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Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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wiederum ihnen Vergnügen bereitet, ganz klar. Und übrigens…« – der Mann lachte – »Menschen sterben; Sterne sterben; Universen sterben. Was bedeutet jegliche Leistung, wie großartig sie auch sein mag, wenn einmal die Zeit selbst gestorben ist? Natürlich, wenn ich nichts anderes täte, als Tische zu putzen, dann wäre das eine kleinmütige und verächtliche Vergeudung meines gewaltigen intellektuellen Potenzials. Aber weil es meine freie Entscheidung ist, es zu tun, bereitet es mir Vergnügen. So ist das; woher kommen Sie eigentlich, nebenbei bemerkt?«
     
    Er unterhielt sich andauernd mit irgendwelchen Leuten, meistens in Bars oder Cafés. Die Einrichtungen des UST waren offenbar auf verschiedene Weisen gestaltet; Täler (oder Terrassenschluchten, wenn man es genau nahm) schienen dabei die verbreitetsten zu sein, obwohl es auch ganz andere Formen gab.
    Er aß, wenn er Hunger hatte, und er trank, wenn er Durst hatte, und probierte jedes Mal ein anderes Gericht oder Getränk aus einer verblüffend vielfältigen Auswahl, und wenn ihm nach Schlafen zumute war – wenn sich das ganze Schiff allmählich in einen rot gefärbten Staub hüllte und sich die Leuchtstreifen an der Decke dämpften, dann tat er diesen Wunsch einfach einer Drohne kund, und schon wurde er in den nächsten nicht belegten Raum geführt. Die Räume hatten alle etwa die gleiche Größe, und doch unterschieden sie sich geringfügig voneinander; einige waren sehr schlicht gehalten, andere üppig geschmückt. Die einheitliche Grundausstattung war stets vorhanden: ein Bett – manchmal ein echtes, handfestes Bett, manchmal eins von ihren eigenartigen Feld-Betten –, eine Waschgelegenheit sowie eine zur Verrichtung der Notdurft, Schränke, Unterbringungsmöglichkeit für persönliche Gegenstände, eine Fensterattrappe, irgendein Holobildschirm sowie ein Anschluss ans Kommunikationsnetz, sowohl an das bordeigene als auch das interstellare. In der ersten Nacht unterwegs schaltete er sich in eins ihrer sensorischen Direkt-Unterhaltungsprogramme ein, wobei er auf dem Bett lag und irgendein aktiviertes Gerät unter dem Kopfkissen hatte.
    Er schlief in dieser Nacht nicht im eigentlichen Sinne; vielmehr war er ein kühner Piratenprinz, der sich wieder zu seinem alten Adel bekannte, um eine tapfere Mannschaft gegen die Sklavenschiffe eines Schreckensreiches zwischen den Gewürz- und Schatzinseln anzuführen. Ihre flinken kleinen Schiffe schossen zwischen den schwerfälligen Galeonen hindurch und pflückten deren Takelage mit Kettenkugeln herunter. Sie gingen in mondlosen Nächten an Land, griffen die großen Burggefängnisse an und befreiten hocherfreute Gefangene; er kämpfte persönlich gegen den Folterchef des niederträchtigen Herrschers, Schwert gegen Schwert; schließlich stürzte der Mann von einem hohen Turm. Das Bündnis mit einer schönen Piratendame führte zu einer eher persönlichen Verbindung und einer waghalsigen Rettung aus einem Bergkloster, als sie gefangen genommen wurde…
    Er zog sich nach mehreren Wochen komprimierter Zeit aus der Sache zurück. Er wusste (irgendwo im Hinterkopf), selbst während es sich abspielte, dass nichts davon wirklich war, doch das erschien ihm als die unwichtigste Eigenart des Abenteuers. Als er wieder daraus auftauchte – und überrascht bemerkte, dass er während einiger zutiefst überzeugender erotischer Episoden keine Ejakulation gehabt hatte –, stellte er fest, dass nur eine Nacht vergangen war, dass es Morgen war und dass er irgendwie die sonderbare Geschichte mit anderen gemeinsam erlebt hatte; offensichtlich war es ein Spiel gewesen. Er fand Botschaften von Leuten vor, die ihn baten, dass er mit ihnen Verbindung aufnehmen möge, da ihnen das Spiel mit ihm so gut gefallen hatte. Er fühlte sich seltsam beschämt und antwortete nicht.
    Seine Schlafräume enthielten auch immer Sitzgelegenheiten: Feldflächen, formbare Wandeinheiten, echte Couchen und – manchmal – ganz gewöhnliche Stühle. Immer wenn in einem Raum Stühle standen, brachte er sie hinaus in den Flur oder auf die Terrasse.
    Das war das Einzige, was er tun konnte, um die Erinnerungen im Zaum zu halten.
     
    »Nö«, sagte die Frau in der Hauptkammer. »So haut das irgendwie nicht hin.« Sie standen auf dem halbfertigen Planetenschiff, auf dem Teil, der später die Mitte des Maschinenbereichs sein würde, und beobachteten, wie eine riesige Feldeinheit durch die Luft geschwenkt wurde, aus dem Maschinenraum hinaus, hinter die Kammer

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