Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
Vom Netzwerk:
rebellieren. Es würde die Uhr um ein oder zwei Jahrhunderte zurückdrehen. Und der Kultur würde es schaden, weil wir den Weg derer gehen müssten, die wir verabscheuen, den Weg der Invasoren, Besatzer, Unterdrücker.«
    »Sie sind sich anscheinend sehr sicher, dass dies in der Öffentlichkeit hohe Wellen schlagen würde.«
    »Lassen Sie mich Ihnen etwas erklären, Jernau Gurgeh«, sagte der Roboter. »Bei dem Spiel Azad wird gewettet, häufig sogar auf den höchsten Ebenen. Diese Wetten nehmen gelegentlich makabre Formen an. Ich bezweifele sehr, dass es auf den Ebenen, auf denen Sie spielen werden, sollten Sie sich für eine Teilnahme entscheiden, zu dergleichen kommen wird. Aber es ist durchaus üblich, dass Ansehen, Ehre, Besitz, Sklaven, Vorrechte, Land und sogar körperliche Beschädigungen bei diesen Wetten als Einsatz dienen.«
    Gurgeh wartete, seufzte schließlich und fragte: »Na gut… Was sind ›körperliche Beschädigungen‹?«
    »Die Spieler setzen Folterungen und Verstümmelungen.«
    »Sie meinen, wenn jemand ein Spiel verliert… wird ihm… so etwas angetan?«
    »Genau! Man kann zum Beispiel den Verlust eines Fingers gegen verschärfte rektale Vergewaltigung Mann an Apex setzen.«
    Gurgeh sah die Maschine ein paar Sekunden lang ruhig an. Dann nickte er und sagte langsam: »Das ist… in der Tat barbarisch.«
    »Tatsächlich ist es eine der neueren Entwicklungen in dem Spiel und wurde von der herrschenden Klasse als liberale Konzession angesehen, weil das theoretisch einer armen Person erlaubt, beim Setzen mit einer reichen Person Schritt zu halten. Vor der Einführung der körperlichen Beschädigungen war es dem Reichen immer möglich, den Armen zu überbieten.«
    »Oh.« Das war logisch, doch Gurgeh fand es immer noch unmoralisch.
    »Azad gehört nicht zu den Orten, über die man mühelos kalten Blutes nachdenken kann, Jernau Gurgeh. Dort sind Dinge geschehen, die der durchschnittliche Kultur-Bewohner… unaussprechlich finden würde. Ein Programm eugenischer Manipulationen hat die Durchschnittsintelligenz bei Männern und Frauen gesenkt. Sterilisierung zur selektiven Geburtenkontrolle, Aushungerung von ganzen Gebieten, Massendeportationen und auf der Rassenzugehörigkeit basierende Besteuerungen – Maßnahmen, die einem Völkermord gleichkommen – hatten das Ergebnis, dass sich auf dem Heimatplaneten so gut wie alle Bewohner in Farbe und Körperbau gleichen. Ihre Behandlung fremder Gefangener, ihre Gesellschaften und Betriebe sind gleichermaßen…«
    »Hören Sie, ist das alles ernst zu nehmen?« Gurgeh stand auf, trat in das Feld des Hologramms und sah auf den fabelhaft komplizierten Spielfußboden hinunter, der sich scheinbar unter seinen Füßen befand, doch in Wirklichkeit natürlich durch einen schrecklichen Abgrund des Raums von ihm entfernt war. »Sagen Sie mir die Wahrheit? Existiert dieses Imperium tatsächlich?«
    »Und ob, Jernau Gurgeh. Wenn Sie nachzuprüfen wünschen, was ich gesagt habe, kann ich dafür sorgen, dass Sie mit einer Sondererlaubnis von den Systemfahrzeugen und anderen Gehirnen, in deren Zuständigkeit dies liegt, Zugang zu sämtlichen Daten über das Imperium von Azad bekommen, vom ersten Hauch eines Kontaktes bis zu den jüngsten Realzeitberichten. Es ist alles wahr.«
    »Und wann hatten Sie diesen ersten Hauch eines Kontaktes?«, fragte Gurgeh den Roboter. »Wie lange sitzen Sie bereits auf diesem Material?«
    Der Roboter zögerte. »Noch nicht lange«, antwortete er schließlich. »Dreiundsiebzig Jahre.«
    »Ihr haltet gar nichts von Übereilung, wie?«
    »Nur, wenn uns keine andere Wahl bleibt«, stimmte Worthil zu.
    »Und welche Gefühle bringt das Imperium uns entgegen?«, wollte Gurgeh wissen. »Lassen Sie mich raten. Ihr habt ihm nicht alles über die Kultur erzählt.«
    »Sehr gut, Jernau Gurgeh.« In der Stimme des Roboters erklang etwas wie ein Lachen. »Nein, wir haben ihnen nicht alles erzählt. Darauf müsste der Roboter, den wir Ihnen mitgeben würden, auch bei Ihnen streng achten. Gleich von Anfang an haben wir das Imperium über Verteilung, Anzahl, Hilfsmittel, Stand der Technik und letzte Absichten bei uns in die Irre geführt… obwohl das natürlich nur aufgrund der geringen Zahl von fortschrittlichen Gesellschaften in der betreffenden Region der Kleinen Wolke möglich war. Die Azadier wissen zum Beispiel nicht, dass die Kultur ihre Basis in der Hauptgalaxis hat. Sie glauben, wir kämen aus der Großen Wolke, und unsere Zahl betrage nur

Weitere Kostenlose Bücher