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Das Kuckucksei

Das Kuckucksei

Titel: Das Kuckucksei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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frage ich mich, was ich meinem Schüler beigebracht habe, daß du dich heute in dieser Lage befindest. Ein Hatani sollte einen Fehler haben. Ein Hatani sollte ausreichend an sich selbst zweifeln, um ein wenig eigene Schuld zu tragen. Du hast keine. Du brennst zu hell, Duun-hatani. Du blendest mich. Ich kann nicht erkennen, ob du recht oder unrecht hast. Vielleicht wird das auch keine Rolle mehr spielen. Vielleicht kommt als nächstes die Dunkelheit. Ich gestehe, daß ich dir in einer Sache vertraue; ich gestehe, daß ich darin ein Feigling bin. Ich habe nicht geglaubt, daß du herkommen würdest, selbst als ich schon wußte, daß du ihn ausbildest. Freihatani wäre meine Lösung gewesen.«
    Duun dachte lange darüber nach. »Meister, mit einem Atemzug sagst du, du hättest meine Machtlosigkeit vorhergesagt. Mit dem nächsten sagst du, du hättest nicht geahnt, daß ich letztlich hierher komme.«
    »Um uns mit deiner Machtlosigkeit anzustecken?«
    Duun blickte auf. »Tanganhatani, in vieler Hinsicht ist er ein Junge wie andere Jungen. Denk immer daran.«
    »Ist das deine Weisheit?«
    »Tanganhatani, wenn ich ein Feuer bin, dann bin ich um so sicherer deshalb, weil ich einen Kamin hatte, um darin zu brennen.«
    »Machen wir aus ihm eine Lampe und stellen sie auf ein Regal?«
    »Das könntest du tun, aber dann hoffe ich, daß es verdammt stabil ist.«
    »Sollen wir ihn hierbehalten?«
    »Schicke ihn an einen Ort deiner Wahl! Die Gilde ist in dieser Lösung selbst eine Klientin. Und ich bin ein Klient. Ich überlasse dir das Urteil.«
    »Wir haben noch eine andere Wahl.«
    »Die Gilde wird nicht darauf verzichten.«
    »Sagst du voraus, was die Gilde tun wird?«
    »Ist das Zorn, Meister Tangan?«
    »Natürlich nicht. Es ist maßloser Stolz. Mein Schüler hat uns alle in eine Falle getrieben. Angmen muß einen solchen Stolz empfunden haben, als Chena die Gildentore einriß.«
    Duun faltete die Hände im Schoß. »Du wirst damit fertig.«
    »Schmerzen die Narben, Duun-hatani? Du warst ein so beweglicher Schüler.«
    (Zuschlagen und ziehen.) »Ich verstehe mich darauf, es zu kompensieren, Tanganhatani. Schließlich hast du mich Geduld gelehrt.«
     
    Dorn durchsuchte das Zimmer, das sie ihm zugewiesen hatten. Es war komfortabel und bestand ganz aus kahlem Holz und altem Gemäuer. Ein Feuer aus richtigem Holz brannte im Kamin. So etwas hatte er schon seit Sheon nicht mehr gekannt, und es hätte ihn sofort dazu verlocken können, sich daran zu wärmen. Sie gaben ihm Wasser mit der Versicherung, daß es sicher sei; sie gaben ihm Fleisch und Käse und ein Konfekt aus konservierten Bohnenbeeren. Sie gaben ihm ein Bett aus Pelzen, und der Bodensand war weiß und fein und tief, frisch gebrannt und in sorgfältig gezeichneten Spiralen arrangiert. Im angrenzenden Zimmer wartete ein heißes Bad, milchig von den aromatischen Zutaten und wohltuenden ölen. Die Hatani lächelten ihn an, zeigten ihr typisches Lächeln, das weder falsch noch echt war.
    Und er durchsuchte die Räumlichkeiten nach Kieselsteinen. Er fand keine. Er war durstig nach dem langen Flug und dem Laufen. Seine Glieder waren wundgerieben und verschwitzt vom Fliegeranzug. Er hatte das Gepäck auf die hölzerne Erhebung gestellt, die auch als Kommode diente. »Gehört der graue Umhang dir?« hatte ein Hatani gefragt, der ihm zusah, wie er die Sachen ausbreitete. »Nein«, war Dorns Antwort gewesen, begleitet von einem klaren Blick, denn er wußte, daß sie wußten, wem er gehörte. »Es muß Duuns sein«, sagte der Hatani daraufhin. »Ist er auch«, entgegnete Dorn. »Gib mir seine Sachen!« sagte der Hatani dann. »Ich bringe sie in sein Zimmer.«
    Dorn lachte so bestimmt, wie er konnte. »Es wäre dumm von mir, ihm nicht zu gehorchen; vergib mir, Hatani: Wenn er dich beschuldigt, sag ihm, es wäre meine Schuld. In meiner Unerfahrenheit konnte ich nicht feststellen, was ich tun sollte, also folgte ich seinen Anordnungen.«
    Ein weiterer Hatani trat neben ihn und streckte die Hand aus. »Bitte, Besucher, gestatte mir wenigstens, diese Sachen für dich wegzulegen.«
    »Nein«, erwiderte Dorn und schob die Hand langsam weg. »Nein, Hatani, vergib mir.«
    Dieser Hatani wich zurück. »Niemand wird dich bis morgen stören, Besucher«, sagte der andere. Sie schlossen die Tür hinter sich.
    (Es kann nicht so leicht sein! Bestimmt gibt es hier noch einen Trick!)
    Dorn suchte danach. Er zog den Anzug aus, entkleidete sich bis auf den kleinen Kilt. Er durchsuchte das Essen, brach

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