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Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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aus wirklich inspiriertem, sogar brillantem Spiel resultierten, die sich aber am Ende als ebenso katastrophal erwiesen. Manchmal, das war Gurgeh klar, geriet man an einen Gegner, der einem allein durch die Art, wie er spielte, mehr Schwierigkeiten machte, als man hätte denken sollen, und manchmal kam es zu einem Spiel, in dem alles schief ging, ganz gleich, wie sehr man sich bemühte, ungeachtet der schärfsten Erkenntnisse und der einschneidendsten Züge. Der Chef des Marine-Geheimdienstes hatte anscheinend beide Probleme gleichzeitig. Gurgehs Stil hätte zu dem Zweck erfunden sein können, Krowo Probleme zu bereiten, und Glück hatte der Apex so gut wie keines.
    Gurgeh empfand echtes Mitgefühl für Krowo, der offensichtlich mehr durch die Art als durch die Tatsache seiner Niederlage aus der Fassung gebracht war. Beide waren froh, als es vorüber war.
    Flere-Imsaho sah den Menschen während der letzten Phasen des Matches spielen. Er las jeden Zug, der auf dem Schirm erschien, und was er sah, glich manchmal weniger einem Spiel als einer Operation. Gurgeh, der Spieler, der Morat, nahm seinen Gegner auseinander. Der Apex spielte schlecht, sicher, aber Gurgeh war trotzdem brillant. In seinem Spiel lag eine Gefühllosigkeit, die neu war. So etwas hatte der Roboter halb erwartet, doch es überraschte ihn, dass es so bald und so vollständig eintrat. Er las die Zeichen, die der Körper und das Gesicht des Menschen übermittelten, Ärger, Mitleid, Zorn, Kummer… und er las auch das Spiel und sah nichts, was dem auch nur entfernt glich. Alles, was er las, war die kontrollierte Wut eines Spielers, der mit den Brettern und Figuren, den Karten und den Regeln wie mit der ihm vertrauten Steuerung einer allmächtigen Maschine umging.
    Eine weitere Veränderung, dachte Flere-Imsaho. Der Mensch hatte sich verändert, er war tiefer in das Spiel und die Gesellschaft eingetaucht. Man hatte den Roboter gewarnt, dies könne geschehen. Der eine Grund war, dass Gurgeh die ganze Zeit Eächisch sprach. Flere-Imsaho hatte immer ein bisschen Hemmungen, sich über menschliches Verhalten präzise zu äußern, aber er war gewarnt worden: Wenn Kultur-Leute lange Zeit kein Marain, dafür aber eine andere Sprache verwendeten, sei damit zu rechnen, dass sie sich verändern. Sie handeln anders, sie fangen an, in dieser anderen Sprache zu denken, sie verlieren die sorgfältig ausbalancierte interpretative Struktur der Kultur-Sprache, sie tauschen ihre subtilen Kadenzverlagerungen, ihren Ton und ihren Rhythmus gegen – in buchstäblich jedem Fall – etwas viel Primitiveres ein.
    Marain ist eine synthetische Sprache, entwickelt in dem Bestreben, phonetisch und philosophisch ein solches Maß an Ausdrucksmöglichkeiten zu schaffen, wie es der panhumane Sprechapparat und das panhumane Gehirn erlauben. Flere-Imsaho dachte bei sich, die Sprache werde überbewertet, aber klügere Gehirne als er hatten Marain erfunden, und zehn Jahrtausende später erfreute es sich der Wertschätzung auch der führenden unter den hochgeistigsten Gehirnen. Deshalb musste er sich wohl ihrem überlegenen Urteil beugen. Eines der Gehirne, das ihn instruiert hatte, war so weit gegangen, Marain mit Azad zu vergleichen. Das war nun zu phantastisch, aber Flere-Imsaho hatte den Sinn hinter der Übertreibung erfasst.
    Eächisch hatte sich als Sprache normal entwickelt und war voller fest verwurzelter Annahmen, die Sentimentalität für Mitleid und Aggression für Kooperation hielten. Eine verhältnismäßig unschuldige und empfindsame Seele wie Gurgeh musste etwas von dem ethischen Rahmenwerk, das die Sprache stützte, in sich aufnehmen, wenn er sie die ganze Zeit verwendete.
    Also spielte der Mensch jetzt wie eines der Raubtiere, denen er zugehört hatte, schlich über das Brett, stellte Fallen und lenkte ab und bereitete Hinterhalte vor, er verfolgte, sprang, riss, fraß, verdaute…
    Flere-Imsaho rückte in seiner Verkleidung umher, als fühle er sich unbehaglich. Dann schaltete er den Schirm ab.
     
    Einen Tag nachdem sein Spiel gegen Krowo zu Ende gegangen war, erhielt Gurgeh einen langen Brief von Chamlis Amalk-ney. Gurgeh setzte sich in sein Zimmer und sah sich den alten Roboter an. Dieser zeigte ihm Ansichten von Chiark, während er ihm die neuesten Nachrichten mitteilte. Professor Boruelal lebte immer noch an ihrem Zufluchtsort. Hafflis war schwanger. Olz Hap hatte sich mit ihrer ersten Liebe auf eine Kreuzfahrt begeben, würde aber in einem Jahr zurückkommen, um weiter an

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