Das Kuckucksei
Armlehnen hinein, packte nach den aufgerollten Gurten und begann sich anzuschnallen. Er blickte auf, nach vorne, wo der Stern gewesen war. Jetzt war er verschwunden. »Wo ist es?« Sie hatten nicht gedreht, konnten es auch gar nicht: Das Shuttle hatte längst keinen Treibstoff mehr.
»Den Helm«, sagte Duun. Dorn drückte den Schalter auf seiner Armlehne, zog den Verbindungsschlauch und den Kommunikationsstecker hoch und schloß beides an, als der Helm herabkam. Er schloß ihn fest an und wählte den dritten Kommunikationskanal. Der erste war vereinheitlicht, der zweite nur für Crewgespräche, der dritte nur für Nicht-Crewangehörige, also für ihn und Duun. Er konnte den eigenen Atem hören und den Duuns, und letzterer war gleichmäßiger als seiner.
(O ihr Götter, wie kann man sich nur an so etwas gewöhnen?) Wieder tauchte ein Stern auf. Alles geschah lautlos. Nur die Atemgeräusche waren zu hören und die fernen Geräusche der Shuttlefunktionen, die allgegenwärtig waren, aber durch die Helme gedämpft.
Dorn wechselte zwischen den Kanälen, hörte die Gespräche der Besatzung und die eintreffenden Durchsagen. Schweiß sammelte sich auf seinem Körper, und ein Arm stand im Begriff einzuschlafen, bis er ihn verschob. (»Die verdammten Anzüge passen nie richtig«, hatte Duun gesagt.) Aber dieser Anzug war besser als die Fliegermontur, denn er saß lockerer.
(Noch ein Stern. Sind es Raketen oder Schiffe? Sind es sterbende Schiffe?)
Die Gespräche der Besatzung hörten sich für ihn sinnlos an, denn sie strotzten von Codes. Er schaltete wieder auf den dritten Kanal um. »Duun, was geschieht eigentlich?«
»Sie sind jetzt untereinander in Reichweite. Und wir in ihrer, wenn auch die Genauigkeit uns betreffend viel geringer ist. Die Hatani haben sie abgefangen, sie ausmanövriert, falls sie nicht einen vorbeilassen. Wenn sie das tun, bekommen sie keine zweite Chance mehr, und auch wir könnten ihn nicht aufhalten.«
Die Blitze setzten sich fort. Dorn schloß die Augen und öffnete sie wieder, und er wünschte sich, er könnte es wagen, den Helm abzunehmen. Die Luft war kalt und stach in Hals, Nase und Augen.
»Das ist die Ganngein«, meldete sich Weig auf dem dritten Kanal. »Sie haben alle erwischt. Die Trümmer kreuzen unseren Kurs. Das ist alles.«
»Was ist mit der Ganngein?« wollte Duun wissen.
Eine Pause. »Null-Rückkehr. Dasselbe gilt für die Nonnent. Die Ganngein wünscht uns alles Gute und sagt, daß sie in Verbindung bleibt. Sie versuchen gerade, ihre Position zu bestimmen; sie sind aus ihrem Kurs geworfen worden.«
»Kann die Station nicht jemanden schicken?« fragte Dorn. »Oder die Heimatwelt?«
»Die Station ist in Ghota-Händen«, sagte Duun. »Unglücklicherweise. Die Hatani dort waren zu wenige. Aber es liegt jetzt kein Schiff mehr dort - die Hatani haben es sich geschnappt, dank den Göttern, andernfalls hätten uns die Ghotanin noch eingeholt. Es waren die Ghota-Außenposten, die dort draußen auf uns gelauert haben. Die Station hat noch ein Shuttle übrig, die Heimatwelt auch ein paar. Aber ein Shuttle kann die Ganngein nicht aufhalten. Es geht gar nicht darum, deren Masse abzubremsen, was auch schon unmöglich wäre. Es geht lediglich darum, ein Andockmanöver durchzuführen, um die Besatzung herauszuholen. Aber selbst dazu fehlen die erforderlichen Geschwindigkeiten.«
(Sphittis Stimme: »Hier jetzt ein Anwendungsproblem. Wenn du mitten in der Luft schweben würdest, ohne Reibung und ohne Schwerkraft ...«)
(»Das geht gar nicht.«)
(»Sagen wir einmal, es ginge.«)
(Winkel und Linien auf einem Bildschirm im Schulzimmer ...)
Die Crew und die der zum Untergang verurteilten Schiffe redeten lange miteinander, rein geschäftsmäßig.
»So sieht es aus«, hörte Dorn jemanden sagen. »Wir werden in den Schacht fallen - sieht so aus, als geschähe es in drei Tagen. Es könnte schlimmer kommen, zum Beispiel vier.«
»Wir haben verstanden«, antwortete Weig. Trauer klang in seiner Stimme mit. Dorn hörte zu und betrachtete die Lichtpunkte. Ein Arm und ein Bein waren eingeschlafen. Niemand machte Anstalten, sich den Raumanzug auszuziehen. Die Trümmer kreuzen unseren Kurs. Es fiel ihm wieder ein. Die beiden anderen Schiffe unterhielten sich eine Zeitlang. Keiner hatte bessere Nachrichten.
(Das hier ist noch schrecklicher als bei Flugzeugen. Diese Stille. Diese Unvermeidlichkeit bei Schiffen, die bei solchen Geschwindigkeiten aufeinandertreffen, über Entfernungen, die Tage
Weitere Kostenlose Bücher