Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
Vom Netzwerk:
bebend.
    »Die Sache ist die, dass du einen Handel abgeschlossen und dich nicht daran gehalten hast. Und ich bin gekommen, um aufgrund der Strafklausel zu kassieren. Du bist gewarnt worden, Ethnarch. Was einem gegeben wird, kann einem auch wieder genommen werden.« Der Eindringling lehnte sich auf seinem Stuhl noch etwas weiter nach hinten, blickte sich in dem dunklen Raum um und nickte dem Ethnarchen zu, während er die Hände hinter dem Kopf verschränkte. »Verabschiede dich von alledem hier, Ethnarch Kerian. Du bist…«
    Der Ethnarch drehte sich um, schlug mit dem Ellbogen gegen das versteckte Holzpaneel, und ein Teil des Kopfbretts schwang auf; er zog die Pistole von ihrer Halterung und zielte auf den Mann, tastete nach dem Abzug und betätigte ihn.
    Nichts geschah. Der junge Mann beobachtete ihn; er hielt die Hände noch immer hinter dem Kopf verschränkt, sein Körper wippte langsam auf dem Stuhl vor und zurück.
    Der Ethnarch betätigte noch ein paar Mal den Abzug.
    »Damit funktioniert es besser«, sagte der Mann, griff in die Hemdtasche und warf ein Dutzend Kugeln auf das Bett zu Füßen des Ethnarchen.
    Die Kugeln klackten gegeneinander, während sie über das Bettuch rollten und sich in einer Ritze sammelten. Der Ethnarch Kerian starrte sie an.
    »Ich werde dir alles geben«, sprach er mit dicker und trockener Zunge. Er spürte ein Erschlaffen seiner Darmmuskeln und kämpfte verzweifelt dagegen an; plötzlich fühlte er sich wieder wie ein Kind, als ob die Alterungsumkehr ihn noch weiter zurückversetzt hätte. »Alles, alles. Ich kann dir mehr geben, als du dir je erträumt hast; ich kann…«
    »Daran bin ich nicht interessiert«, sagte der Mann und schüttelte den Kopf. »Die Geschichte ist noch nicht zu Ende. Verstehst du, dieses Volk…, diese netten, lieben Leute, die so weich sind und es vorziehen, sich mit dem Leben zu befassen… Wenn jemand die mit ihnen geschlossene Vereinbarung nicht einhält, wenn jemand sogar weiter tötet, obwohl er versprochen hat, es nicht zu tun, dann steht ihnen noch immer nicht der Sinn danach, ihn zur Bestrafung zu töten. Sie wenden lieber ihre Magie und ihr edles Mitgefühl an und tun das Nächstbeste. Also verschwinden dann die Wortbrüchigen.«
    Der Mann beugte sich wieder nach vorn und lehnte sich auf das Fußbrett. Der Ethnarch starrte ihn zitternd an.
    »Sie – dieses nette Volk – sie lassen böse Leute verschwinden«, fuhr der junge Mann fort. »Und sie stellen Leute in ihren Dienst, die kommen und diese bösen Leute abholen und mitnehmen. Und diese Leute – diese Abholer – sie machen sich einen Spaß daraus, bei den Abzuholenden Todesangst auszulösen, und in ihrer Kleidung neigen sie zu…«, er deutete auf seine eigenen buntscheckigen Kleider, »einem lässigen Stil; und natürlich – dank der Magie – haben sie niemals die geringsten Schwierigkeiten, selbst in die am schwersten bewachten Paläste einzudringen.«
    Der Ethnarch schluckte, und mit heftig zitternder Hand legte er endlich die nutzlose Waffe aus der Hand, die er immer noch umklammert hielt.
    »Warte mal«, sagte er und versuchte, seine Stimme zu beherrschen. »Willst du damit sagen…«
    »Wir sind fast am Ende der Geschichte angekommen«, unterbrach ihn der junge Mann. »Diese guten Leute – die du weich nennen würdest, wie ich bereits sagte –, sie entfernen die bösen Leute und holen sie ab. Sie bringen sie an einen Ort, wo sie keinen Schaden anrichten können. Nicht gerade in ein Paradies, aber auch nicht irgendwohin, wo sie sich wie in einem Gefängnis vorkommen. Und dann müssen die bösen Leute manchmal den guten zuhören, wenn sie ihnen erzählen, wie böse sie gewesen sind, und sie bekommen nie mehr die Gelegenheit, den Lauf der Geschichte zu verändern, aber sie führen ein behagliches, sicheres Leben, und sie sterben in Frieden – dank der guten Leute.
    Und obwohl einige behaupten mögen, die guten Leute seien zu weich, würden ihnen die guten Leute entgegenhalten, dass die Verbrechen, die die schlechten Leute begangen haben, im Allgemeinen so schrecklich sind, dass es keine bekannte Methode gibt, um die schlechten Leute auch nur ein Millionstel der Qualen und der Verzweiflung erleiden zu lassen, die sie anderen zugefügt haben. Welchen Sinn haben also Vergeltungsmaßnahmen? Sie wären lediglich eine weitere Widerlichkeit, um das Leben eines Tyrannen mit seinem eigenen Tod zu krönen.« Der junge Mann machte für kurze Zeit ein bekümmertes Gesicht, dann zuckte er die

Weitere Kostenlose Bücher