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Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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Wortschatz, aber eine vollkommen bizarre Grammatik.«
    »Ich bin nicht aus dieser Stadt«, sagte er forsch. Das stimmte. Er war diesem Ort zuvor noch nie näher als hundert Lichtjahre gekommen.
    »Shias Engin.« Sie nickte. »Ich schreibe Gedichte.«
    »Sie sind Dichterin?«, sagte er entzückt. »Ich war schon immer fasziniert von Poeten. Einmal habe ich selbst versucht, Gedichte zu schreiben.«
    »Ja«, seufzte sie, und ihre Miene drückte Missmut aus. »Ich schätze, jeder versucht es mal. Und Sie sind…?«
    »Cheradenine Zakalwe; ich kämpfe in Kriegen.«
    Sie lächelte. »Ich dachte, es hat schon seit dreihundert Jahren keinen Krieg mehr gegeben; sind Sie nicht ein bisschen aus der Übung?«
    »Ja; langweilig, nicht wahr?«
    Sie zog den Mantel aus und lehnte sich auf ihrem Sitz zurück. »Wenn Sie nicht aus dieser Stadt sind, kommen Sie vielleicht von weit her, Mr. Zakalwe?«
    »O verflixt, Sie haben es erraten.« Er tat niedergeschlagen. »Ja, ich bin ein Fremdweltler. O danke.« Die Drinks wurden serviert; er schob ihr ein Glas hin.
    »Sie sehen wirklich komisch aus«, bemerkte sie, während sie ihn musterte.
    »Komisch?«, wiederholte er empört.
    Sie zuckte mit die Achseln. »Anders.« Sie trank. »Aber so viel anders auch wieder nicht.« Sie beugte sich über den Tisch vor. »Warum sehen Sie uns so ähnlich? Ich weiß, dass nicht alle Fremdweltler humanoid sind, aber viele sind es. Wie kommt das?«
    »Nun«, sagte er und hielt sich wieder die Hand vor den Mund. »Das ist so…« Er rülpste. »Die Staubwolken und das Zeug in der Galaxis sind… deren Nahrung, und die Nahrung stößt ihr immer wieder auf. Deshalb gibt es so viele menschliche Spezies, die letzte Mahlzeit des kosmischen Nebels wiederholt sich in ihnen.«
    Sie grinste. »So einfach ist das?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein, ganz und gar nicht. Es ist sehr kompliziert. Aber« – er hielt einen Finger hoch – »ich glaube, ich kenne den wahren Grund.«
    »Und der wäre?«
    »Alkohol in den Staubwolken. Das verdammte Zeug ist überall. Jede miese Spezies erfindet immer wieder das Teleskop und das Spektroskop und guckt sich den Raum zwischen den Sternen genau an, und was findet sie?« Er klopfte gegen das Glas auf dem Tisch. »Jede Menge Zeug, aber vor allem Alkohol.« Er nahm einen Schluck aus dem Glas. »Die Humanoiden sind die Methode der Galaxis zu versuchen, den ganzen vielen Alkohol loszuwerden.«
    »Langsam ergibt das einen Sinn«, stimmte sie zu; sie nickte mehrmals mit dem Kopf und machte ein ernstes Gesicht. Sie sah ihn forschend an. »Warum sind Sie hier? Hoffentlich sind Sie nicht gekommen, um einen Krieg zu beginnen.«
    »Nein, ich bin beurlaubt; ich bin hergekommen, um möglichst weit weg von denen zu sein. Deshalb habe ich diesen Planeten ausgesucht.«
    »Wie lange bleiben Sie?«
    »Bis mir langweilig wird.«
    Sie lächelte ihn an. »Und was glauben Sie, wie lange wird das dauern?«
    »Nun«, er lächelte zurück. »Ich weiß nicht.« Er stellte sein Glas ab. Sie leerte ihres in einem Zug. Er streckte die Hand nach dem Klingelknopf aus, um den Kellner zu rufen, doch ihr Finger war bereits dort.
    »Ich bin dran«, sagte sie. »Noch mal das Gleiche?«
    »Nein«, sagte er. »Diesmal etwas ganz anderes, das sagt mir mein Gefühl.«
     
    Als er versuchte, seine Liebe tabellarisch zu erfassen, alle Dinge an ihr aufzulisten, die ihn zu ihr hinzogen, fing er mit den größeren Tatsachen an – ihre Schönheit, ihre Einstellung zum Leben, ihre schöpferische Kraft –, doch wenn er den vergangenen Tag überdachte oder sie einfach nur beobachtete, merkte er, dass besondere Gesten, einzelne Worte, bestimmte Schritte, eine winzige Bewegung der Augen oder einer Hand seine Aufmerksamkeit allmählich in gleichem Maße fesselten. Bald gab er dieses Unterfangen auf und tröstete sich mit der Erkenntnis, die sie ausgesprochen hatte: dass man nicht lieben konnte, was man vollkommen verstand. Liebe, davon ließ sie sich nicht abbringen, sei ein Vorgang und kein Zustand. Wenn sie zum Stillstand kam, ging sie ein. Er war davon nicht so ganz überzeugt; er hatte dank ihrer in sich selbst eine ruhige, klare Gelassenheit entdeckt, von der zuvor nicht einmal gewusst hatte, dass es sie gab.
    Ihr Talent – vielleicht ihr Genie – spielte ebenfalls eine Rolle. Es trug zum Grad seiner Ungläubigkeit bei, diese Fähigkeit, mehr zu sein als der Gegenstand seiner Liebe und sich der Außenwelt in einem gänzlich anderen Licht zu zeigen. Sie war das, was er

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