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Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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endlos, das Wasser der Meerenge so frisch und sauber, die Blumen so leuchtend und duftend, wenn Menschen kämpften und schrien, aufeinander einschlugen und taumelten und stürzten und zusahen, wie ihr Blut das Gras tränkte?
    Nebel und ein düsterer Himmel, Regen und tief hängende Wolken erschienen als passenderer Hintergrund; Schleier, um die Schande der Schlacht zu verhüllen.
    Sie streckte sich aus, plötzlich müde geworden, und zitterte in einem kleinen Nachgefühl der Anstrengungen der Nacht. Und wie jemandem, der etwas Wertvolles in der Hand hält, das ihm zu entgleiten droht, der jedoch die Schnelligkeit und das Geschick besitzt, es aufzufangen, bevor es am Boden aufkommt, gelang es ihr – irgendwo in ihrem Innern – hinabzutauchen und die schwindende Erinnerung wieder hochzuholen, bevor sie in dem Durcheinander und dem Lärm in ihrem Gehirn unterging, und indem sie ihren Drüsen Zurückrufen eingab, hielt sie sie fest, genoss sie, erlebte sie noch einmal, bis sie merkte, dass sie erneut im Sonnenlicht zitterte und nicht viel gefehlt hätte, dass ihr ein kleines Stöhnen entschlüpft wäre.
    Sie ließ die Erinnerung entschwinden, hustete und setzte sich auf, um sich umzuschauen, ob die Drohne etwas davon mitbekommen hatte. Sie war ganz in der Nähe und pflückte winzige Blümchen.
    Eine Gruppe, die ihrer Vermutung nach aus Schulkindern bestand, kam schwatzend und schreiend den Pfad von der Metrostation herauf und bewegte sich auf den Hintereingang zu. An der Spitze und am Ende der lärmenden Schlange gingen Erwachsene, umweht von dem Hauch stiller, müder Wachsamkeit, die sie schon häufig bei Lehrern und Müttern mit vielen Kindern wahrgenommen hatte. Einige der Kinder deuteten im Vorbeigehen auf den schwebenden Drohnenkörper, mit weit aufgerissenen Augen und kichernd und allerlei Fragen stellend, bevor sie durch das schmale Tor gedrängt wurden und ihre Stimmen verebbten.
    Ihr fiel auf, dass es immer die Kinder waren, die ein solches Aufhebens machten. Die Erwachsenen gingen einfach davon aus, dass irgendein Trick hinter dem scheinbar schwebenden Körper der Maschine stecken musste, doch die Kinder wollten immer genau wissen, wie das funktionierte. Der eine oder andere Wissenschaftler oder Ingenieur hatte auch schon mal ein verdutztes Gesicht gemacht, doch sie vermutete, da ihnen allgemein Weltfremdheit nachgesagt wurde, würde ihnen niemand Glauben schenken, wenn sie behaupteten, dass etwas Absonderliches im Gange sei. Die Aufhebung der Schwerkraft war es, was im Gange war, und die Drohne war in dieser Gesellschaft das, was ein Blitzlicht in der Steinzeit gewesen wäre, doch – zu ihrer Überraschung – war es fast enttäuschend leicht, einfach damit durchzukommen.
    »Die Schiffe sind soeben zusammengekommen«, berichtete ihr die Drohne. »Das Double wird als echt übergeben, anstatt es als Ersatz zu deklarieren.«
    Sma lachte, riss einen Grashalm aus und saugte daran. »Die alte Auf Probe traut der Sache mit dem Ersatz nicht so richtig, wie?«
    »Ich bin auch der Ansicht, dass das Ding senil ist«, bestätigte die Drohne hochmütig. Sie schlitzte vorsichtig Löcher in die beinahe haarfeinen Stiele der Blumen, die sie gepflückt hatte, dann fädelte sie die Stiele einen durch den anderen und schuf so eine kleine Kette.
    Sma beobachtete die Maschine, deren im Augenblick unsichtbaren Felder mit den kleinen Blüten so fingerfertig umgingen wie eine Spitzenklöpplerin, die in Windeseile ein Muster entstehen lässt.
    Sie hatte nicht in jeder Beziehung so viel Feingefühl bewiesen.
     
    Einmal, vielleicht vor zwanzig Jahren, weit weg auf einem anderen Planeten und überhaupt in einem ganz anderen Teil der Galaxis, am Grund eines trockenen Meeres, das ewig vom heulenden Wind heimgesucht war, unter einem Tafelland, das einst Inseln in dem Meer gebildet hatte, auf dem Staub, der einst Schlick gewesen war, hatte sie in einer kleinen Grenzstadt logiert, wo die Eisenbahnstrecke endete, in der Absicht, Reittiere zu mieten, um sich in die tiefe Wüste vorzuwagen und das neu geborene Kind Messias zu suchen.
    Gegen Abend waren Reiter auf den Platz gekommen, um sie aus dem Gasthaus zu entführen; sie hatten gehört, dass allein schon ihre seltsame Hautfarbe einen beträchtlichen Preis erzielen würde.
    Der Gastwirt beging den Fehler zu versuchen, mit den Männern vernünftig zu verhandeln – und wurde mit einem Schwert an seine Tür genagelt; seine Töchter vergossen bittere Tränen über ihn, bevor sie weggezerrt

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