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Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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natürlich kannst du das.«
    Gurgeh war sich immer noch nicht sicher, ob er das Richtige tat. Er hatte versucht, es durchzudenken, seine missliche Lage der gleichen kalten, logischen Analyse zu unterziehen, die er normalerweise auf eine knifflige Situation bei einem Spiel anwandte. Aber er war dazu einfach nicht fähig. Anscheinend besaß er diese Fähigkeit nur, wenn es um unpersönliche, abstrakte Probleme ging, und konnte sich auf etwas, das mit seinem eigenen emotionalen Zustand so unentwirrbar verknüpft war, nicht konzentrieren.
    Er wollte gehen, um Mawhrin-Skel zu entkommen, aber – das musste er sich eingestehen –, Azad lockte ihn. Nicht nur das Spiel. Das war immer noch ein bisschen unwirklich, zu kompliziert, um schon ernst genommen zu werden. Das Imperium selbst interessierte ihn.
    Und doch wollte er natürlich bleiben. Er hatte sein Leben bis zu dieser Nacht in Tronze genossen. Er war nie rundum zufrieden gewesen, aber andererseits, wer war das schon? Im Rückblick kam ihm das Leben, das er geführt hatte, idyllisch vor. Er mochte gelegentlich ein Spiel verloren und geglaubt haben, ein anderer Spieler werde zu Unrecht höher gepriesen als er selbst; oder er hatte Yay Meristinoux begehrt und sich geärgert, dass sie andere bevorzugte – aber das waren wirklich winzige Nadelstiche verglichen sowohl mit der Bedrohung, die Mawhrin-Skel für ihn darstellte, als auch mit den fünf Jahren Exil, denen er jetzt gegenüberstand.
    »Nein.« Er nickte dem Fußboden zu. »Ich glaube, ich werde gehen.«
    »Nun gut… aber es sieht dir einfach nicht ähnlich, Gurgeh. Du bist immer so… wohlüberlegt gewesen. So beherrscht.«
    »Das hört sich an, als sei ich eine Maschine«, wehrte Gurgeh müde ab.
    »Nein, aber… berechenbarer als jetzt, begreiflicher.«
    Gurgeh zuckte die Achseln, den Blick auf den rauen Felsboden gerichtet. »Chamlis«, sagte er, »ich bin nur ein Mensch.«
    »Das, mein lieber alter Freund, ist noch nie eine Entschuldigung gewesen.«
     
    Gurgeh saß in einem Unterseite-Wagen. Er war in der Universität gewesen, um Professor Boruelal zu sprechen, hatte einen versiegelten, handgeschriebenen Brief mitgenommen, den sie aufbewahren und nur im Falle seines Todes öffnen sollte. Darin hatte er alles erklärt, was geschehen war, sich bei Olz Hap entschuldigt, versucht, klarzumachen, was er empfunden, was ihn veranlasst hatte, eine so schreckliche Dummheit zu begehen… Doch am Ende hatte er den Brief nicht abgegeben. Der Gedanke, Boruelal könne ihn, vielleicht zufällig, öffnen und lesen, solange er noch am Leben war, entsetzte ihn.
    Der Unterseite-Wagen sauste mit dem Ziel Ikroh über die Basis der Platte. Gurgeh rief mit seinem neuen Terminal den Roboter namens Worthil an. Nach ihrem letzten Zusammentreffen war Worthil zur Erkundung eines der Gasriesenplaneten des Systems aufgebrochen, hatte sich jedoch nach Gurgehs Anruf von Chiark-Nabe auf die Unterseite der Platte versetzen lassen. Er kam durch die Schleuse des dahinrasenden Wagens herein. »Jernau Gurgeh«, sagte er. Das Kondenswasser überzog sein Gehäuse mit Raureif, und er drang in das warme Innere des Wagens wie ein kalter Luftzug ein. »Sie sind zu einem Entschluss gelangt?«
    »Ja«, antwortete Gurgeh. »Ich werde gehen.«
    »Gut!« Der Roboter legte einen kleinen Behälter, der ungefähr halb so groß war wie er selbst, auf einen der gepolsterten Wagensitze. »Gasriesen-Flora«, verkündete er.
    »Hoffentlich haben Sie Ihre Expedition nicht meinetwegen vorzeitig abbrechen müssen.«
    »Durchaus nicht. Darf ich Ihnen gratulieren? Ich finde, Sie haben eine weise, ja, eine mutige Entscheidung getroffen. Es ist mir durch den Sinn gegangen, Kontakt biete Ihnen diese Gelegenheit vielleicht nur, damit Sie zufriedener mit Ihrem jetzigen Leben sind. Wenn es das ist, was die großen Gehirne erwarteten, freue ich mich, dass Sie sie beschämen. Gut gemacht.«
    »Danke.« Gurgeh versuchte ein Lächeln.
    »Ihr Schiff wird sofort hergerichtet werden. Es sollte innerhalb eines Tages starten können.«
    »Was für ein Schiff ist es?«
    »Eine alte Angriffseinheit der ›Mörder‹-Klasse, die noch aus dem Krieg gegen die Idiraner übrig ist; war etwa sechs Dekaden von hier für die letzten siebenhundert Jahre tiefgelagert. Sie heißt Begrenzungsfaktor. Im Augenblick hat sie noch ihre Kampfausrüstung, aber man wird die Waffensysteme herausreißen und einen Satz Spielbretter sowie einen Modulträger einbauen. Wie ich hörte, ist das Gehirn nichts

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