Das Labyrinth der Zeit
in jenem Sommer, auf die Minute exakt. Dinge, die man nicht einfach bloß erraten konnte, zumindest nicht als normaler Mensch.»
«Was sollten diese Leute mit der Botschaft anstellen, nachdem sie sie erhalten hatten?», fragte Travis.
«Den Anweisungen folgen, die für sie darin enthalten waren. Welche weitaus komplizierter waren als diejenigen, die Ward auszuführen hatte. Er hatte seinen Part Anfang August erledigt.»
«Warum hat er sich umgebracht?», fragte Bethany.
«Aus dem Grund, den sofort alle vermutet haben, als sie von seinem Tod erfuhren. Die Pforte hatte dafür gesorgt, dass bei ihm mehr als nur eine Sicherung durchgeschmort war. Was auch immer ihn dazu befähigt hat, die Botschaft zu verstehen – und ihn all diese Wochen in einen halbkomatösen Zustand versetzt hat –, hat ihn psychisch gewaltig aus der Bahn geworfen. Extreme Stimmungsschwankungen, permanente Unausgeglichenheit. Ein Wunder eigentlich, dass er noch diese drei Monate durchgehalten hat. Wussten Sie, dass in der Botschaft sogar Bedauern über diese Folgen zum Ausdruck gebracht und dafür um Verzeihung gebeten wurde? Wer auch immer sie abgeschickt hat, wusste, dass sie sich schädlich auf ein menschliches Gehirn auswirken würde. Das war wohl nicht zu vermeiden.»
Das Bohren oben über dem Schacht wechselte unvermittelt die Tonlage. Wurde tiefer, dröhnender. Der erste Bohrer in der Bohrmaschine war offenbar gegen eine dickere, massivere Variante ausgewechselt worden. Alle horchten kurz und gaben sich dann Mühe, das Geräusch einfach auszublenden.
«Im August 1978», fuhr Dyer fort, «hatten die neun Empfänger also ihre Anweisungen in der Hand. Es waren neun ziemlich durchschnittliche Leute, aber das sollte sich bald ändern. Die Anweisungen enthielten direkte Fingerzeige dazu, wie sie in den folgenden Jahren zu sehr viel Geld kommen und einen rasanten gesellschaftlichen Aufstieg hinlegen konnten. Der Wortlaut war ziemlich vorsichtig gewählt – die Absender wollten wohl vorbeugen, falls die Botschaft versehentlich Unbefugten in die Finger geriet. Es hieß also nicht direkt ‹Investieren Sie an dem und dem Datum in Apple› oder ‹Bewerben Sie sich um diesen bestimmten Job›, aber darauf lief es im Wesentlichen hinaus. Mit dem richtigen Hintergrundwissen ließen sich die verklausulierten Hinweise kinderleicht entschlüsseln, und für diese neun Personen lieferten sie die Anleitung dazu, innerhalb weniger Jahre sagenhaft reich zu werden und wertvolle politische Kontakte zu knüpfen.»
Travis dachte an die drei Namen, die Bethany bei ihrer Datenrecherche zutage gefördert hatte. Drei der Leute, mit denen Peter Campbell im Dezember 1987 hier in Rum Lake zusammengetroffen war. Alle drei zum damaligen Zeitpunkt vielfache Millionäre mit guten Kontakten nach Washington.
Und alle drei hatten Ende der Siebziger oder Anfang der Achtziger damit begonnen, ihr Vermögen und damit auch ihre Macht anzuhäufen.
Auf einmal begriff Travis, warum in seinem Kopf spontan ein Glöckchen geklingelt hatte, als sie sich über Loraine Cotton kundig machten. Ihnen war aufgefallen, dass sie ihre steile und überaus lukrative Karriere kurze Zeit nach ihrer Begegnung mit Ruben Ward begonnen hatte, offenbar als direkte Folge seines Besuchs. Nicht aufgefallen aber war Travis die Parallele zu den anderen drei, der Umstand, dass ihr Aufstieg etwa um dieselbe Zeit begonnen hatte wie bei Loraine. Wobei es für diesen blinden Fleck seinerseits eine logische Erklärung gab: Diese drei Männer waren schließlich auf Peters Seite, seine Verbündeten, die er 1987 selbst ausgewählt hatte. Ab wann und wie genau sie zu ihrer einflussreichen Stellung gelangt waren, schien weiter nicht von Belang.
«Die auf der anderen Seite scheinen zumindest rudimentär über unsere Zukunft Bescheid zu wissen», sagte Dyer. «1978 jedenfalls besaßen sie da offensichtlich gewisse Kenntnisse. Eine Art Vorwissen, welche Technologien und sogar welche Firmen kurz vor dem großen Durchbruch standen.»
«Es gibt Entitäten, die einem Einblick in die Zukunft gestatten», warf Paige ein. «Mit gewissen Einschränkungen.»
«Wie auch immer es genau funktioniert haben mag», sagte Dyer, «die Informationen jedenfalls waren goldrichtig. Mitte der Achtziger waren diese neun geschäftlich und finanziell so weit etabliert, dass sie die nächste Anweisung in die Tat umsetzen konnten: in den Dunstkreis der Leute zu gelangen, die sich um die Kontrolle der Pforte kümmern. Sich über alles auf
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