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Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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selten sprach sie ein Wort, doch wenn sie ihm das Essen hinschob, lächelte sie schüchtern und ging schnell wieder weg, gefolgt von ihrem Lieblingsmeeresvogel, der ihr quakend hinterherwatschelte.
    Er sprach nur das Allernötigste mit ihr, und immer wandte er die Augen von ihrer schlanken braunen Gestalt ab. Er kannte die Gesetze der Liebeswerbung nicht, die an diesem Ort galten, und während es ihm als der leichteste Weg vorkam, die Getränke und das Essen anzunehmen, wollte er sich nicht mehr als unumgänglich in das Leben dieser Leute hineindrängen. Er sagte sich, dass sie und ihre Familie bald weiterziehen würden, und nahm die Gaben, die sie ihm brachte, mit einem Nicken, jedoch ohne ein Lächeln oder Dankeswort entgegen, und meistens ließ er etwas von den Dingen übrig. Er bemerkte, dass offenbar immer ein junger Mann in der Nähe war, wenn ihn das Mädchen besuchte, und ein paar Mal begegnete er dem Blick des Jungen; er wusste, dass der Knabe das Mädchen begehrte, und er sah jedes Mal weg.
    Eines Tages, als er in den Dünen auf dem Rückweg zu seiner Hütte war, holte ihn der junge Mann ein, der ihm offenbar gefolgt war. Der Jugendliche ging vor ihm her und versuchte, ihn zum Sprechen zu bringen, indem er ihm auf die Schulter schlug, ihm ins Gesicht schrie. Er tat so, als ob er nicht verstünde. Der junge Mann zeichnete vor ihm Striche in den Sand, über die er mühsam seinen Karren schob und dann stehen blieb und den Jungen anblinzelte, beide Hände noch immer am Griff des Karrens, während der Junge lauter schrie und noch einen Strich in den Sand zwischen ihnen zeichnete.
    Allmählich wurde ihm das ganze Theater zu dumm, und als ihm der Junge das nächste Mal auf die Schulter klopfte, packte er seinen Arm, drehte ihn herum und zwang den Jungen so in den Sand, wo er ihn für eine Weile festhielt und den Arm in der Kugel gerade so weit herumdrehte – so hoffte er –, dass ein Bruch vermieden wurde, jedoch mit ausreichender Kraft, um den Burschen für eine Minute oder zwei außer Gefecht zu setzen, während er seinen Karren wieder aufnehmen und ihn langsam über die Dünen schieben könnte.
    Es schien zu klappen.
    Zwei Nächte später – in der Nacht, nachdem die Frau, die ihn regelmäßig besuchte, da gewesen war und er ihr von dem schrecklichen Kriegsschiff erzählt hatte und den beiden Schwestern und dem Mann, dem immer noch nicht vergeben worden war – kam das Mädchen und klopfte an seine Tür. Ihr Schoßtier, der Meeresvogel mit den gestutzten Flügeln, hopste und quakte draußen herum, während das Mädchen weinte und ihm eröffnete, dass sie ihn liebte und dass es einen Streit mit ihrem Vater gegeben habe; er versuchte, sie wegzuschieben, doch sie huschte unter seinem Arm hindurch und warf sich weinend auf sein Bett.
    Er blickte in die sternenlose Nacht hinaus und starrte in die Augen des verkrüppelten, jetzt schweigenden Vogels. Dann ging er zum Bett, zerrte das Mädchen hoch und schob sie mit Gewalt durch die Tür hinaus, die er daraufhin zuschlug und verriegelte.
    Ihre Schreie und die des Vogels drangen noch eine Zeit lang durch die Ritzen in den Brettern herein, wie der einsickernde Sand. Er stopfte sich die Finger in die Ohren und zog sich die schäbigen Decken über den Kopf.
    Ihre Familie, der Sheriff und vielleicht zwanzig andere Leute aus der Parkstadt kamen in der nächsten Nacht zu ihm.
    Das Mädchen war am Abend gefunden worden, misshandelt, vergewaltigt und getötet, auf dem Pfad, der von seiner Hütte wegführte. Er stand im Eingang seiner Behausung und sah in die von Fackeln beleuchtete Menge, er begegnete dem Blick des jungen Mannes, der das Mädchen begehrt hatte, und wusste Bescheid.
    Er konnte nichts tun, denn die Schuld in einem Paar Augen wurde überstrahlt von dem Rachedurst in zu vielen anderen; also schlug er die Tür zu und rannte los, durch die Hütte und direkt durch die baufällige Bretterwand auf der anderen Seite hindurch, hinaus in die Dünen und die Nacht.
    In jener Nacht kämpfte er gegen fünf von ihnen und hätte fast zwei getötet, bis er den jungen Mann und einen seiner Freunde fand, die ohne Überzeugung in der Nähe des Weges nach ihm suchten.
    Er schlug den Freund mit einem Knüppel bewusstlos und packte den jungen Mann an der Kehle. Er nahm ihrer beider Messer an sich und hielt dem Jungen eine Klinge an den Hals, während er ihn zurück zur Hütte führte.
    Er setzte die Hütte in Brand.
    Als das Licht etwa ein Dutzend der Männer angezogen hatte,

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