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Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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des Schiffs aus einiger Entfernung. Einer der Arbeiter rief ihr etwas zu und deutete auf das Modell. Sie sah ihn an. »Würdest du mich bitte entschuldigen?«
    Er nickte und zog sich zurück. »Gutes Gelingen!«
    »Danke. Ich vertraue darauf.«
    »Oh«, fragte er, »wie soll das Schiff eigentlich heißen?«
    »Sein Gehirn will, dass es den Namen Süß Und Voller Anmut erhält«, erwiderte die Frau lachend. Gleich darauf war sie in eine hitzige Diskussion mit den anderen verstrickt.
     
    Er sah bei ihren vielen Sportarten zu, probierte einige selbst aus. Die meisten davon verstand er einfach nicht. Er schwamm ziemlich viel; Schwimmbecken und Wasseranlagen schienen hier sehr beliebt zu sein. Meistens schwamm er nackt, was ihm stets ein wenig peinlich war. Später fand er heraus, dass es ganze Abschnitte gab – Dörfer? Gegenden? Distrikte? Er wusste nicht, wofür er sie halten sollte –, wo die Leute niemals Kleidung trugen, sondern sich nur die Körper verzierten. Es überraschte ihn, wie schnell er sich dieses Verhalten angewöhnte, doch er verinnerlichte es niemals ganz und gar.
    Es dauerte eine Weile, bis ihm klar wurde, dass die vielen Drohnen, die er sah – und die sogar noch unterschiedlicher in ihrer Veranlagung waren als die Menschen in ihrer Physiologie –, nicht alle zum Schiff gehörten. Genauer gesagt, traf das für kaum eine zu; sie besaßen ihre eigenen künstlichen Gehirne (er neigte immer noch dazu, sie als Computer zu betrachten). Anscheinend hatten sie auch ihre jeweilige eigene Persönlichkeit, obwohl er in dieser Hinsicht skeptisch blieb.
    »Lassen Sie mich Ihnen dieses Gedankenexperiment vermitteln«, sagte die alte Drohne im Laufe eines Kartenspiels, von dem sie ihm versichert hatte, dass es hauptsächlich auf Glück beruhte. Sie saßen – nun ja, die Drohne schwebte – unter einer Arkade aus zartem rosafarbenem Stein, am Rand eines kleinen Teiches; die Rufe von Leuten, die auf der anderen Seite des Teiches ein kompliziertes Ballspiel spielten, drang gefiltert durch Büsche und kleine Bäume zu ihnen herüber.
    »Vergessen Sie«, sagte die Drohne, »wie Maschinengehirne tatsächlich zusammengesetzt sind; stellen Sie sich vor, ein Maschinengehirn – ein elektronischer Computer – wird nach dem Ebenbild eines menschlichen hergestellt. Man könnte mit einigen wenigen Zellen anfangen, wie es beim menschlichen Embryo der Fall ist; diese vervielfältigen sich, errichten allmählich Querverbindungen. Man würde also immer neue Komponenten hinzufügen und die entscheidenden, ja sogar – wenn man haargenau der Entwicklung eines einzelnen menschlichen Wesens in allen Phasen folgte – die für eine Identität erforderlichen Verbindungen schaffen.
    Natürlich müsste man die Geschwindigkeit der Nachrichtenübertragung zwischen diesen Verbindungen auf einen winzigen Bruchteil der normalen elektronischen Geschwindigkeit herabsetzen, doch das wäre keine Schwierigkeit, genauso wenig wie zu erreichen, dass diese neuronenartigen Komponenten intern wie ihre biologischen Äquivalente funktionieren, indem sie ihre eigenen Botschaften entsprechend der Art der empfangenen Signale aussenden; all das wäre verhältnismäßig leicht zu erreichen. Beim Aufbau in dieser behutsamen Art könnte man genau die Entwicklung eines menschlichen Gehirns simulieren, und man könnte seine Leistung simulieren; genau wie ein Embryo in der Gebärmutter Laute und Berührung und sogar Licht wahrnehmen kann, könnte man ähnliche Signale an das sich entwickelnde elektronische Äquivalent aussenden. Man könnte das Erlebnis der Geburt als körperlichen Vorgang gestalten und jedes Maß an sensorischer Stimulation anwenden, um das Gerät so zu täuschen, dass es glaubt, mit allen Sinnen – des Tastens, Schmeckens, Riechens, Hörens und Sehens – seine Umgebung genauso wahrzunehmen wie der echte Mensch. Oder man könnte sich natürlich dafür entscheiden, es nicht wirklich zu täuschen, sondern ihm jeweils genau die Menge an sensorischem Input zu geben, und zwar in derselben Qualität, wie bei einer menschlichen Persönlichkeit in den einzelnen Stadien zu erwarten wäre.
    Meine Frage an Sie ist nun folgende: Wo ist der Unterschied? Das Gehirn jedes der Wesen funktioniert auf genau dieselbe Weise wie das des anderen; sie werden auf Reize mit noch größerer Übereinstimmung reagieren, als man es bei eineiigen Zwillingen antrifft. Wie kann man trotzdem darauf bestehen, das eine Wesen als eine mit einem Bewusstsein ausgestattete

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