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Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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den steinigen Hof hinaus.
    Das Imperium?, dachte Flere-Imsaho. Er bat Gurgeh um die Erlaubnis, das Armband in seinem Gehäuse aufzubewahren. Man sollte es nicht herumliegen lassen; irgendwer mochte erraten, was es darstellte. Ich hoffe sehr, er macht Witze.
     
    Da Gurgehs Spiel vorüber war, fand er Zeit, sich Nicosars Match anzusehen. Der Kaiser spielte in der Halle der Festung, einem riesigen, schüsselförmigen Gewölbevorbau aus grauem Stein, der Sitzplätze für mehr als tausend Leute bot. Hier würde das letzte Spiel stattfinden, in dem die Entscheidung fiel, wer Kaiser wurde. Die Halle ragte aus der Festung wie ein Schiffsbug, der Richtung zugekehrt, aus der das Feuer kommen würde. Aus hohen Fenstern, noch nicht mit Läden verschlossen, blickte man über ein Meer von gelben Zunderpflanzen-Köpfen.
    Gurgeh saß auf einer der Zuschauergalerien und sah den Kaiser spielen. Nicosar spielte vorsichtig, baute allmählich Punktvorsprünge auf, ging immer den Weg der höchsten Wahrscheinlichkeit, schloss profitable Tauschgeschäfte auf dem Brett des Werdens ab und unterstützte die Züge der anderen vier Spieler auf seiner Seite. Gurgeh war beeindruckt; Nicosar besaß einen täuschenden Stil. Das langsame, stetige Vorgehen hier war nur seine eine Seite; hin und wieder, gerade wenn es gebraucht wurde, genau dann, wenn es die verheerendste Wirkung zeitigen würde, kam ein Zug von verblüffender Brillanz und Kühnheit. Ebenso fand der Kaiser auf den gelegentlichen guten Zug eines Gegners immer einen zumindest gleichwertigen, wenn nicht besseren Gegenzug.
    Gurgeh empfand einiges Mitgefühl für die Leute, die gegen Nicosar spielten. Es war weniger demoralisierend, schlecht zu spielen, als sporadisch exzellent zu spielen und dabei immer geschlagen zu werden.
    »Sie lächeln, Jernau Gurgeh.« Gurgeh war so in das Spiel vertieft gewesen, dass er Hamin nicht hatte kommen sehen. Der alte Apex setzte sich vorsichtig neben ihn. Ausbuchtungen unter seiner Robe zeigten, dass er einen Antigrav-Harnisch trug, um Echronedals Schwerkraft teilweise auszugleichen.
    »Guten Abend, Hamin.«
    »Ich habe gehört, Sie haben sich qualifiziert. Gut gemacht.«
    »Ich danke Ihnen. Natürlich nur inoffiziell.«
    »Ah ja. Offiziell sind Sie Vierter geworden.«
    »Wie unerwartet großzügig!«
    »Wir haben Ihre Bereitwilligkeit zur Kooperation berücksichtigt. Sie wollen uns immer noch helfen?«
    »Natürlich. Sie brauchen mir nur die Kamera zu zeigen.«
    »Vielleicht morgen.« Hamin nickte, sah nach unten, wo Nicosar stand und seine beherrschende Position auf dem Brett des Werdens betrachtete. »Ihr Gegner für das Einzelspiel wird Lo Tenyos Krowo sein, ein ausgezeichneter Spieler, ich warne Sie. Sind Sie ganz sicher, dass Sie nicht jetzt schon ausscheiden wollen?«
    »Ganz sicher. Soll ich die Ursache von Bermoiyas Verstümmelung gewesen sein, nur um aufzugeben, weil der Stress jetzt zu stark wird?«
    »Ich verstehe Ihren Standpunkt, Gurgeh.« Hamin seufzte, den Blick weiter auf den Kaiser gerichtet. Er nickte. »Ja, ich verstehe Ihren Standpunkt. Und auf jeden Fall haben Sie sich nur qualifiziert. Mit dem kleinstmöglichen Vorsprung. Und Lo Tenyos Krowo ist sehr, sehr gut.« Wieder nickte er. »Ja, vielleicht haben Sie Ihre Ebene gefunden, wie?« Das verrunzelte Gesicht wandte sich Gurgeh zu.
    »Durchaus möglich, Rektor.«
    Hamin nickte geistesabwesend und sah wieder zu seinem Kaiser.
     
    Am folgenden Morgen wurden von Gurgeh ein paar Filmaufnahmen am Brett gefälscht. Man stellte das Spiel, das er beendet hatte, noch einmal auf, und Gurgeh machte ein paar glaubwürdige, aber kaum geniale Züge sowie einen dicken Fehler. Die Rolle seiner Gegner spielten Hamin und zwei andere Senior-Professoren des Candsev-Kollegs; Gurgeh war beeindruckt, wie gut es ihnen gelang, den Stil der Apices, gegen die er gespielt hatte, nachzuahmen.
    Wie schon bekannt gegeben worden war, wurde Gurgeh Vierter. In einem Interview mit dem kaiserlichen Nachrichtendienst drückte er seinen Kummer darüber aus, dass er aus der Hauptserie ausgeschieden war, und erklärte seine Dankbarkeit, dass er die Chance bekommen hatte, an dem Spiel von Azad teilzunehmen. Die großartigste Erfahrung seines Lebens. Er stand auf ewig in der Schuld des azadischen Volkes. Seine Achtung vor dem Genie des Kaiser-Regenten, von Anfang an hoch, habe unermesslich zugenommen. Er freue sich darauf, dem Rest der Spiele zuzusehen. Er wünsche dem Kaiser, Seinem Reich und allen Seinen Bewohnern und

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