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Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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eindrucksvoll, wenn auch auf bedauerliche Weise eine Selbsttäuschung und Verschwendung. Gurgeh kreuzte durch das Spiel, sammelte still die Punkte auf, während die beiden Soldaten fochten. Er war auf dem Weg zum Sieg, aber der Eindruck, dass die beiden anderen viel mehr von dem Spiel hatten als er, ließ sich nicht verscheuchen. Er hätte gedacht, sie würden um eine körperliche Beschädigung wetten, aber Nicosar persönlich hatte Wetten während des Matches verboten; er wusste, die beiden Spieler waren pathologisch verfeindet, und wollte die militärischen Dienste von keinem verlieren.
    An seinem dritten Tag auf dem Brett des Ursprungs saß Gurgeh beim Lunch allein vor einem Tischschirm. Er hatte noch ein paar Minuten Zeit, bevor das Spiel weiterging, und sah sich die Nachrichtensendung an, in der gezeigt wurde, wie gut sich Lo Tenyos Krowo in seinem Spiel gegen Yomonul und Traff hielt. Wer auch immer das Spiel des Apex fälschte – nicht Krowo selbst, der hatte sich geweigert, an der Lüge teilzuhaben –, leistete gute Arbeit bei der Nachahmung des Stils, der dem Geheimdienstchef eigen war. Gurgeh lächelte.
    »Denken Sie über Ihren bevorstehenden Sieg nach, Jernau Gurgeh?«, fragte Hamin und schob sich in den Sessel auf der anderen Seite des Tisches.
    Gurgeh drehte den Schirm herum. »Dazu ist es ein bisschen zu früh, finden Sie nicht?«
    Der glatzköpfige alte Apex spähte zu dem Schirm hinüber und lächelte dünn. »Hmm. Sie denken so?« Er streckte die Hand aus und schaltete den Schirm ab.
    »Dinge verändern sich, Hamin.«
    »Das tun sie gewiss, Gurgeh. Aber ich glaube, im Verlauf dieses Spiels wird es keine Veränderungen geben. Yomonul und Traff werden fortfahren, Sie zu ignorieren und sich gegenseitig anzugreifen. Sie werden gewinnen.«
    »Ja, dann…«, Gurgeh hielt den Blick auf den toten Schirm gerichtet, »wird Krowo gegen Nicosar spielen.«
    »Krowo vielleicht; wir können ein Spiel erfinden, um das zu decken. Sie dürfen es nicht.«
    »Ich darf nicht?«, fragte Gurgeh. »Ich meine doch, alles getan zu haben, was Sie wollten. Was kann ich sonst noch tun?«
    »Sie können sich weigern, gegen den Kaiser zu spielen.«
    Gurgeh sah dem alten Apex in die hellen grauen Augen, die von einem Netz feiner Linien umgeben waren. Sie blickten ebenso ruhig zurück. »Wo liegt das Problem, Hamin? Ich stelle keine Bedrohung mehr dar.«
    Hamin glättete den feinen Stoff der Manschette seiner Robe. »Wissen Sie, Jernau Gurgeh, ich hasse es, wenn jemand von etwas besessen ist. Das macht so… blind, ja?« Er lächelte. »Allmählich mache ich mir Sorgen um meinen Kaiser, Gurgeh. Ich weiß, wie viel ihm daran liegt zu beweisen, dass er den Thron rechtmäßig innehat, dass er des Amtes würdig ist, das er seit zwei Jahren bekleidet. Ich glaube, er wird es beweisen, aber ich weiß, das, was er sich eigentlich wünscht – was er sich immer gewünscht hat –, ist, gegen Molsce zu spielen und zu gewinnen. Das ist natürlich nicht mehr möglich. Der Kaiser ist tot, lang lebe der Kaiser; er steigt aus den Flammen auf… Aber ich glaube, er sieht den alten Molsce in Ihnen, Jernau Gurgeh, und er hat das Gefühl, gegen Sie spielen zu müssen. Sie sind es, den er schlagen muss, Sie, der Alien, der Mann aus der Kultur, der Morat, der Spieler. Ich bin mir nicht sicher, ob das eine gute Idee wäre. Es ist nicht nötig. Sie werden auf jeden Fall verlieren, davon bin ich überzeugt, aber… wie gesagt, es stört mich, wenn jemand von etwas besessen ist. Für alle Beteiligten wäre es das Beste, Sie würden so bald wie möglich bekannt geben, dass Sie sich nach diesem Spiel zurückziehen wollen.«
    »Ich soll Nicosar die Chance rauben, mich zu schlagen?« Gurgeh blickte überrascht und amüsiert drein.
    »Ja. Besser, ihm bleibt das Gefühl, es gebe noch etwas zu beweisen. Es wird ihm nichts schaden.«
    »Ich will darüber nachdenken«, versprach Gurgeh.
    Hamin musterte ihn kurz. »Ich hoffe, Sie verstehen, wie offen ich zu Ihnen gewesen bin, Jernau Gurgeh. Es wäre ein Unglück, wenn eine solche Ehrlichkeit ohne Anerkennung und ohne Belohnung bliebe.«
    Gurgeh nickte. »Ja, daran zweifle ich nicht.«
    Ein männlicher Diener kündete von der Tür her an, das Spiel werde gleich weitergehen. »Entschuldigen Sie mich, Rektor.« Gurgeh stand auf. Der Blick des alten Apex folgte ihm. »Die Pflicht ruft.«
    »Gehorchen Sie ihr«, sagte Hamin.
    Gurgeh blieb stehen, sah auf die verrunzelte alte Kreatur auf der anderen Seite des Tisches

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