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Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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emporstieg, wobei seine schrillen Alarmschreie von den Betonhängen widerhallten und ihn aufs Neue aufbrachten. Sma hörte die Rückkoppelung des Tumults, während sie ihr Mieder zuknöpfte, und sie lächelte.
     
    »Wie war die Nacht? Gut geschlafen?«, erkundigte sich die Drohne Skaffen-Amtiskaw, als sie ihr im Säulengang des alten Nebenblocks begegnete.
    »Die Nacht war gut, geschlafen habe ich nicht«, erwiderte Sma gähnend und scheuchte die winselnden Hralze zurück in den Marmorsaal des Gebäudes, wo Maikril, der Majordomus, mit einem Bündel Halsleinen unglücklich herumstand. Sie trat hinaus ins Licht der Sonne und streifte sich Handschuhe über. Die Drohne hielt die Wagentür für sie auf. Sie füllte die Lunge mit der frischen Morgenluft und rannte die Stufen hinunter, wobei ihre Absätze klapperten. Sie sprang mit einem Satz in den Wagen, zuckte kurz zusammen, als sie sich im Fahrersitz niederließ, dann betätigte sie einen Schalter, woraufhin sich das Dach zurückfaltete, während die Drohne ihr Gepäck in den Kofferraum lud. Sie klopfte leicht auf die Batterieanzeiger im Armaturenbrett des Fahrzeugs und tippte das Gaspedal gerade so viel an, dass sie spürte, wie die Bremse den Antrieb blockierte. Die Drohne sicherte den Kofferraum und schwebte auf den Rücksitz. Sie winkte Maikril zu, der einen der Hralze über die Außentreppe der Turbinenhalle jagte und ihren Abschiedsgruß nicht bemerkte. Sma lachte, trat aufs Gas und ließ die Bremse los.
    Der Wagen fuhr mit durchdrehenden Rädern an und ließ ein Kieselsteingestöber aufwirbeln, schwenkte auf den Pfad rechter Hand ein, der zwischen den Bäumen hindurchführte und auf beiden Seiten nur ein paar Zentimeter Platz bot, dann schoss er durch die Granittore der Anlage hinaus, wobei er sich mit einem Schlenker der Hinterteils verabschiedete, und raste mit hoher Beschleunigung den Riverside Drive hinunter.
    »Wir hätten genauso gut fliegen können«, bemerkte die Drohne, und versuchte das Rauschen des Fahrtwindes zu übertönen.
    Doch sie hatte den Verdacht, dass Sma nicht zuhörte.
     
    Die Semantik im Zusammenhang mit militärischen Befestigungsanlagen ist offenbar kulturübergreifend, dachte sie, während sie die Steinstufen der Verbindungsmauer der Burg hinabstieg und zu dem trommelförmigen Verlies hinaufblickte, das in dunstiger Ferne hinter etlichen weiteren Schichten von Mauern auf seinem Hügel lag. Sie schritt über das Gras, Skaffen-Amtiskaw neben sich, und verließ die Festung durch einen Hinterausgang.
    Der Ausblick ging hinunter auf den neuen Hafen und die Meerenge, wo die Hochseeschiffe gleichmäßig im Schein der späten Morgensonne dahinglitten, entweder in Richtung offenes Meer oder Binnensee, je nach ihrer Route. Auf der anderen Seite des Burgkomplexes verriet die Stadt ihre Anwesenheit durch ein entferntes Rumoren und – da der leichte Wind aus jener Richtung wehte – den Geruch von…
    Nun, für sie war es nach ihrem dreijährigen Aufenthalt hier einfach der Geruch der Stadt. Sie vermutete jedoch, dass jede Stadt anders roch.
    Diziet Sma saß im Gras, die Knie zum Kinn hochgezogen, und blickte über die Meerenge und die gebogenen Hängebrücken, die zum Subkontinent an der gegenüberliegenden Küste führten.
    »Noch etwas?«, fragte die Drohne.
    »Ja; streich meinen Namen von der Liste der Juroren für die Veranstaltung der Akademie… und schreib diesem Petrain-Kerl einen hinhaltenden Brief.« Sie runzelte die Stirn im Sonnenlicht und hielt sich die Hand schattenspendend über die Augen. »Sonst fällt mir nichts ein.«
    Die Drohne bewegte sich vor ihr hin und her, zupfte eine kleine Blume aus dem Gras und spielte damit. »Die Xenophobe ist soeben in dieses System eingetreten«, erzählte sie ihr.
    »Na ja, alles Gute«, sagte Sma säuerlich. Sie rieb einen kleinen Dreckspritzer von der Spitze einer ihrer Stiefel.
    »Und der junge Mann in deinem Bett ist gerade aufgetaucht und hat sich bei Maikril erkundigt, wo du abgeblieben bist.«
    Sma sagte nichts, obwohl ihre Schultern einmal kurz zuckten und ein Lächeln über ihr Gesicht huschte. Sie legte sich flach ins Gras, einen Arm unter dem Kopf.
    Der Himmel war aquamarinblau mit Wolkenstreifen. Sie roch das Gras und schmeckte den Duft von kleinen zerquetschten Blüten. Dann richtete sie den Blick nach oben zu der grauen und schwarzen Mauer, die hinter ihr aufragte, und fragte sich, ob die Burg wohl jemals an einem Tag wie diesem angegriffen worden war. Erschienen der Himmel so

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