Das Labyrinth der Zeit

Titel: Das Labyrinth der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Patrick

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schlau wurde. Ein improvisiertes Signatursystem anscheinend, das die Gründer von Tangent in den ersten Jahren der Organisation entwickelt hatten, ehe computergestützte Archivierung die Regel wurde.
    In den letzten fünfzehn Jahren dagegen, so viel wusste Travis, waren Daten und Aufzeichnungen auf PDAs erstellt und mit Digitalcamcordern gefilmt worden. All diese gesammelten, digitalisierten Informationen fanden heute mühelos Platz auf ein paar Servern, die in ihren Metallschränken auch irgendwo auf dieser Etage standen. Alle älteren Daten jedoch, die quantitativ in etwa denselben Informationsgehalt aufwiesen, waren von Hand geschrieben und auf Analogfilm festgehalten worden. Diese Daten füllten im Wesentlichen die gesamte Etage, neunhundert Quadratmeter voller Regale, dicht mit Aktenordnern bestückt.
    Paige ging voraus zu einer freien Fläche zwischen den Regalen, gut fünfzehn Meter vom Aufzug entfernt. In der Mitte stand ein Tisch.
    «Verstehe ich recht – von Skalar hast du selbst auch noch nie gehört?», fragte Travis.
    «Nicht einmal gesprächsweise. Es sei denn, es wäre mir wieder entfallen. Aber das kann ich mir irgendwie nicht vorstellen – weil es ja so aussieht, als wäre Skalar eine ziemlich große Sache gewesen.»
    «Erscheint dir das nicht merkwürdig? Dass kein Mensch es dir gegenüber je erwähnt hat? In all den Jahren?»
    «Das erscheint mir sogar nahezu unmöglich», sagte Paige. «Wenn Skalar in den Achtzigern gelaufen ist, hätte mein Vater darüber Bescheid wissen müssen. Warum also hätte er mir dieses Projekt verheimlichen sollen, als ich später selbst hier angefangen habe?»
    Sie traten an den Tisch, ein denkbar nüchternes Möbelstück aus dem gleichen schwarzen Metall wie die Regale, dessen Platte gut eins zwanzig mal zwei vierzig maß und neben dem einfach fünf Holzstühle standen. Der Tisch war leer bis auf einen dicken Ordner, der darauf lag, ebenso grau wie die Ordner in den Regalen, aber ungleich voller. Allein der Rücken mochte fünfundzwanzig bis dreißig Zentimeter breit sein, sodass es sich im Grunde um einen Würfel aus Papier handelte, umschlossen von grauem Kunststoff. Auf dem Etikett prangte in Letraset-Lettern das Wort REGISTER.
    Paige schlug den Ordner mit etwas Mühe bis etwa zur Mitte auf. Aus den abgehefteten Blättern ragten seitlich in Abständen Registerschildchen, die die alphabetische Abfolge markierten. Die Seiten selbst waren dicht mit Text gefüllt, bei den Überschriften handelte es sich meist um die Bezeichnungen von Entitäten, mitunter aber auch nur um Personennamen oder die Namen verschiedener Labore und Abteilungen innerhalb von Border Town.
    Neben den Überschriften bestanden die Einträge selbst lediglich aus einem Datum und einer Folge von Buchstaben und Ziffern – entsprechend der Beschriftung der Ordner in den Regalen. Eine Signatur also, die einen jeweils zu einem bestimmten Platz im Archiv leitete. Unter jeder Überschrift standen Dutzende solcher Einträge mit Verweisen zu den unterschiedlichsten Stellplätzen hier unten auf B48. Die zugrunde liegende Logik leuchtete Travis unmittelbar ein: Jedes Mal, wenn mit egal welcher Entität ein Experiment durchgeführt wurde, wurden die Ergebnisse an der nächsten freien Stelle im Regal archiviert und der Standplatz hier im Index vermerkt. Diese Methode war einfach zweckmäßiger, als fortwährend alle Regale umzuräumen, damit zusammengehöriges Material auch zusammen gelagert wurde.
    Im Lauf der Jahre war das Register sichtlich regelmäßig und gewissenhaft aktualisiert worden – jedes Blatt war mit einer Mischung aus maschinengetippten und handschriftlichen Einträgen bedeckt.
    Paige schlug den Abschnitt «S» auf und blätterte bis zu der Stelle weiter, an der sich Skalar hätte befinden müssen.
    Es befand sich auch dort.
    Und doch wieder nicht.
    Das abgeheftete Blatt mit der Überschrift war jedenfalls vorhanden:
    SKALAR.
    Darunter zählte Travis siebzehn verschiedene Einträge, deren Daten vom 4. 6. 1981 bis zum 28. 11. 1987 reichten. Auch die jeweiligen Signaturen waren vermerkt. Die Einträge sahen genauso aus wie alle übrigen, die hier in dem Register gesammelt waren – mit einem Unterschied allerdings:
    Sie waren alle ausgestrichen.
    Zeile für Zeile war durchgestrichen worden, mit einem Kugelschreiber. Und zwar alle mit demselben Kugelschreiber, das war nicht zu übersehen. Die Löschung sämtlicher Einträge war also auf einen Schlag erfolgt, wobei aber nicht einmal der