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Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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öffnete er das Paneel über der Kontrolleinrichtung des Sicherheitssystems und entfernte einige kleine Kästchen. Dann ging er mit sehr behutsamen und langsamen Schritten hinüber zu dem wandgroßen pornografischen Gemälde, das die Tür zum Fluchtweg des Ethnarchen verbarg, der in die Abwasserkanalschächte und auf das Dach des Palastes führte.
    Bevor er gemächlich die Tür schloss, wandte er sich noch einmal um und betrachtete die blutige Masse auf der geschwungenen, geschnitzten Fläche des Kopfbrettes. Er lächelte sein dünnes Lächeln, ein wenig unsicher.
    Dann schlüpfte er in die steinschwarze Tiefe des Palastes, wie ein Teil der Nacht.

 
Zwei
     
     
    Der Staudamm lag eingekeilt zwischen den von Bäumen bewachsenen Hügeln wie die Scherbe einer gewaltigen zerbrochenen Tasse. Die Morgensonne beleuchtete das Tal, traf auf die graue, nach innen gewölbte Fläche des Damms und erzeugte eine weiße, reflektierende Lichtflut. Hinter dem Damm lag der See mit seinem seit langem gesunkenen Wasserspiegel, dunkel und kalt. Das Wasser reichte nicht mal mehr bis zur halben Höhe des wuchtigen Betonwalls, und der Wald jenseits davon hatte schon lange mehr als die Hälfte der Hänge zurückerobert, die einst in das steigende Wasser vor dem Damm eingetaucht waren. Segelboote lagen an Stegen vertäut entlang der einen Seeseite, und die hackenden Wellen klatschten gegen ihre glänzenden Rümpfe.
    Hoch oben durchschnitten Vögel die Luft, im warmen Sonnenlicht über dem Schatten des Damms kreisend. Einer der Vögel stürzte herab, schwebte auf den oberen Rand des Damms und die verlassene Fahrbahn zu, die über seinen Kamm führte. Der Vogel zog gerade noch im letzten Moment die Flügel ein, als er dem Anschein nach im Begriff war, gegen das weiße Geländer zu stoßen, das die Straße zu beiden Seiten begrenzte; er huschte zwischen den von Tau funkelnden Streben hindurch, vollführte eine halbe Umdrehung, breitete die Flügel wieder halbwegs aus und ließ sich im Sturzflug absinken zu dem stillgelegten Kraftwerk, das das überaus exzentrische – um nicht zu sagen überspitzt symbolische – Zuhause der Frau mit dem Namen Diziet Sma geworden war.
    Der Vogel ließ seinen Sturzflug in einen Gleitflug übergehen, und als er sich auf der Höhe des Dachgartens befand, breitete er die Flügel vollends aus und kam flatternd zu einem plötzlichen Halt, wobei seine Klauen sich auf einem Fenstersims am obersten Stockwerk der Gemächer im alten Nebenblock des Kraftwerks festkrallten.
    Mit angelegten Flügeln, den rußschwarzen Kopf zur Seite geneigt, sodass eins der Perlaugen den grauen Beton reflektierte, hüpfte der Vogel zu einem Fenster, das einen Spaltbreit offen stand und in dem sich weiche rote Vorhänge in der Brise bauschten. Er steckte den Kopf unter den flatternden Saum des Stoffes und spähte vorsichtig in den verdunkelten Raum dahinter.
    »Du hast es verpasst«, sagte Sma mit leiser Geringschätzung; zufällig ging sie genau in diesem Moment an dem Fenster vorbei. Sie nippte an einem Glas Wasser, das sie in der Hand hielt. Tropfen vom Duschwasser standen wie Perlen auf ihrem hellbraunen Körper.
    Der Kopf des Vogels schwenkte rasch herum, und sein Blick folgte ihr, während sie zum Schrank ging und anfing, sich anzuziehen. Mit einem schnellen Schwenk in die andere Richtung wandte sich der Blick des Vogels dem männlichen Körper zu, der weniger als einen Meter über dem in den Boden eingelassenen Bettsockel in der Luft lag. Inmitten des dämmerigen Dunstes des Antigravitationsfeldes zappelte und rollte die blasse Gestalt von Relstoch Sussepin in der Luft herum. Seine Arme waren schwebend zu beiden Seiten ausgestreckt. Im Ankleidezimmer gurgelte Sma mit etwas Wasser und schluckte es anschließend.
    Fünfzig Meter östlich davon schwebte Skaffen-Amtiskaw hoch in der Luft über dem Boden der Turbinenhalle und verschaffte sich einen Überblick über die Trümmer der Party. Der Teil des Gehirns der Drohne, der die als Vogel getarnte Überwachungsdrohne steuerte, warf noch einen letzten Blick auf die filigranen Kratzer auf Sussepins Hinterteil und die bereits verblassenden Bissmale auf Smas Schultern, die sie soeben mit einem hauchdünnen Hemd bedeckte; dann entließ er die Überwachungsdrohne aus ihrem Kontrolldienst.
    Der Vogel kreischte, hüpfte vom Vorhang zurück und fiel erregt flatternd von dem Sims, bevor er die Flügel weit ausbreitete und mit kräftigen Schlägen vorbei an der glänzenden Fläche des Damms

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