Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
Vom Netzwerk:
ab. »Nun, zunächst mal eine Straße.«
    »Eine Straße?«
    »Ja. Nichts allzu Ausgefallenes, und sie braucht auch nicht besonders lang zu sein, aber ich möchte eine ganze Straße, irgendwo in der Nähe des Stadtzentrums. Glauben Sie, Sie können sich sofort nach etwas Passendem umsehen?«
    »Äh… Nun ja, wir können natürlich anfangen zu suchen. Ich…«
    »Gut. Ich werde Sie in zwei Stunden in Ihrem Büro aufsuchen. Ich möchte dann alles so weit vorbereitet haben, dass ich eine Entscheidung treffen kann.«
    »Zwei… ähm… nun, äh…«
    »Schnelligkeit ist von entscheidender Bedeutung, Mr. Kiaplor. Beauftragen Sie Ihre besten Leute damit.«
    »Ja. Sehr wohl.«
    »Gut. Wir sehen uns in Kürze.«
    »Ja, richtig. Bis dann.«
    Er drehte die Lautstärke des Bildschirms wieder herauf.
     
»Während hunderter von Jahren ist kaum etwas Neues gebaut worden; Solotol ist ein Denkmal, eine Institution, ein Museum. Die Fabriken, wie auch die Leute, sind zum größten Teil weg. Drei Universitäten verleihen einigen Gegenden der Stadt etwas Leben, zumindest während eines Teil des Jahres, doch die allgemeine Atmosphäre, so sagen viele Leute, ist eher archaisch, fast ein wenig unglaubhaft, obwohl es manchen Leuten gefällt, in einem Umfeld zu leben, das genau genommen die Vergangenheit darstellt. Solotol bietet keine Himmelsbeleuchtung; die Züge fahren immer noch auf Metallschienen, und die Bodenfahrzeuge müssen auf dem Boden bleiben, weil das Fliegen innerhalb der Stadt oder direkt darüber verboten ist. Ein trauriger alter Ort, in so mancher Hinsicht; viele Gebiete der Stadt sind vollkommen unbewohnt oder nur während einer bestimmten Zeit des Jahres belebt. Die Stadt ist dem Namen nach immer noch eine Hauptstadt, doch sie repräsentiert keineswegs die Kultur, zu der sie gehört; sie ist ein Ausstellungsstück, und wenn auch viele zu Besuch kommen, so entscheiden sich doch wenige dafür zu bleiben.«
     
    Er schüttelte den Kopf, setzte die dunkle Brille auf und schaltete den Bildschirm aus.
     
    Als der Wind in die richtige Richtung wehte, blies er riesige Knäuel von zerknüllten Geldscheinen in die Luft, versprengt von einem alten Feuerwerksmörser, der auf einem hohen Dachgarten aufgestellt war; die Geldnoten schwebten zu Boden wie frühe Schneeflocken. Er hatte die Straße mit Flaggen, Papierschlangen und Luftballons schmücken lassen; er hatte Tische und Stühle und Bars aufstellen lassen, wo freie Getränke ausgeschenkt wurden; überdachte Wege verlängerten die Strecke, und Musik erklang; Baldachine in leuchtenden Farben waren über die wichtigsten Bereiche gespannt worden, wie die Musikpavillons und die Bars, doch sie waren nicht nötig. Es war ein strahlender Tag, für die Jahreszeit ungewöhnlich warm. Er sah durch eines der obersten Fenster in einem der höchsten Gebäude hinaus und lächelte beim Anblick der vielen Leute.
    Außerhalb der Saison geschah so wenig in der Stadt, dass der außerplanmäßige Karneval sofort die Aufmerksamkeit aller erregt hatte. Er hatte Leute angestellt, die berauschende Drogen und Essen und Trinken servierten, das er hatte herbeischaffen lassen; er hatte Autos und traurige Gesichter verboten, und Leute, die bei dem Versuch, in die Straße zu gelangen, nicht lächelten, wurden angehalten, lustige Masken zu tragen, bis sie sich etwas angepasst hatten. Er atmete tief ein, dort oben an seinem Fensterplatz, und seine Lunge sog die zu Kopf steigenden Düfte einer sehr geschäftigen Bar direkt darunter tief ein; der Rauch der Drogen stieg gerade noch bis in diese Höhe und ballte sich zu einer Wolke zusammen. Er lächelte, fand das Ganze äußerst erfreulich; alles lief bestens.
    Die Leute wandelten umher und unterhielten sich paarweise oder in Gruppen, tauschten die Rauch verströmenden Schalen aus, lachten und lächelten. Sie hörten der Band zu und beobachteten die Tanzenden. Sie brachen jedes Mal in hellen Jubel aus, wenn der Mörser eine Ladung losfeuerte. Viele lachten über die Faltblätter mit politischen Witzen, die mit jeder Schale voll Drogen oder Essen und jeder Maske und jeder Neuheit ausgegeben wurden; sie lachten auch über die großen, grellen Spruchbänder, die quer über die Fronten der heruntergekommenen alten Gebäude und über die Straße selbst gespannt waren. Die Aussagen darauf waren entweder absurd oder lustig. PAZIFISTEN AN DIE WAND! und EXPERTEN? WAS WISSEN DIE SCHON? waren zwei der noch am ehesten übersetzbaren Beispiele.
    Es wurden Spiele sowie

Weitere Kostenlose Bücher