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Das Kuckucksei

Das Kuckucksei

Titel: Das Kuckucksei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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geworden war. Die in seinem Schoß gefalteten Hände waren hager und von Messernarben gezeichnet, empfangen in einer Jugend, die so weit zurücklag, daß sie für die Novizen der Gilde schon zum Reich der Mythen gehörte. Duun saß auf dem weißen Sand, in den Novizen kunstvolle Muster geharkt hatten, zwischen den fünf mächtigen Felsbrocken, die diesen altertümlichen Raum schmückten. Die Beleuchtung war elektrisch, aber das war auch schon die einzige Veränderung, die seit dem fünften Jahrhundert eingetreten war. Generationen von Hatani-Händen hatten die großen Steine dunkel gemacht und geglättet, ganz wie der Fluß, aus dem sie stammten. Generationen respektloser Novizen hatten auf ihnen gesessen, hatten dort gehockt, um den Sand zu rechen, waren von einem zum anderen gesprungen und hatten (manchmal, da Novizen in jeder Generation wieder dieselben waren) es zu einem Spiel gemacht, waren hin und her gesprungen und hatten mit Harkengriffen nacheinander gestoßen.
    Tangan hatte einmal einen gewissen Rebellen und häufig verwarnten Novizen zusammen mit anderen bei einem solchen Spiel erwischt. Und Duun hatte das bereut. Vier Zehntage lang hatte er den Sand von Hand reinigen müssen. Jetzt schockierte es ihn zu sehen, wie sehr dieser Mann gealtert war.
    »Ich habe mich an sein Aussehen gewöhnt«, sagte Duun. »Hast du das?«
    Duun erwiderte Tangans reservierten Blick, legte dabei die gleiche Reserviertheit an den Tag. »Ich hatte ungefähr zwanzig Jahre Zeit dazu.«
    »Zwanzig Jahre mit einer Macht, für die es keinen Präzedenzfall gibt.«
    »Sechzehn Jahre versteckt auf einem Berg und im Wald. Fünf, in denen ich unaussprechliche Aufgaben zu erfüllen hatte, die jedem Mann Demut lehren würden. Wie der Umgang mit Dsonan.«
    »Ah. Wie sieht es in der Hauptstadt aus?«
    »Dir Nachrichten zu überbringen, wäre dasselbe, wie Wasser zu einer Quelle zu tragen.«
    »Wie sieht es in der Hauptstadt aus?«
    »Es gibt mehr Möglichkeiten, im Rahmen eines Abkommens zu betrügen, als hier gelehrt werden, Tanganhatani.«
    »Paradoxerweise haben wir eine Zeit des Wohlstands. Geld. Ist es das, was du siehst?«
    »Viel neues Geld - ausgezahlt in den kulturell unterentwickeltsten Provinzen, um Dummköpfe zu wählen, die bereit sind, jeden Befehl auszuführen, die nur Wege sehen können, sich zu verschanzen und sichere Verträge mit den richtigen Gesellschaften abzuschließen.
    Manche von diesen Dummköpfen sind leicht zu erkennen, und clevere Landleute fahren damit fort, sie zu wählen, weil die Mächtigen in ihren Bezirken jemanden kaufen könnten, der zehnmal schlimmer ist und viel subtiler. Ich finde, wir sollten einen Novizen ausschicken, der Elsnuunan und Yoth durchwandert. Irgendein Hirte könnte eines gegebenen Tages leidenschaftlich genug sein, uns eine Frage zu stellen. Aber einige dieser Dummköpfe gelten heute als scharfsinnige Ratsmitglieder und schützen sich so gut, daß sie selbst junge Politiker heranziehen und wieder abservieren.«
    »Shbit no Lgoth?«
    »Er wird uns irgendwann herausfordern wollen.«
    »Das hat er schon. Sein Agent ist unterwegs.« Duun lächelte sanft. »Das wird eine Ghota sein, vermute ich.«
    »Du kennst diese Person?«
    »Wahrscheinlich sind wir uns schon begegnet.«
    »Dann wirst du also mit Shbit fertig. Aber wie gut?«
    »Ich könnte es besser machen. Ich war zeitlich voll ausgelastet, und so ist dieser Mann eine Gefahr. Ich hätte ihn willkürlich entfernt, aber ich bin durch zuviel Macht behindert worden. Ich hätte zuviel tun können. Also konnte ich gar nichts tun.«
    »Ich habe das vorhergesagt.«
    »Ich habe Shbit vorhergesagt, aber ich wußte da noch nicht, wie er heißen würde. Zuviel Geld wurde gemacht. Und ich war derweil in Sheon und wischte feuchte Nasen ab. Meister, du kennst vielleicht eine Antwort: Bot sich eine andere Möglichkeit?«
    Es war lange still. Tangan verschränkte die Hände und studierte sie und sah dann wieder auf. »Ich habe gesehen, wohin du uns bringen könntest. Ich dachte zurück an mein ganzes Leben und an die ganze Geschichte der Gilde und fragte mich, wo der Kern lag. Ich denke, er liegt in dem Zeitpunkt, als diese Mauern errichtet wurden. Alles führte hierzu. Du hast uns in eine schwierige Position gebracht; wenn wir ihm den Schutz versagen, zünden wir das Feuer an, das uns zerstört; wenn wir ihn unter unsere Fittiche nehmen, setzen wir einen Feuersturm frei. Ich möchte nicht über diese Wahl nachdenken. Ich will offen zu dir sein: Nachts

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