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Das Krähenweib

Das Krähenweib

Titel: Das Krähenweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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Selbst das Blei in dem großen Glas wirkte wie vergoldet durch das grelle Licht.
    »Meister, wenn Ihr die Güte hättet, das hier in etwas Wachs einzukneten«, sagte er untertänig zu Zorn und bedeutete ihm dann, die Hand aufzuhalten. Obwohl er seine Haut kaum berührte, als er ihm ein paar rote Körnchen auf die Hand schüttete, spürte Johann, dass ein Zittern durch den Körper des Apothekers rann.
    Zorn betrachtete sie in einer Mischung aus Ehrfurcht und Unglauben, dann griff er kopfschüttelnd nach einem Stück Wachs und drückte die Körnchen hinein.
    Als er Johann den Klumpen zurückgeben wollte, schüttelte dieser den Kopf. »Wenn Ihr mir die Ehre erweisen und das Arkanum selbst in den Tiegel geben würdet? Dann wäre erwiesen, dass es hier mit rechten Dingen zugeht.«
    Zorn nickte und knetete den Wachsklumpen noch eine Weile in der Hand, während er den Blick auf den Tiegel gerichtet hielt. Der Herr Pfarrer pumpte noch immer den Blasebalg, und im Feuerschein konnte man sehen, dass sich auf seinem Gewand große Schweißflecken gebildet hatten. Die Anwesenden blickten aber nur auf den Tiegel, auf Zorns Hand, in der sich der Wachsklumpen befand, und auf Böttgers Augen, die hoffnungsfroh glänzten. Als ihn Zorns Blick traf, nickte ihm Johann zu und der Apotheker ließ daraufhin den Wachsklumpen in den Tiegel fallen.
    Dass Schrader, der ebenfalls neben dem Ofen stand, in weiser Voraussicht die Augen beschirmte, bemerkte niemand. Auch fand niemand etwas dabei, dass Johann die Augen beinahe andächtig schloss.
    Im nächsten Augenblick gab es einen grellen Lichtblitz und beißender Qualm erfüllte plötzlich den Raum.
    Vor lauter Schreck fiel Pfarrer Winkler zurück, und ebenso wie sein Amtskollege stimmte er ein lautes Vaterunser an – bis ihnen der Qualm den Atem nahm und sie beinahe dazu brachte, sich die Seele aus dem Hals zu husten. Zorn strebte geistesgegenwärtig den beiden Fenstern zu und riss sie auf. Kalte Nachtluft strömte in den Keller und vertrieb den Rauch wieder. Wenn ein Passant vorbeigekommen wäre, hätte er sicher geglaubt, ein Brand sei im Laboratorium ausgebrochen, doch da niemand besorgt gegen die Apothekentür hämmerte, war das nächtliche Ereignis wohl von niemandem bemerkt worden.
    Erst nach einigen Augenblicken hatte sich der Qualm gänzlich verzogen. Als die Männer die Augen wieder öffnen konnten, sahen sie, dass der Tiegel immer noch auf dem Feuer stand – und dass kein Teufel auf dem Tisch tanzte.
    »Es ist vollbracht«, sagte Böttger beinahe beschwörend und nahm den Tiegel vom Feuer. Zorn wich ehrfürchtig zurück, weil er fürchtete, dass erneut eine Explosion seine Apotheke erschüttern könnte, wenn das Metall abgekühlt würde. Johann füllte den Inhalt des Tiegels in ein kleines Gefäß, das im bereitgestellten Wasserbad neben dem Tisch wartete, und als er zurückwich und den Tiegel neben dem Herd verschwinden ließ, scharten sich sogleich die Pastoren und der Münzmeister um das Bad.
    Johann hielt sich zurück. Schon beim Einfüllen hatte er gesehen, dass sich alles zu seinen Gunsten entwickelt hatte. Jetzt würde es nur noch wenige Minuten dauern, bis das Metall erstarrt war und in Augenschein genommen werden konnte. Nach Ablauf dieser Zeitspanne hob Johann das Gefäß aus der Holzwanne und hielt es über den Tisch. Der Regulus purzelte heraus, das Licht ließ seine Oberfläche aufleuchten. Es war ein helles Gelb, und niemand hätte darin etwas anderes vermutet als reines Gold.
    »Gold!«, presste der Pfarrer hervor. »Das ist wirklich Gold!«
    Einen Moment lang herrschte staunendes Schweigen. Auch Zorn konnte nichts sagen. Dieser Teufelskerl, sein Lehrling, hatte tatsächlich etwas Goldenes hervorgebracht. Doch war es echt?
    »Herr Münzmeister, prüft doch bitte das Metall«, sagte Johann siegesgewiss.
    Der Münzmeister klappte seinen Mund zu, der die ganze Zeit über offengestanden hatte, dann nahm er den noch warmen Regulus zur Hand. Er drehte ihn hin und her, betrachtete seine Oberfläche im Feuerschein und nickte Zorn mit gewichtiger Miene zu. »Fürwahr, es ist Gold.«
    Nun erfüllte erneut ein leises Raunen das Laboratorium. Die Anwesenden beglückwünschten Zorn zu seinem »Fang«, denn mit einem derart talentierten Burschen könne er seine Apotheke sicher noch bekannter machen.
    Johann selbst trat zurück und blickte auf den Tiegel hinter dem Ofen. Eine Schicht des Metalls befand sich immer noch auf dem Grund. Er hatte nicht alles in das Gefäß zum Abkühlen

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