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Das Labyrinth der Zeit

Das Labyrinth der Zeit

Titel: Das Labyrinth der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Patrick
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als Skalar durchgeführt wurde.
    «Sengupta und Conti sind aus gesundheitlichen Gründen ausgeschieden», sage Paige. «Beide waren schon hochbetagt, als sie sich zur Ruhe gesetzt haben – sie wollten die Zeit, die ihnen noch blieb, mit ihren Familien verbringen. Beide haben die Jahrtausendwende nicht mehr erlebt.»
    «Und Carrie Holden?»
    «Über sie weiß ich nur sehr wenig. Sie war noch jung, als Tangent ins Leben gerufen wurde, Anfang dreißig. Also war sie bei ihrem Ausscheiden im Jahr ’94 Mitte, Ende vierzig. Heute dürfte sie über sechzig sein.»
    «Warum ist sie ausgeschieden?»
    «Keine Ahnung. Mein Vater, das weiß ich noch, hat hin und wieder mal über sie gesprochen. Zu ihrer Zeit hat sie hier eine ziemlich wichtige Rolle gespielt. Aber warum sie ausgeschieden ist, hat er nie erwähnt.»
    Sie vergrößerte Holdens Akte, bis sie den gesamten Bildschirm einnahm. Auf dem beigefügten kleinen Foto, das vermutlich aus den späten Siebzigern stammte, war eine junge, blonde Frau mit grünen oder haselnussbraunen Augen zu sehen. Der Text der Akte drehte sich hauptsächlich um ihren Werdegang, ehe sie zu Tangent gestoßen war. Sie war diplomierte Chemie- und Physiktechnikerin und hatte ihr Studium am California Institute of Technology absolviert. Zu ihrem Ausscheiden war in dem Text nichts vermerkt, weder über den Grund dafür noch über die Identität, die sie bei der Rückkehr ins «Zivilleben» angenommen hatte.
    «Sie müsste etwas über Skalar wissen», sagte Paige. «Mehr jedenfalls als sonst jemand, den wir ausfindig machen könnten.»
    «Können wir sie denn ausfindig machen? Wenn sie so gut versteckt lebt wie ich damals, wird ihr neuer Name nicht im Computer gespeichert sein. Dieser Name wäre nur demjenigen Tangent-Angehörigen bekannt, der diese Identität seinerzeit, 1994, erschaffen hat. Und dieser Mensch dürfte inzwischen nicht mehr am Leben sein.»
    Paige nickte. «Es war mein Vater.»
    «Er hat diese Information wohl nicht versehentlich ausgeplaudert, nehme ich mal an.»
    «Nein. Nicht direkt.»
    Paige schwang sich auf ihrem Drehstuhl zur Seite. Fuhr mit dem einen Fuß nachdenklich auf dem Teppichboden herum, vor und zurück, immer wieder.
    «Ich glaube, die beiden standen sich mal recht nahe», sagte sie. «Sie und mein Vater. Irgendeine Verbindung während der Zeit, als sie beide hier lebten. Dazu geäußert hat er sich nie, aber das war der Eindruck, den ich gewonnen habe. Aus dem Tonfall, in dem er sich geäußert hat, wenn einmal ihr Name fiel. Aus gewissen Andeutungen, die andere Leute machten, und aus dem, was sie ungesagt ließen.» Ihre Bewegungen auf dem Teppich wurden langsamer und dann hörte sie ganz damit auf. «Einmal war da dieser seltsame kleine Vorfall. Eines dieser Erlebnisse, die man am Ende in den Tiefen seines Gedächtnisses vergräbt und über die man nie wieder richtig nachdenkt. Es war vor etwa fünf Jahren. Ich bin ins Büro meines Vaters im Primärlabor gekommen, und da hatte er zweierlei auf seinem Computerbildschirm: ein Foto von Carrie Holden und eine Satellitenkarte von Google. Als er mich reinkommen hörte, ist er heftig zusammengezuckt und hat beides hastig geschlossen, erst die Karte und dann das Foto. Das kannte ich eigentlich gar nicht bei ihm, dass er Geheimnisse hatte und so schreckhaft war. Aber als er sich gleich darauf zu mir umdrehte, tat er so, als wäre nichts gewesen. Er wirkte seelenruhig und überging die Sache kurzerhand. Also habe ich auch nichts gesagt, was blieb mir auch anderes übrig? Und später dann, als ich in Ruhe darüber nachdenken konnte, war ich froh, dass ich nichts gesagt hatte; weil ich mir ziemlich sicher war, was ich da versehentlich mitbekommen hatte. Auf der Karte befand sich wahrscheinlich der Ort, an dem Carrie sich niedergelassen hatte, und mein Vater … dachte gerade an sie. Nur so, ohne besonderen Grund. Verstehst du, was ich meine?»
    Travis nickte und musste spontan an seine Zeit in Atlanta denken, wo er sich zwei Jahre lang als einfacher Lagerarbeiter verdingt hatte, ehe er dann zu Tangent zurückkehrte. Gelegentlich war es dabei vorgekommen, dass er einen Karton Bremsbeläge versandfertig machte, der für einen Empfänger in Casper, Wyoming, bestimmt war, nicht einmal achtzig Meilen von Border Town entfernt. Dann starrte er den Adressaufkleber jedes Mal einige Sekunden lang an und grübelte darüber nach, dass dieser Karton Paige Campbell in wenigen Tagen näher sein würde, als es ihm mutmaßlich je wieder

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