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Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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zu Beychae, der neben dem Wagen kauerte; Ubrel Shiols Kopf lag in seinem Schoß.
    »Zakalwe! Du Wahnsinniger!«, kreischte Beychae.
    Er klopfte sich den Dreck ab und sah zurück zum Hotel.
    »Tsoldrin«, sagte er ruhig, »dies ist ein Notfall.«
    »Was hast du angerichtet?« Beychae – mit weit aufgerissenen Augen und entsetztem Gesicht – schrie ihn an, während er von Shiols regloser Gestalt zu Mollen hinübersah. Dann schweifte sein Blick weiter über die schlaffen Füßen der Frau, die bewusstlos und von Blumen umgeben im Wagen lag, bevor er wieder zu Shiols bereits blau angelaufenem Hals zurückkehrte.
    Er sah zum Himmel hinauf und entdeckte dort einen Punkt. Erleichtert wandte er sich wieder an Beychae. »Sie waren im Begriff, dich umzubringen«, erklärte er. »Man hat mich geschickt, damit ich es verhindere. Wir haben etwa…«
    Es ertönte ein Lärm hinter den Gebäuden, die den Fluss und den Blumenmarkt abschirmten, ein Knallen und Zischen. Beide sahen zum Himmel hinauf; der größer werdende Fleck, der die Kapsel war, blühte auf im Licht einer Pfahllampe. Die Kapsel schwebte durch den weiß glühenden Schein, sie schien sich zu schütteln, und dann schoss ein Lichtstrahl von ihr nach unten, wie als Antwort.
    Der Himmel über dem Blumenmarkt blitzte auf, die Straße unter ihnen hüpfte, und ein schrecklich lautes Krachen drang über die Straße herüber und hallte von Klippen weiter oben in der Hangstadt wider.
    »Wir hatten etwa eine Minute«, sagte er atemlos, »bis zum Aufbruch.« Die Kapsel stieß vom Himmel herab, ein vier Meter langer Zylinder aus Dunkelheit, der auf der Straße aufschlug. Seine Luken öffneten sich. Er ging hin, nahm ein sehr großes Gewehr heraus und berührte einige Hebel. »Jetzt haben wir keine Zeit mehr.«
    »Zakalwe!«, sagte Beychae plötzlich mit beherrschter Stimme. »Bist du verrückt geworden?«
    Ein ohrenbetäubendes, schrilles Geräusch ertönte über der Stadt, vom oberen Ende der Schlucht her. Beide hoben den Blick zu der schlanken Form, die auf sie zugeflitzt kam, bäuchlings durch die Luft herabstürzend.
    Er spuckte in die Gosse. Dann hob er das Plasmagewehr, zielte auf den sich schnell nähernden Punkt und drückte ab.
    Ein Lichtstrahl schoss von der Waffe zum Himmel empor, das Fluggerät ging in Rauch auf und trudelte in einer Spirale aus Trümmern davon, bis es irgendwo im unteren Teil der Schlucht zerschellte in einem Knall, der zum Donner wurde und dessen Echo überall in der Stadt widerhallte.
    Er blickte sich zu dem alten Mann um.
    »Wie lautete noch mal die Frage?«

 
V
     
     
    Der schwarze Stoff des Zeltdaches spannte sich über ihm, und trotzdem konnte er hindurchsehen bis zum Himmel, der das gedämpfte Blau des Tages hatte und hell strahlte, der aber auch schwarz war, denn er konnte durch dieses oberflächliche Blau sehen, und dahinter war die Dunkelheit tiefer als im Innern des Zeltes, eine Dunkelheit, in der die verstreuten Sonnen brannten, winzige Lichter von Leuchtkäfern in der kalten, schwarzen, leeren Wüste der Nacht.
    Ein dunkles Sternenbündel streckte sich nach ihm aus und pflückte ihn sanft mit riesigen Händen, wie eine empfindliche reife Frucht. Während dieses gewaltigen Entfaltens fühlte er sich wahnsinnig normal und klar, und er begriff, dass er innerhalb eines Augenblicks – jedes Augenblicks und mit ganz geringer Anstrengung – alles begreifen könnte, es ihn jedoch nicht danach verlangte. Er hatte das Gefühl, als ob eine furchtbare, die Galaxis zum Beben bringende Maschinerie, die ständig unter der Oberfläche des Universums verborgen war, sich irgendwie mit ihm verbunden und ihn mit ihrer Macht bestäubt hätte.
    Er saß in einem Zelt. Die Beine hatte er übereinander geschlagen, die Augen geschlossen. Er saß bereits seit Tagen so da. Er trug ein lockeres Gewand, wie die Nomaden. Seine Uniform lag ordentlich zusammengefaltet einen Meter hinter ihm. Seine Haare waren kurz geschnitten; Stoppeln wuchsen ihm im Gesicht, und seine Haut schimmerte vor Schweiß. Es schien ihm, als befände er sich zeitweise außerhalb von sich selbst und blicke auf seinen Körper zurück, wie er da auf den Kissen unter dem dunklen Stoffdach saß. Sein Gesicht wurde immer finsterer, weil die dunklen Barthaare darin sprossen, andererseits sah es aber auch heller aus, weil die Schweißschicht darauf glitzerte, angestrahlt vom Schein der Lampen und dem Licht, das durch den Rauchabzug im Dach fiel. Diese Symbiose der Gegensätze, dieser Konkurrenz

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