicht vorher präpariert hat?«, rief Pfarrer Winkler plötzlich. Offenbar schien er mittlerweile Herr seiner Furcht geworden zu sein. »Wenn er aus Blei Gold machen kann, dann wohl auch aus ein paar Münzen.«
    Zorn blickte zu Johann, und dieser nickte. »Meinetwegen, wenn Ihr dadurch mehr Vertrauen habt, so verwandle ich auch Eure Münzen.«
    Die anwesenden Herren zückten nun alle ihre Geldbeutel und übergaben dem Apotheker ein paar Münzen.
    »Damit Ihr seht, dass alles mit rechten Dingen zugeht, bitte ich Euch, Meister, die Münzen in den Tiegel zu werfen.«
    Ein leises Raunen ging durch den Raum. Zorn griff schweigend nach einer langen Zange und gab die Münzen nacheinander in die schmale Öffnung des im Feuer stehenden Tiegels. Es ertönte ein leises Klirren, dann lösten sich die Münzen auf. Durch den engen Hals des Tiegels konnte man unmöglich auf den Grund schauen, aber Johann wusste, was in dem Gefäß vor sich ging. Niemand, auch nicht Zorn, ahnte etwas von seiner List.
    »Ich werde den Blasebalg anstelle des Burschen da betätigen!«, erbot sich Winkler nun und trat ebenfalls vor.
    »Wohlan, dann bedient den Balg und macht mehr Feuer, sonst fürchte ich, erstarren die Münzen wieder, bevor ich sie tingieren kann.«
    Dem Pfarrer perlte der Schweiß immer stärker vom Gesicht, je länger er den Blasebalg betätigte. Die Flammen züngelten nun aus dem Ofen heraus, und nachdem er noch eine Weile gewartet hatte, griff Johann mit einer theatralischen Geste nach seiner Phiole. Das Feuer war nun so stark, dass es selbst den roten Glanz der Kristalle mit einem gelben Schein überdeckte.

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