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Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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stellte er sich auf die höchste Düne über der Senke, wobei er den Jungen mit nur einer Hand festhielt.
    Die Leute aus der Parkstadt schauten zu dem Fremden hinauf, der von den Flammen beleuchtet dastand. Er ließ den Jungen in den Sand fallen, warf ihm beide Messer hinterher.
    Der Junge hob die Messer auf, griff an.
    Er wich aus, ließ den Jungen an sich vorbeistürmen, entwaffnete ihn. Er nahm wieder beide Messer an sich und warf sie vor dem Jungen mit den Griffen nach unten in den Sand. Der Jugendliche packte wieder zu, in jeder Hand ein Messer. Und wieder – anscheinend fast ohne sich zu bewegen – ließ er den Jungen an sich vorbeipreschen und entriss die Messer seinem Griff. Er brachte den Burschen mit einem ausgestellten Bein zu Fall, und während er noch ausgestreckt auf der höchsten Stelle der Düne lag, warf er beide Messer und ließ sie je einen Zentimeter zu beiden Seiten seines Kopfes im Sand landen. Der Junge stieß einen gellenden Schrei aus, zog beide Klingen heraus und warf sie.
    Er bewegte kaum den Kopf, als sie an seinen Ohren vorbeizischten. Die Leute, die die Szene von der flammenhellen Senke aus beobachteten, bewegten die Köpfe, folgten der Flugbahn zu den Dünen hinter ihnen, die die Messer eigentlich hätten nehmen müssen. Doch als sie sich wieder erstaunt umsahen, hatte der Fremde beide Klingen in der Hand, aus der Luft gepflückt. Er warf sie wieder dem Jungen zu.
    Der Jugendliche fing sie auf, kreischte, fuchtelte mit blutigen Händen herum, um sie richtig zu fassen zu bekommen, und stürmte erneut auf den Fremden los, der ihn umwarf, ihm die Messer aus den Händen schlug und einen Moment lang einen der Ellbogen des jungen Mannes über seine Knie nach hinten bog, bereit, ihn zu brechen… Dann schob er den Jungen von sich. Er hob die Messer wieder auf und legte sie dem Burschen in die geöffneten Hände.
    Er lauschte auf das Schluchzen des Jungen im dunklen Sand, während die Leute zusahen.
    Er war im Begriff, wieder loszurennen, blickte sich nach hinten um.
    Der verkrüppelte Meeresvogel hopste und flatterte den Hang der Düne herauf; die gestutzten Flügel peitschten durch die Luft und in den Sand. Er neigte den Kopf und warf dem Fremden aus einem flammendhellen Auge einen seitlichen Blick zu.
    Die Leute in der Senke schienen in den tanzenden Flammen erstarrt zu sein.
    Der Vogel watschelte zu der auf dem Bauch liegenden, schluchzenden Gestalt des Jungen auf dem Sand und schrie. Er schlug mit den Flügeln, kreischte und pickte nach den Augen des Jungen.
    Der Junge versuchte, ihn abzuwehren, doch der Vogel machte einen Satz in die Luft, brüllte und schlug um sich, dass Federn flogen; und als der Junge ihm einen Flügel brach und er in den Sand fiel, den Kopf von ihm abgewandt, spritzte er einen Strahl flüssigen Kots auf ihn.
    Das Gesicht des Jungen fiel in den Sand zurück. Sein Körper wurde von Schluchzern geschüttelt.
    Der Fremde beobachtete die Augen der Leute in der Senke, während seine Hütte in sich zusammensank und orangefarbene Funken in den ruhigen Nachthimmel stoben.
    Schließlich kamen der Sheriff und der Vater des Mädchens und holten den Jungen; einen Mond später reiste die Familie des Mädchens ab, und zwei Monde später wurde der fest verschnürte Leichnam des jungen Mannes in ein frisch ausgehobenes Loch gesenkt und mit Steinen bedeckt.
     
    Die Leute in der Parkstadt weigerten sich, mit ihm zu sprechen, obwohl einer der Händler nach wie vor sein aufgesammeltes Strandgut abnahm. Die grell aufgemachten und lärmenden Wohnfahrzeuge kamen nicht mehr auf dem sandigen Weg angefahren. Er hätte nie gedacht, dass sie ihm fehlen würden. Er stellte ein kleines Zelt in der Nähe der geschwärzten Überreste seiner Hütte auf.
    Die Frau hatte ihre Besuche bei ihm eingestellt; er sah sie nie wieder. Er redete sich ein, dass er so wenig für seine Ausbeute bezahlt bekam, dass er sie sowieso nicht mehr hätte bezahlen können.
    Das Schlimmste war für ihn, dass er niemanden hatte, mit dem er reden konnte.
     
    Er sah die sitzende Gestalt am Strand, in weiter Ferne, etwa fünf Monde nach jener Nacht, in der er seine Hütte angezündet hatte. Er zögerte, aber dann ging er weiter.
    Zwanzig Meter vor der Frau blieb er stehen und begutachtete eingehend ein Stück Fischernetz am Wasserrand, an dem noch die Korken befestigt waren.
    Er sah die Frau an. Sie saß mit überkreuzten Beinen da, die Arme im Schoß verschränkt, und starrte hinaus aufs Meer. Ihr schlichtes Gewand hatte

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